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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 07.07.1999
Aktenzeichen: VI R 27/98
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO, EStG, BFHEntlG
Vorschriften:
AO 1977 § 152 Abs. 1 | |
AO 1977 § 149 Abs. 2 | |
FGO § 116 Abs. 1 Nr. 5 | |
FGO § 124 | |
FGO § 115 Abs. 1 | |
EStG § 25 Abs. 3 Satz 2 | |
EStG § 25 Abs. 3 Satz 5 | |
BFHEntlG Art. 1 Nr. 5 |
Gründe
Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines Verspätungszuschlages wegen nicht fristgerechter Abgabe der Einkommensteuererklärung 1991 für den Fall der nachträglich zivilrechtlich erstrittenen Zustimmung zur Zusammenveranlagung.
Da der Kläger und Revisionskläger (Kläger) bereits zum Vorjahr (1990) die Einkommensteuererklärung nicht rechtzeitig abgegeben hatte, erfolgte --mit geschätzten Besteuerungsgrundlagen-- zunächst eine Zusammenveranlagung und später eine Einzelveranlagung. Außerdem wurde ein Verspätungszuschlag von zuletzt 100 DM festgesetzt.
Für das Streitjahr 1991 forderte das damals zuständige Finanzamt (FA) den Kläger unter Androhung eines Zwangsgeldes am 28. Juni 1993 zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung auf. Das am 4. August 1993 festgesetzte Zwangsgeld wurde aufgehoben, nachdem der Kläger am 28. Juli 1993 seine Steuererklärung abgegeben hatte. Daraufhin wurde der Kläger mit Bescheid vom 30. Dezember 1993 einzeln zur Einkommensteuer veranlagt und zugleich ein Verspätungszuschlag in Höhe von 800 DM festgesetzt.
Gegen letzteren erhob der Kläger Beschwerde mit der Begründung, seine Ehefrau weigere sich, einer Zusammenveranlagung zuzustimmen. Er habe über Monate vergeblich versucht, die Zustimmung zu erhalten. Deshalb sei seine Versäumnis entschuldbar.
Am 7. August 1996 legte der Kläger dem zwischenzeitlich zuständig gewordenen FA ein landgerichtliches Urteil vom 13. Februar 1996 vor, in welchem die Ehefrau des Klägers verurteilt wurde, der Einkommensteuer-Zusammenveranlagung für 1991 zuzustimmen. Daraufhin erließ das nunmehr zuständige FA (der Beklagte und Revisionsbeklagte) den Bescheid vom 22. Mai 1997, mit dem für 1991 eine Einkommensteuer-Zusammenveranlagung durchgeführt wurde und wies die gegen den Verspätungszuschlag seinerzeit erhobene Beschwerde mit Einspruchsentscheidung vom 23. Mai 1997 zurück.
Die wegen des Verspätungszuschlags erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, daß die Tatbestandsvoraussetzungen des § 152 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) vorgelegen hätten und machte Ausführungen zur Ermessensausübung durch das FA. Der Kläger sei seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht fristgemäß nachgekommen. Nach § 149 Abs. 2 AO 1977 seien Steuererklärungen, die sich auf ein Kalenderjahr bezögen, fünf Monate danach abzugeben. Daher sei die Steuererklärung 1991 bis zum 31. Mai 1992 abzugeben gewesen. Diese Frist sei auf Antrag bis zum 28. Februar 1993 verlängert worden. Eine weitere Fristverlängerung sei weder beantragt noch gewährt worden. Bereits am 28. Juni 1993 sei dem Kläger ein Zwangsgeld zur Abgabe der Einkommensteuererklärung angedroht worden. Die Steuererklärung sei jedoch erst am 16. Juli 1993 und damit erheblich verspätet eingegangen. Dieses Versäumnis sei nicht entschuldbar gewesen. Insbesondere habe sich der Kläger nicht darauf berufen können, seine damalige Ehefrau habe sich der Mitwirkung bei der Abgabe einer gemeinsamen Steuererklärung entzogen. Denn die fehlende Mitwirkung habe den Kläger nicht daran gehindert, wenigstens seine eigenen Besteuerungsgrundlagen dem FA mitzuteilen. Hätte er dies getan, wäre es nicht zum Versäumnis gekommen. Die Abgabe sei ihm auch ohne weiteres zuzumuten gewesen. Streitigkeiten unter Eheleuten dürften nicht dazu führen, die jedem einzelnen Steuerpflichtigen obliegende Erklärung zu verweigern oder zu verzögern. Einen triftigen Grund dafür, weshalb er seine eigene Steuererklärung nicht fristgerecht abgegeben habe, habe der Kläger jedenfalls nicht gegeben.
Gegen das Urteil hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde und Revision erhoben. Mit der Revision macht der Kläger geltend, die Entscheidung sei nicht mit Gründen versehen (§ 116 Abs. 1 Nr. 5 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Im einzelnen wird vorgetragen, Ehegatten, die Zusammenveranlagung wählten, hätten eine gemeinsame Steuererklärung nach § 25 Abs. 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) abzugeben. Nach § 25 Abs. 3 Satz 5 EStG sei eine gemeinsame Einkommensteuererklärung von beiden Ehegatten eigenhändig zu unterschreiben. In diesem Fall ersetze das landgerichtliche Urteil die Unterschrift der Ehefrau. Er, der Kläger, gehe von der Prämisse aus, daß die Abgabe seiner Einkommensteuererklärung 1991 mit dem Ziel der Zusammenveranlagung frühestens mit Rechtskraft des vorbezeichneten landgerichtlichen Urteils möglich gewesen sei. Denn soweit die Zusammenveranlagung beantragt werde, sei jede vorherige Abgabe einer Einkommensteuererklärung ohne Unterschrift der Ehefrau unwirksam. Darauf sei im finanzgerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 18. Juli 1997 hingewiesen worden. Der diesbezügliche Hinweis sei ein selbständiger Anspruch bzw. selbständiges Angriffsmittel, welches vom FG übergangen worden sei. Auch sei das übergangene Angriffsmittel zur Begründung der Klage und zur Abwehr des Anspruchs des Beklagten nicht ungeeignet.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidungen einschließlich der Festsetzung des Verspätungszuschlags aufzuheben, hilfsweise die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO seien nicht erfüllt, da das FG sowohl zur Verpflichtung, eine Steuererklärung abzugeben, als auch zur Frage eines entschuldbaren Versäumnisses Stellung genommen habe.
Die Revision ist nicht statthaft und somit unzulässig (§ 124 FGO).
1. Gemäß § 115 Abs. 1 FGO i.V.m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs findet die Revision nur statt, wenn das FG oder --auf Beschwerde-- der Bundesfinanzhof (BFH) sie zugelassen hat. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat der erkennende Senat mit Beschluß vom heutigen Tage zurückgewiesen.
2. Gründe, die eine zulassungsfreie Revision rechtfertigen würden, hat der Kläger nicht substantiiert und in sich schlüssig dargetan.
Ein wesentlicher Verfahrensmangel i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO ist zum einen stets gegeben, wenn das FG seine Entscheidung überhaupt nicht begründet hat. Das ist vorliegend nicht der Fall. Ein solcher Mangel kann aber auch dann vorliegen, wenn das FG bei der Begründung seines Urteils einen selbständigen Anspruch oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel stillschweigend übergangen hat. Dabei muß es sich um einen eigenständigen Klagegrund oder um solche Angriffs- oder Verteidigungsmittel handeln, die den gesamten Tatbestand einer mit selbständiger Wirkung ausgestatteten Rechtsnorm bilden. Dagegen ist die Rüge nach § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO nicht schlüssig vorgebracht, wenn der angebliche Begründungsmangel nur ein Tatbestandselement einer Rechtsnorm berührt (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, zuletzt BFH-Beschlüsse vom 4. Dezember 1998 X R 5/98, BFH/NV 1999, 795, und vom 20. November 1998 V R 61/98, BFH/NV 1999, 788, jeweils m.w.N.). Ein nicht mit Gründen versehenes Urteil liegt demnach nicht schon dann vor, weil es auf ein einzelnes Tatbestandsmerkmal, auf ein einzelnes Argument oder auf Einzelheiten des Sachverhalts nicht eingeht (BFH-Beschluß vom 18. Dezember 1998 X R 49/98, BFH/NV 1999, 812). Einen solchen Fall enthält die --im übrigen in der Sache nicht zutreffende-- Behauptung des Klägers, es sei auf seine Argumentation nicht eingegangen worden, er sei unverschuldet nicht in der Lage gewesen, rechtzeitig eine Einkommensteuererklärung abzugeben.
Ende der Entscheidung
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