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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 04.11.2003
Aktenzeichen: VI R 28/03
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 7
EStG § 3c
EStG § 3 Nr. 44
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden für das Streitjahr 1997 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der 1969 geborene Kläger schloss das zweite juristische Staatsexamen erfolgreich ab. Anschließend wurde er ab dem 15. Juli 1997 bis einschließlich Juni 1999 bei dem juristischen Seminar der Universität C als wissenschaftlicher Mitarbeiter eingestellt. Zu seinen Aufgaben gehörten die Abhaltung von Lehrveranstaltungen, Betreuung der studentischen Hilfskräfte und Teilnahme an einem Forschungsprojekt. Außerdem wurde dem Kläger im Arbeitsvertrag während der regelmäßigen Arbeitszeit ausreichend Gelegenheit eingeräumt, eine mit dem Forschungsprojekt zusammenhängende Promotion vorzubereiten. In einem Schreiben vom 25. Januar 1999 bestätigte der Rektor, die eingeräumte Promotionsmöglichkeit sei wesentlicher Bestandteil des Arbeitsverhältnisses; es werde davon ausgegangen, dass der Kläger zumindest mit 50 v.H. der Arbeitszeit an der Promotion arbeite. Vom 15. Oktober 1997 bis 15. Februar 1998 hielt sich der Kläger zur Durchführung seines Promotionsvorhabens in B auf. Hierfür erhielt er von einer Stiftung ein Forschungsstipendium in Höhe von 9 000 sfr. Zur Wahrnehmung dieses Stipendiums wurde er von seinem Arbeitgeber unter Fortzahlung der Bezüge für die besagte Zeit beurlaubt. Durch den Aufenthalt entstanden ihm Kosten wegen doppelter Haushaltsführung in Höhe von ... DM.

In der Einkommensteuer-Erklärung für das Streitjahr machten die Kläger bei Einnahmen des Ehemanns in Höhe von 37 118 DM Aufwendungen in Höhe von ... DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) war der Ansicht, die Promotionskosten stellten Berufsausbildungskosten i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dar, welche nur in begrenzter Höhe abziehbar seien. Da das steuerfreie Stipendium nach § 3c EStG mit den Sonderausgaben zu verrechnen sei, scheide vorliegend ein Sonderausgabenabzug insgesamt aus. Der hiergegen erhobene Einspruch blieb ohne Erfolg.

Die Klage war insoweit erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) führte im Wesentlichen aus, da der Bundesfinanzhof (BFH) seine Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Bildungsaufwendungen geändert habe (z.B. Urteil vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407, zum berufsbegleitenden Erststudium), könnten auch Aufwendungen für eine Promotion als Werbungskosten zu beurteilen sein, wenn zwischen dem Arbeitsverhältnis des Doktoranden und der Doktorarbeit ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang bestehe. Diese Voraussetzung sei bei einem wissenschaftlichen Mitarbeiter, dem während seiner Dienstzeit Gelegenheit zur Promotion gegeben werde, erfüllt. Was die Höhe der geltend gemachten Aufwendungen betreffe, könne der Klage aber nur teilweise stattgegeben werden. Zwar seien die Aufwendungen des Klägers wegen doppelter Haushaltsführung als Werbungskosten anzuerkennen. Das dem Kläger gewährte, gemäß § 3 Nr. 44 EStG steuerfreie Stipendium sei jedoch nach § 3c EStG (zeitanteilig) anzurechnen. Die Vorentscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 989 veröffentlicht.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung zur steuerlichen Behandlung von Promotionskosten seien die dem Kläger insoweit entstandenen Aufwendungen nur als Berufsausbildungskosten zu qualifizieren. Die neue Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Aufwendungen für ein berufsbegleitendes Erststudium sei nicht einschlägig, weil der Kläger bis zum Streitjahr noch keine dauerhafte Berufstätigkeit ausgeübt habe. Ferner sei zu beachten, dass die Anerkennung von Promotionskosten eines wissenschaftlichen Mitarbeiters als Werbungskosten zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung derjenigen Doktoranden führen würde, die keinen Arbeitsvertrag mit einer Universität abgeschlossen hätten.

Das FA beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Revision des FA ist unbegründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Das FG hat die anlässlich der Promotion entstandenen Aufwendungen des Klägers zu Recht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt. Der erkennende Senat hält an der bisherigen Rechtsprechung zur Behandlung der Promotionskosten nicht mehr fest. Zur Begründung im Einzelnen wird auf das Urteil des Senats vom 4. November 2003 VI R 96/01 (BFHE 203, 500) Bezug genommen.

Im Streitfall hat das FG zu Recht erkannt, dass die anlässlich der Promotion entstandenen Kosten des Klägers --nach Abzug des unmittelbar damit zusammenhängenden steuerfreien Stipendiums (§ 3c EStG)-- als Werbungskosten anzuerkennen sind. Die Aufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG) stehen in einem objektiven und subjektiven Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers als wissenschaftlicher Mitarbeiter einer Universität. Das Promotionsvorhaben war Einstellungsvoraussetzung und darüber hinaus Teil der vom Kläger erstrebten Hochschullaufbahn. Die Aufwendungen hierfür sind auf die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen gerichtet und damit als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.

Die Ausführungen des FG zur Höhe der anzuerkennenden Werbungskosten lassen keinen Rechtsverstoß erkennen.

Ende der Entscheidung

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