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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 19.12.2003
Aktenzeichen: VI R 31/03
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9
EStG § 9 Abs. 1
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 7
EStG § 12 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) begann im Streitjahr 1996 mit einer Ausbildung zum Fahrlehrer. Im Jahr 1994 hatte er ein Lehramtsstudium nach Ablegung des schriftlichen Examens abgebrochen und war anschließend zwei Jahre als Konzertveranstalter gewerblich tätig gewesen.

Die Kosten für die Fahrlehrerausbildung (insgesamt 14 334 DM) machte der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) sah darin Aufwendungen des Klägers für seine Berufsausbildung und berücksichtigte wegen auswärtiger Unterbringung Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 2 400 DM.

Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, die Aufwendungen für die Fahrlehrerausbildung seien als Werbungskosten abzuziehen, weil sie objektiv und subjektiv mit dem später ausgeübten Beruf des Fahrlehrers und den damit verbundenen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zusammenhingen. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 988 veröffentlicht.

Mit der dagegen erhobenen Revision macht das FA geltend, die Fahrlehrerausbildung des Klägers sei als Berufsausbildung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu beurteilen, weil es sich um eine erstmalige Ausbildung gehandelt habe, nachdem der Kläger sein vorangegangenes Lehramtsstudium ohne Abschluss abgebrochen habe. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG entfalte in seinem Kernbereich im Verhältnis zu § 9 EStG eine Sperrwirkung, die den Werbungskostenabzug auch dann ausschließe, wenn zugleich die Merkmale des § 9 EStG erfüllt seien. Letztlich sei es Zweck jeder an die allgemeine Schulausbildung anschließenden Berufsausbildung, später Einnahmen zu erzielen. Auf die zwischenzeitliche gewerbliche Tätigkeit des Klägers könne es aus Gründen der steuerlichen Gerechtigkeit nicht ankommen.

Das FA beantragt, unter Aufhebung des Urteils vom 7. April 2003 die Klage abzuweisen.

Der Kläger ist der Revision entgegengetreten.

Die Revision des FA ist unbegründet. Das FG hat die geltend gemachten Aufwendungen zu Recht als Werbungskosten anerkannt.

Nach neuerer Rechtsprechung des Senats können Ausgaben für eine auf die Erzielung von Einkünften gerichtete berufliche Bildungsmaßnahme vorab entstandene Werbungskosten sein (vgl. u.a. Urteile vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 zur Umschulung; vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407 zum berufsbegleitenden Erststudium). Auch bei einer erstmaligen Berufsausbildung können vorab entstandene Werbungskosten vorliegen (Senatsurteil vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BFHE 202, 314, BFH/NV 2003, 1119, das die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer nach abgebrochenem Maschinenbaustudium und damit eine dem Streitfall vergleichbare Problematik betrifft). Erforderlich ist --worauf das FG zu Recht hingewiesen hat-- ein hinreichend konkreter, objektiv feststellbarer Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen aus der angestrebten beruflichen Tätigkeit. Zur Begründung im Einzelnen wird auf die Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407 und in BFHE 202, 314, BFH/NV 2003, 1119 verwiesen.

Nach diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht den erforderlichen erwerbsbezogenen Veranlassungszusammenhang der geltend gemachten Kosten bejaht. Die Aufwendungen des Klägers für die Ausbildung zum Fahrlehrer stehen in besonders engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Erzielung von steuerbaren Einnahmen aus der im Streitjahr angestrebten und im folgenden Jahr begonnenen Tätigkeit als Fahrlehrer. Wie das FG festgestellt hat, war die Fahrlehrerausbildung Voraussetzung für die erfolgreiche Teilnahme an der Fahrlehrerprüfung und damit für die spätere berufliche Tätigkeit des Klägers. Das FG hat daher zu Recht vorab entstandene Werbungskosten angenommen. Die zwischenzeitliche gewerbliche Tätigkeit des Klägers ist dabei --wie das FA im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat-- unerheblich.

Die mit der Revision geltend gemachten Bedenken des FA rechtfertigen keine andere Beurteilung. Der Sonderausgabentatbestand des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG entfaltet keine Sperrwirkung dahin gehend, dass der Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 EStG bei einer erstmaligen Berufsausbildung stets ausgeschlossen wird (siehe dazu Senatsurteil in BFHE 202, 314, BFH/NV 2003, 1119, unter II. 1. d). Aus dem Wortlaut, der Systematik sowie dem Sinn und Zweck des Gesetzes ergibt sich vielmehr, dass der Werbungskostenabzug Vorrang vor dem Abzug von Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben hat. Auch § 12 Nr. 1 EStG steht einem Abzug der Aufwendungen für erstmalige Schulungsmaßnahmen nicht entgegen, weil das die Aufwendungen auslösende, maßgebliche Moment die Erzielung künftiger steuerbarer Einnahmen aus einer beruflichen Tätigkeit ist (im Einzelnen siehe Senatsurteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, unter II. 3. d, und in BFHE 202, 314, BFH/NV 2003, 1119, unter II. 1. e).

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