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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 17.12.2002
Aktenzeichen: VI R 42/00
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 7 | |
EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 |
Gründe:
Die 1963 geborene Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) nahm vom 5. Januar 1993 bis 4. Januar 1995 an einer vom Arbeitsamt geförderten Umschulungsmaßnahme zur Arzthelferin teil. Zuvor war sie als Verkäuferin im Schichtdienst tätig gewesen. Im Streitjahr 1994 absolvierte sie in einer Arztpraxis ein fast einjähriges Praktikum. Dort wurde sie nach erfolgreichem Abschluss der Umschulung fest angestellt.
In der Einkommensteuererklärung für 1994 begehrte die Klägerin den Abzug von mit der Umschulung zusammenhängenden Kosten in Höhe von 23 447 DM. Diese Aufwendungen machte sie zunächst als Sonderausgaben in Höhe von 900 DM und den übersteigenden Betrag (22 547 DM) als außergewöhnliche Belastungen geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte die Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen ab. Innerhalb der Rechtsbehelfsfrist stellten die Klägerin und ihr Ehemann, der Kläger, einen Antrag auf schlichte Änderung des Einkommensteuerbescheides, den das FA ebenfalls ablehnte. Der hiergegen erhobene Einspruch, mit dem die Kläger nunmehr den Abzug als Werbungskosten begehrten, blieb ohne Erfolg. Das FA sah die Aufwendungen als Sonderausgaben bzw. Berufsausbildungskosten nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an und ließ die den gesetzlichen Höchstbetrag von 900 DM übersteigenden Kosten nicht zum Abzug zu.
Mit der Klage trugen die Kläger vor, die Klägerin habe bereits im Juli 1982 eine Ausbildung zur Facharbeiterin abgeschlossen. Sie sei als Mutter von zwei Kleinkindern auf normale Arbeitszeiten angewiesen. Da sie weder durch eigene Anstrengungen noch durch die Vermittlung des Arbeitsamtes eine neue Stelle als Verkäuferin mit Normalschicht habe finden können, habe sie den Beruf der Arzthelferin erlernt. Sie habe sich bereits während der Bildungsmaßnahme um eine Arbeitsstelle bemüht und unmittelbar nach Ausbildungsende eine neue Anstellung gefunden, so dass die streitigen Aufwendungen vorab entstandene Werbungskosten darstellten.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 424 veröffentlichten Gründen in voller Höhe statt.
Mit der vom FG zugelassenen Revision macht das FA --unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH)-- die Verletzung materiellen Rechts geltend. Außerdem rügt es die Sachverhaltsermittlung durch das FG. Dieses hätte, nachdem es die Abzugsfähigkeit der streitigen Aufwendungen als Werbungskosten bejaht gehabt habe, die tatsächliche Höhe der entstandenen Aufwendungen überprüfen müssen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung hätte sich die Frage aufdrängen müssen, ob bei einer vom Arbeitsamt geförderten Umschulungsmaßnahme eine Kostenerstattung jedenfalls zu einem gewissen Teil erfolgt sei.
Das FA beantragt, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Kläger treten der Revision entgegen.
Die Revision des FA führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Aufwendungen für die Bildungsmaßnahme der Klägerin dem Grunde nach als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen sind. Diese Aufwendungen sind keine Kosten der Berufsausbildung i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Mit Urteil vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01 (DB 2003, 131) wurde die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung aufgegeben, wonach Ausgaben für eine Umschulungsmaßnahme, mit der ein Wechsel der Berufs- oder Erwerbsart verbunden ist, stets der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen und deshalb nur als Sonderausgaben begrenzt abziehbar sind. Zur Begründung im Einzelnen wird auf das genannte Urteil verwiesen.
Im Streitfall sind die Aufwendungen für die Umschulungsmaßnahme der Klägerin dem Grunde nach beruflich veranlasst. Denn es besteht ein hinreichender Zusammenhang dieser Aufwendungen mit späteren Einnahmen. Die Bildungsmaßnahme bereitete die Klägerin konkret und berufsbezogen auf ihre Tätigkeit als Arzthelferin vor, die sie im direkten Anschluss an diese Maßnahme ausübte. Die Umschulungskosten wurden deswegen aufgewandt, um wieder Einnahmen zu erzielen.
Das FG hat aber keine ausreichenden Feststellungen über die Art und Höhe der Werbungskosten getroffen. Dies wird es nachzuholen haben. Insbesondere wird zu prüfen sein, ob --angesichts der häufigen Fahrten der Klägerin zu derselben Praktikumsstelle-- eine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG sowie zu verrechnende Kostenerstattungen des Arbeitsamtes gegeben sind.
Ende der Entscheidung
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