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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 05.03.2009
Aktenzeichen: VI R 53/07
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5
EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1
EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2
FGO § 126 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Streitig ist die Berücksichtigung der Kosten für doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), Eheleute, wurden im Streitjahr (2001) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger bezog eine Rente, die Klägerin war als Sekretärin nichtselbständig beschäftigt, ihre Arbeitsstelle war in X. Die Kläger lebten zunächst in der Nähe von X, in Z, erwarben 1996 ein Wohngrundstück in A und zogen im Februar 1997 dorthin. Die Klägerin behielt ihren Arbeitsplatz im 195 km entfernten X bei. Sie mietete ein Appartement in X, in dem sie sich einen zweiten Haushalt einrichtete und von dort aus ihre Arbeitsstelle aufsuchte.

Mit der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragten die Kläger, die Aufwendungen für das Appartement in X als Kosten der doppelten Haushaltsführung in Höhe von 8 016 DM zu berücksichtigen.

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigte zwar der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) Aufwendungen für Familienheimfahrten, ließ jedoch den Abzug der Mietkosten als Kosten der doppelten Haushaltsführung nicht zu.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage, mit der die Kläger ihr auf Berücksichtigung der Kosten der doppelten Haushaltsführung gerichtetes Rechtsschutzbegehren weiterverfolgten, wies das Finanzgericht (FG) ab. Es verwies zur Begründung auf die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), wonach die Aufwendungen für eine Haushaltsführung nur dann zu den Werbungskosten gehörten, wenn sie beruflich veranlasst seien. Beruhte die Gründung eines vom Beschäftigungsort entfernt liegenden zweiten Hausstands dagegen auf privaten Gründen, komme ein Abzug von Mehrkosten als Werbungskosten nicht in Betracht. Daran gemessen sei im Streitfall die Haushaltsführung nicht beruflich veranlasst. Die Klägerin habe das Appartement in X nur deshalb angemietet, weil die Kläger ihren Wohnsitz aus der Nähe von X in das etwa 200 km entfernt liegende A verlegt hätten. Die Sitzverlegung sei jedoch nicht durch die Berufsausübung der Klägerin erforderlich geworden. Damit sei die bisher einheitliche Haushaltsführung aus privaten Gründen in zwei getrennte Haushalte aufgesplittet worden. In derartigen Fällen könnten die damit verbundenen Kosten nicht als beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführungskosten steuermindernd berücksichtigt werden.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragen,

das Urteil des Niedersächsischen FG und die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid vom 3. Februar 2003 dahin abzuändern, dass die Einkommensteuer für 2001 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von 8 016 DM herabgesetzt wird.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

Im Streitfall scheidet eine Berücksichtigung der als Kosten einer doppelten Haushaltsführung geltend gemachten Aufwendungen der Klägerin nicht schon mit der Begründung aus, dass der Hausstand der Kläger vom Beschäftigungsort wegverlegt worden sei.

Die tatsächlichen Feststellungen des FG ermöglichen allerdings noch keine abschließende Beurteilung, ob und in welcher Höhe Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung zu berücksichtigen sind.

1.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2003 (StÄndG 2003) vom 15. Dezember 2003 (BGBl. I 2003, 2645), die nach § 52 Abs. 23b EStG i.d.F. des StÄndG 2003 auch im Streitjahr anzuwenden ist, gehören zu den Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen die doppelte Haushaltsführung beibehalten wird. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG liegt eine doppelte Haushaltsführung vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG konkretisiert den allgemeinen Werbungskostenbegriff des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Nur die Aufwendungen aus Anlass einer beruflich begründeten doppelten Haushaltsführung sind deshalb zu erfassen.

2.

Der Senat hält nach erneuter Prüfung nicht mehr an seiner Rechtsprechung fest, nach der in den sog. Wegverlegungsfällen ein Abzug von Kosten einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten ausscheidet.

Eine beruflich begründete doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn aus beruflicher Veranlassung in einer Wohnung am Beschäftigungsort ein zweiter (doppelter) Haushalt zum Hausstand des Steuerpflichtigen hinzutritt. Der Haushalt in der Wohnung am Beschäftigungsort ist beruflich veranlasst, wenn ihn der Steuerpflichtige nutzt, um seinen Arbeitsplatz von dort aus erreichen zu können. Der so beruflich veranlasste Zweithaushalt am Beschäftigungsort qualifiziert auch die doppelte Haushaltsführung selbst als eine aus beruflichem Anlass begründete i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG. Dies gilt selbst dann, wenn ein Steuerpflichtiger seinen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und eine bereits vorhandene oder neu eingerichtete Wohnung am Beschäftigungsort aus beruflichen Gründen als Zweithaushalt nutzt. Denn auch dann findet die nunmehr doppelte Haushaltsführung ihre berufliche Veranlassung darin, dass ein weiterer Haushalt in einer Wohnung am Beschäftigungsort aus beruflichen Motiven begründet wird. Nur die Kosten dieser Wohnung am Beschäftigungsort sind als Werbungskosten abziehbar; die Aufwendungen der wegverlegten Hauptwohnung gehören zu den nicht abziehbaren Lebenshaltungskosten.

Zur weiteren Begründung verweist der Senat zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die beiden zur amtlichen Veröffentlichung bestimmten Senatsurteile vom 5. März 2009 VI R 23/07 und VI R 58/06.

3.

Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen; die Vorentscheidung ist daher aufzuheben.

Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat --aus seiner Sicht zu Recht-- noch keine Feststellungen dazu getroffen, in welcher Höhe der Klägerin tatsächlich notwendige Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung entstanden waren. Das wird das FG im zweiten Rechtsgang im Anschluss an die Nachholung der erforderlichen Feststellungen zu prüfen haben. Dabei wird auch zu beachten sein, dass Unterkunftskosten am Beschäftigungsort nur insoweit notwendig i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG sind, wie sie den durchschnittlichen Mietzins einer 60 qm-Wohnung am Beschäftigungsort nicht überschreiten (BFH-Urteile vom 9. August 2007 VI R 10/06, BFHE 218, 380, BStBl II 2007, 820, m.w.N.; VI R 23/05, BFHE 218, 376).

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