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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 14.01.2004
Aktenzeichen: VI R 55/03
Rechtsgebiete: EStG, FGO
Vorschriften:
EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b | |
EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 3 Halbsatz 2 | |
FGO § 96 Abs. 1 Satz 2 |
Gründe:
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger erzielte im Streitjahr 2000 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er betreute als Direktionsreferent einer Versicherung etwa 40 Zweigstellen im Freistaat Sachsen. Jeweils die Hälfte seiner Arbeitszeit verbrachte der Kläger im Außendienst und in seinem häuslichen Arbeitszimmer. Einer Bestätigung des Arbeitgebers zufolge lag der Schwerpunkt der Tätigkeit im "Auf- und Ausbau des Vertriebes durch Einstellung neuer Vermittler und Mitarbeiter/innen in den Agenturen, Einarbeitung und Weiterbildung der Vermittler und deren Mitarbeiter/innen, Produktionskontrolle und aktives Beraten in allen Organisationsfragen". Die Vermittlung von Versicherungsverträgen gehörte hingegen nicht zu den Aufgaben des Klägers. Der Arbeitgeber stellte dem Kläger keinen betrieblichen Arbeitsplatz zur Verfügung und bestätigte, dass die Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers "unverzichtbarer Teil" der vertriebsorientierten Aufgabenstellung sei. Für dieses Zimmer machte der Kläger im Streitjahr 2000 Aufwendungen in Höhe von 7 334 DM als Werbungskosten geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte die Aufwendungen lediglich in Höhe von 2 400 DM an.
Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, dass das häusliche Arbeitszimmer im Streitjahr nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung des Klägers gebildet habe. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 1684 abgedruckt.
Mit der Revision machen die Kläger geltend, das FG habe § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 3 Halbsatz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unzutreffend ausgelegt und gegen § 96 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verstoßen.
Die Kläger beantragen, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer in voller Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Das FA tritt der Revision entgegen.
Die Revision der Kläger ist begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
1. Das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen, der seinen Beruf teilweise im Arbeitszimmer und teilweise außer Haus ausübt, bildet den Betätigungsmittelpunkt im Sinne der Abzugsbeschränkung, wenn dort die für den ausgeübten Beruf wesentlichen und prägenden Tätigkeiten verrichtet werden (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. November 2002 VI R 82/01, BFHE 201, 93, BStBl II 2004, 62; VI R 104/01, BFHE 201, 100, BStBl II 2004, 65; VI R 28/02, BFHE 201, 106, BStBl II 2004, 59; vom 23. Januar 2003 IV R 71/00, BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43; vom 9. April 2003 X R 75/00, BFH/NV 2003, 917; vom 29. April 2003 VI R 78/02, BFHE 202, 303, BStBl II 2004, 76). Maßgeblich ist der qualitative Schwerpunkt der beruflichen Betätigung; dem zeitlichen Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers kommt hingegen nur eine indizielle Bedeutung zu. Dabei kann das häusliche Arbeitszimmer selbst dann (noch) den Mittelpunkt einer beruflichen Betätigung bilden, wenn die außerhäuslichen Tätigkeiten zeitlich überwiegen. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die genannten Entscheidungen Bezug genommen.
2. Von diesen rechtlichen Grundsätzen weicht das vorinstanzliche Urteil ab. Zwar enthalten die Entscheidungsgründe eine auch qualitative Würdigung der beruflichen Tätigkeit des Klägers. Im Rahmen dieser Würdigung misst das FG jedoch dem zeitlichen Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers eine Bedeutung bei, die ihm nach der Rechtsprechung des Senats angesichts der Verteilung von Außen- und Innendienst im Streitfall (je 50 v.H.) nicht zukommen kann.
3. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Das FG hat keine hinreichenden Feststellungen zum qualitativen Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des Klägers getroffen. Zudem wird das FG auch der Frage nachgehen müssen, ob es sich bei dem vom Kläger beruflich genutzten Raum überhaupt um ein "Arbeitszimmer" i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG handelt. Der Rechtsprechung des Senats zufolge ist ein Büroraum, der einem nicht unwesentlichen Publikumsverkehr unterliegt, seiner Funktion nach kein häusliches Arbeitszimmer (BFH-Urteil vom 26. Juni 2003 VI R 10/02, BFH/NV 2003, 1560; in BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43; vom 23. September 1999 VI R 74/98, BFHE 189, 438, BStBl II 2000, 7). Im Streitfall nutzte der Kläger sein Arbeitszimmer nach den Feststellungen des FG auch zu Gesprächen und Beratungen mit Mitarbeitern und Kunden. In welchem Umfang dies geschah, ist dem Urteil nicht zu entnehmen.
Ende der Entscheidung
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