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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 18.10.2007
Aktenzeichen: VI R 59/06
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 | |
EStG § 8 Abs. 1 | |
EStG § 8 Abs. 2 | |
EStG § 9 Abs. 1 | |
EStG § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 |
Gründe:
I. Streitig ist bei der Anwendung der sog. 1 %-Regelung die einkommensteuerrechtliche Behandlung von Zuzahlungen für Anschaffungskosten, die ein Arbeitnehmer für ein ihm vom Arbeitgeber zur privaten Nutzung überlassenes Fahrzeug geleistet hat. Weiter streiten die Beteiligten um die Berücksichtigung von Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Ehegatten-Arbeitsverhältnis.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war in den Streitjahren (1995 bis 1997) bei einem Pharmaunternehmen mit erfolgsabhängigen Bezügen nichtselbständig beschäftigt. 1995 erhielt er von seinem Arbeitgeber ein Leasingfahrzeug der Marke Porsche. Auf die Anschaffungskosten des Fahrzeugs leistete der Kläger an seinen Arbeitgeber eine Zuzahlung in Höhe von 75 193 DM einschließlich Umsatzsteuer. Der Arbeitgeber unterwarf mit dem Arbeitlohn auch den geldwerten Vorteil für die Überlassung des Firmenwagens unter Anwendung der sog. 1 %-Regelung der Besteuerung.
Der Kläger und seine mit ihm zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Ehefrau, die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), hatten mit privatschriftlichem Vertrag vereinbart, dass die Klägerin für einen Monatslohn von 350 DM acht Stunden in der Woche für den Kläger tätig sein solle. Die Tätigkeit umfasste "Schreibarbeiten, Kundenfahrten, Musterfahrten". Der Telefondienst der Klägerin begann morgens um 7.00 Uhr, die tägliche Arbeitszeit war montags bis freitags von 9.00 Uhr bis 13.00 Uhr und 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr und bestand in einer Art Bereitschaftsdienst im Wesentlichen darin, aufgrund der Außendiensttätigkeit des Klägers das Telefon- und Faxgerät zu überwachen, den Anrufbeantworter abzuhören und Kunden zurückzurufen sowie Auslieferungsfahrten zu Ärzten, Krankenhäusern und Apotheken durchzuführen.
Mit den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machte der Kläger Absetzungen für Abnutzung (AfA) für die auf die Anschaffungskosten des PKW geleistete Zuzahlung in Höhe von jeweils 25 064 DM geltend; dies entsprach einer Nutzungsdauer von drei Jahren. Weiter machte er die Aufwendungen aus dem Ehegatten-Arbeitsverhältnis sowie an die Klägerin geleistete Fahrtkostenerstattungen geltend.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte in den streitigen Einkommensteuerbescheiden die geltend gemachten Aufwendungen nicht.
Mit der Klage machten die Kläger einen niedrigeren Privatanteil in Bezug auf die Fahrzeugnutzung unter Vorlage von als Fahrtenbücher bezeichneten Aufzeichnungen geltend und verfolgten auch im Übrigen ihr Begehren weiter.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 753 veröffentlichten Gründen ab.
Die Kläger verfolgen mit der Revision ihr Klagebegehren weiter. Die Zuzahlung zu den Anschaffungskosten sei auf die Jahre 1995 bis 1997 zu verteilen. Das Ehegatten-Arbeitsverhältnis sei einkommensteuerrechtlich anzuerkennen und die im Zusammenhang damit angefallenen Aufwendungen als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Die vom Kläger zu den Anschaffungskosten geleisteten Zuzahlungen sind dem Grunde nach berücksichtigungsfähig. Hierzu sind ebenso wie zum Ehegatten-Arbeitsverhältnis indessen noch weitere Feststellungen zu treffen.
1. Wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, führt die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung zu Einkünften nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
a) Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG in der für die Streitjahre 1996 und 1997 anwendbaren Fassung gilt für die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten die in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG getroffene Regelung entsprechend. Sie führt die in Abschn. 31 Abs. 7 der Lohnsteuer-Richtlinien 1993 enthaltene 1 %-Methode, die für das Streitjahr 1995 noch zur Anwendung kommt, als gesetzliche Regelung fort (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 6. November 2001 VI R 62/96, BFHE 197, 142, BStBl II 2002, 370). Der Wert dieser Nutzung ist danach für jeden Kalendermonat mit 1 v.H. des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen und erhöht sich noch gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG für jeden Kalendermonat um 0,03 v.H. des vorgenannten Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wenn das Fahrzeug für solche Fahrten genutzt werden kann. Die sog. 1 %-Regelung ist grundsätzlich zwingend, sofern nicht nach § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG der Wert der Nutzung nach der Fahrtenbuchmethode ermittelt wird (vgl. BFH-Urteil vom 7. November 2006 VI R 95/04, BFHE 215, 252, BStBl II 2007, 269, m.w.N.).
b) Entstehen einem Steuerpflichtigen für ein fremdes Wirtschaftsgut, das er zur Einkünfteerzielung nutzt, Anschaffungs- oder Herstellungskosten, kann er diesen Aufwand nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG i.V.m. § 7 Abs. 1 EStG wie Anschaffungskosten eines Nutzungsrechts behandeln und AfA für das Nutzungsrecht "wie ein materielles Wirtschaftsgut" (BFH-Beschlüsse vom 23. August 1999 GrS 1/97, BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778, und vom 30. Januar 1995 GrS 4/92, BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281) vornehmen. Die AfA ist auf der Grundlage der voraussichtlichen Gesamtdauer des Nutzungsrechts nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG zu schätzen (vgl. BFH-Beschluss vom 29. März 2005 IX B 174/03, BFHE 212, 561, BStBl II 2006, 368, m.w.N.). Ein derartiger Fall liegt auch bei Zuzahlungen zu den Anschaffungskosten eines Dienstwagens vor, weil der Steuerpflichtige seinen Aufwand zur Erzielung von als Arbeitslohn zu bewertenden geldwerten Vorteilen und gegebenenfalls zu beruflich veranlassten Reisen tätigt.
c) Der Zusammenhang mit den Erwerbsaufwendungen entfällt nicht deshalb, weil das Fahrzeug zu privaten Fahrten oder zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt wird, bei denen ein Werbungskostenabzug nach § 12 Nr. 1 EStG ausgeschlossen bzw. nur in den Grenzen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG zulässig ist. Denn die Zuzahlungen dienen ausschließlich der Erzielung von als Arbeitslohn zu erfassenden geldwerten Vorteilen. Es trägt auch nicht der Einwand, die Aufwendungen seien mindestens deswegen auch privat veranlasst, weil sie für ein wesentlich komfortableres Auto geleistet worden seien. Denn diese Mitveranlassung wird bereits dadurch berücksichtigt, dass in Anwendung der 1 %-Regelung der private Nutzungsvorteil auf Grundlage des vollen, also nicht um die Zuzahlung gekürzten Listenpreises nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG als Einnahme dem Kläger zugerechnet wird.
d) Dem auf die Nutzungsjahre zu verteilenden Abzug der Zuzahlungen zu den Anschaffungskosten steht nicht entgegen, dass der Nutzungsvorteil nach der 1 %-Regelung pauschal ermittelt worden ist. Die gesetzliche Regelung verfolgt neben dem Vereinfachungszweck das Ziel, individuelle Fahrzeugkosten und ihre Zuordnung zu den einzelnen Nutzungsarten nur dann zu berücksichtigen, wenn die durch das Fahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der Nutzungsarten untereinander durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden. Dieser Gesetzeszweck wird nicht beeinträchtigt, wenn die Verwendung der hier zu beurteilenden Aufwendungen für das konkrete Kraftfahrzeug feststeht und eine individuelle Zurechnung zu den einzelnen Nutzungsarten sich erübrigt, weil die Aufwendungen insgesamt zu berücksichtigen sind. Derartige Aufwendungen sind wirtschaftlich pauschalen Nutzungsentgelten ähnlich, die für die gesamte Nutzung des Kraftfahrzeugs vom Arbeitnehmer an den Arbeitgeber entrichtet werden (Senatsurteil in BFHE 215, 252, BStBl II 2007, 269).
e) Danach sind die vom Kläger geltend gemachten Zuzahlungen zu den Anschaffungskosten dem Grunde nach zu berücksichtigen. Das FG wird noch Feststellungen zu treffen haben, für welchen Nutzungszeitraum die Zuzahlungen erfolgt sind.
2. Die Entscheidung des FG, die Aufwendungen des Klägers für das Ehegatten-Arbeitsverhältnis einschließlich der Aufwendungen für die Fahrten der Klägerin nicht zu berücksichtigen, hält auf Grundlage der bisherigen Feststellungen des FG einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Sache ist allerdings auch in diesem Streitpunkt nicht entscheidungsreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang Gelegenheit haben, die zur Entscheidung erforderlichen Feststellungen nachzuholen.
a) Lohnzahlungen an einen bei einem Steuerpflichtigen mitarbeitenden Angehörigen sind als Werbungskosten oder Betriebsausgaben nach § 9 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 4 EStG abziehbar, wenn dieser aufgrund eines Arbeitsvertrags beschäftigt wird, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt und der Steuerpflichtige seinerseits alle Arbeitgeberpflichten, insbesondere die der Lohnzahlung, erfüllt und der Vertrag sowohl nach seinem Inhalt als auch nach seiner tatsächlichen Durchführung dem entspricht, was zwischen Fremden üblich ist. Bei diesem Vergleich ist jedoch zu beachten, dass geringfügige Abweichungen einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen sowohl bezüglich des Vertragsinhalts als auch bezüglich der Vertragsdurchführung für sich allein nicht stets zur steuerlichen Nichtanerkennung des Arbeitsverhältnisses führen müssen (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 1995 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34; BFH-Urteile vom 21. Januar 1999 IV R 15/98, BFH/NV 1999, 919; vom 17. September 1997 IV R 54/96, BFH/NV 1998, 164; vom 7. Mai 1996 IX R 69/94, BFHE 180, 377, BStBl II 1997, 196). Denn gerade bei geringfügiger Beschäftigung Angehöriger sind Unklarheiten bei der Wochenarbeitszeit für die steuerliche Anerkennung des Arbeitsverhältnisses nicht schädlich, wenn die Arbeitszeit von den betrieblichen oder beruflichen Erfordernissen des Steuerpflichtigen abhängt und deshalb letztlich unbestimmt und nur in Schätzwerten anzugeben ist. In einem solchen Fall ist die Unklarheit auf die Eigenart des Arbeitsverhältnisses zurückzuführen und nicht auf eine unübliche Gestaltung (vgl. Urteil in BFH/NV 1999, 919, m.w.N.).
b) Die Vorentscheidung beruht auf einer anderen Rechtsauffassung.
aa) Zu Unrecht hat das FG die unübliche Gestaltung des zwischen dem Kläger und der Klägerin abgeschlossenen Arbeitsvertrags damit begründet, dass die im Vertrag als "Schreibarbeiten, Kundenfahrten, Musterfahrten" beschriebene Tätigkeit von den tatsächlich durchgeführten Arbeiten deshalb erheblich abweiche, weil die Klägerin auch das Telefon- und Faxgerät überwacht habe. Es ist aber weder ungewöhnlich noch weicht solches von dem zwischen fremden Dritten Vereinbarten ab, wenn eine mit "Schreibarbeiten" beschriebene und danach auch Bürotätigkeiten umfassende Arbeitsleistung die Überwachung von Telekommunikationseinrichtungen mit umfasst, die in einem Büro regelmäßig vorhanden sind, auch wenn diese Tätigkeit im Arbeitsvertrag nicht im Einzelnen schriftlich fixiert ist (vgl. Urteil in BFH/NV 1999, 919, unter 1. b der Gründe).
bb) Die Begründung, das Vertragsverhältnis entspreche nicht dem zwischen Fremden Üblichen, weil weder feste Arbeitszeiten festgelegt noch der zeitliche Umfang der Arbeitsleistung auf Stundenzetteln dokumentiert worden seien, entspricht ebenfalls nicht den vorstehenden Rechtsmaßstäben. Denn die Kläger haben hinreichend deutlich gemacht, dass die Arbeitszeit von den beruflichen Erfordernissen des im Außendienst tätigen Klägers abhänge, der in den Zeiten seiner Abwesenheit eine Mithilfe benötige, und der Umfang der Mithilfe bei den Auslieferungsfahrten durch die Aufzeichnungen belegt sei, so dass entsprechend den vorstehenden Rechtsgrundsätzen die Unklarheit auf die Eigenart des Arbeitsverhältnisses und nicht auf eine unübliche Gestaltung zurückzuführen ist.
cc) Wenn schließlich die Unüblichkeit und Unangemessenheit der Gestaltung zuletzt damit begründet wird, dass die Überwachung von Telefon und Faxgeräten, das Abhören des Anrufbeantworters oder das Zurückrufen von Kunden üblicherweise von einer Sekretärin durchgeführte Tätigkeiten seien, die diese Arbeiten nicht in der Wohnung erledige, wird dies den Besonderheiten des Streitfalls nicht gerecht. Denn der Kläger hat durch seine konkrete Außendiensttätigkeit, die häufige Abwesenheiten beinhaltet, eben an dem Ort die Mithilfe nötig, an dem sich die für seine berufliche Tätigkeit erforderlichen Telekommunikationseinrichtungen befinden, das ist seine Wohnung.
c) Mangels Spruchreife geht die Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück. Das FG erhält hierdurch Gelegenheit zu prüfen, ob die Klägerin tatsächlich die Büro- und Fahrtätigkeiten ausgeführt hatte und ob die ihr gezahlte Vergütung in angemessenem Verhältnis zu der geleisteten Arbeit stand. Sollte es an der tatsächlichen Durchführung des vereinbarten Vertragsinhalts fehlen, so wird das FG weiter zu prüfen haben, ob dieser Abweichung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ein solches Gewicht zukommt, dass es gerechtfertigt ist, das Arbeitsverhältnis nicht anzuerkennen und die im Zusammenhang damit geltend gemachten Aufwendungen nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Ende der Entscheidung
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