Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 20.07.2000
Aktenzeichen: VI R 59/98
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 3 Nr. 68
EStG § 52 Abs. 2 Buchst. j
EStG § 52 Abs. 2 Buchst. b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Steuerfreiheit von Zinszuschüssen nach § 3 Nr. 68 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1987 auch dann fortgilt, wenn ein vor dem 1. Januar 1989 aufgenommenes Darlehen nach diesem Zeitpunkt umgeschuldet wird.

Im Jahr 1987 verwendeten die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) ein Darlehen der L-Bausparkasse in Höhe von 77 000 DM teilweise zur Ablösung eines Darlehens, das ihnen von der Volksbank G zum Kauf ihres selbstgenutzten Einfamilienhauses und teilweise zur Pflasterung der Garageneinfahrt gewährt worden war. Nach Ablauf der Zinsbindungsfrist des Darlehens der L-Bausparkasse lösten die Kläger dieses Darlehen am 30. März 1992 mit einem von der D-Bank gewährten Darlehen ab, weil die Konditionen der D-Bank günstiger waren. Gleichzeitig wurde auch das Restdarlehen bei der Volksbank G durch ein Darlehen der D-Bank abgelöst.

In den Streitjahren 1993 bis 1995 gewährte der Arbeitgeber des Klägers Zuschüsse zu den an die D-Bank zu zahlenden Zinsen in Höhe von jeweils 2 000 DM und beließ diese steuerfrei. Im Zuge einer Außenprüfung beim Arbeitgeber des Klägers gelangte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) zu der Auffassung, die Zinszuschüsse über jeweils 2 000 DM seien zu Unrecht steuerfrei belassen worden, weil die Umschuldung durch Aufnahme eines neuen Darlehens nach dem 31. Dezember 1988 erfolgt sei. Daraufhin erließ es die angefochtenen Einkommensteuer-Änderungsbescheide.

Mit der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage beantragten die Kläger die Aufhebung der Änderungsbescheide. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 1115 veröffentlichten Gründen statt. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Die Zinszuschüsse seien kein steuerpflichtiger Arbeitslohn, weil sie trotz Umschuldung wirtschaftlich für ein Darlehen gewährt worden seien, das der Arbeitnehmer vor dem 1. Januar 1989 erhalten habe. Die Übergangsregelung bezwecke den Schutz desjenigen, der im Vertrauen auf § 3 Nr. 68 EStG ein Darlehen aufgenommen habe und diese Entscheidung wegen der langen Laufzeit von Immobiliendarlehen nicht mehr rückgängig machen könne. Die entscheidende Vermögensdisposition, nämlich die ursprüngliche durch den Hauserwerb bedingte Darlehensaufnahme, sei im Streitfall bereits vor dem 1. Januar 1989 getroffen worden. In einem solchen Fall müsse auch der wirtschaftlich sinnvolle Wechsel des Gläubigers begünstigt sein, sofern die Darlehensvaluten unverändert blieben.

Mit der Revision trägt das FA vor, die Zinszuschüsse seien nicht steuerbefreit, weil sie nicht für ein Darlehen gewährt worden seien, das der Arbeitnehmer vor dem 1. Januar 1989 erhalten habe. Auch wenn die Darlehensvaluta unverändert bleibe, liege der Umschuldung nicht das ursprüngliche, sondern ein neues Darlehen zu Grunde.

Das FA beantragt, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Sie verweisen dazu im Wesentlichen auf die Begründung der Entscheidung durch die Vorinstanz.

Die Revision ist begründet, da die Zinszuschüsse des Arbeitgebers zu einem nach dem 31. Dezember 1988 aufgenommenen Darlehen gewährt worden sind.

1. Gemäß § 3 Nr. 68 EStG 1987 in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1987 (BGBl I, 657) sind Zinszuschüsse des Arbeitgebers bis zu 2 000 DM im Kalenderjahr steuerfrei, wenn die Darlehen mit der Errichtung oder dem Erwerb einer eigengenutzten Wohnung zusammenhängen. Die Vorschrift wurde durch das Steuerreformgesetz 1990 vom 25. Juli 1988 (BGBl I 1988, 1093/1094) aufgehoben; sie ist allerdings nach § 52 Abs. 2 Buchst. j EStG (in der für das Streitjahr 1993 geltenden Fassung) bzw. § 52 Abs. 2 Buchst. b EStG (in der für die Streitjahre 1994 und 1995 geltenden Fassung) für die Kalenderjahre 1989 bis 2000 weiter anzuwenden auf Zinszuschüsse bei Darlehen, die der Arbeitnehmer vor dem 1. Januar 1989 erhalten hat, soweit die Vorteile nicht über die im Kalenderjahr 1988 gewährten Vorteile hinausgehen und soweit die Zinszuschüsse zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt werden.

2. Nach dieser Übergangsregelung nicht begünstigt sind Zinszuschüsse zu solchen Darlehen, die nach dem 31. Dezember 1988 aufgenommen wurden. Ein solches Darlehen liegt im Streitfall vor. Denn das zum Zwecke der Umschuldung --nach dem 31. Dezember 1988-- aufgenommene Darlehen perpetuiert nicht das ursprüngliche Darlehen, wie sich aus dem Wechsel nahezu aller essentiellen Bestandteile des Darlehensvertrags (Darlehensgeber, Zinssatz, Laufzeit, Fälligkeit) ergibt (ebenso Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 3 Nr. 68 EStG Rz. 28 und 29 Beisp. c; Handzik in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, § 3 EStG Rz. 875 und 876; Scholtz in Bordewin/Brandt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 3 Rz. 66 l; FG Nürnberg, Urteil vom 2. Oktober 1997 I 7/97, EFG 1998, 26, sowie die einschlägigen Verwaltungsanweisungen in Abschn. 28 Abs. 13 Satz 2 der Lohnsteuer-Richtlinien 1993; Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 19. Dezember 1988 IV B 6 -S 2334- 184/88, Finanz-Rundschau 1989, 53; Schreiben des Finanzministeriums des Saarlandes vom 8. September 1994 B/II - 536/94 - S 2334, Deutsches Steuer-Recht 1994, 1537). Daher kann das zum Zwecke der Umschuldung aufgenommene neue Darlehen entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht als ein Darlehen angesehen werden, das "der Arbeitnehmer vor dem 1. Januar 1989 erhalten hat". Der klare Wortlaut der Vorschrift erlaubt auch dann keine andere Auslegung, wenn die Darlehensvaluten unverändert bleiben. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Kläger deshalb nicht in ihrer Disposition betroffen waren, weil sie ihr Einfamilienhaus vor In-Kraft-Treten der Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 68 EStG mit Kredit erworben hatten.

3. Die Entscheidung der Vorinstanz beruht auf anderen Grundsätzen und ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist entscheidungsreif, so dass die Klage abzuweisen ist.



Ende der Entscheidung

Zurück