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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 19.10.2001
Aktenzeichen: VI R 60/01
Rechtsgebiete: BGB, EStG
Vorschriften:
BGB § 187 | |
BGB § 188 | |
EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b | |
EStG § 32 Abs. 4 Satz 2 | |
EStG § 66 Abs. 2 | |
EStG § 32 Abs. 4 | |
EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 |
Gründe:
Der am 15. Januar 1975 geborene Sohn M der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) schloss seine Ausbildung zum Industriekaufmann am 23. Juni 1998 mit der Gesellenprüfung ab und war anschließend bei seinem bisherigen Ausbildungsbetrieb bis zum 31. Oktober 1998 als Industriekaufmann tätig. Vom 1. November bis 31. Dezember 1998 absolvierte er ein Praktikum als Voraussetzung für eine neue Berufsausbildung im Bereich Regie und Aufnahmeleitung. Der Beklagte und Revisionskläger (die Familienkasse) wies den Antrag der Klägerin, ihr für M für acht Monate im Jahr 1998 (Januar bis Juni sowie November und Dezember) Kindergeld zu gewähren, mit Bescheid vom 10. Juni 1999 ab. Dabei ging die Familienkasse davon aus, dass M sich 1998 durchgehend in Ausbildung bzw. einer Übergangszeit i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) befunden habe, weshalb auch die von M in der Zeit seiner Berufstätigkeit vom 24. Juni bis 31. Oktober 1998 erzielten Einkünfte im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG anzusetzen seien. Danach stehe Kindergeld im Jahr 1998 nicht zu.
Der hiergegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 983 veröffentlichten Gründen statt.
Mit der Revision rügt die Familienkasse die Verletzung von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG. Wie zwischen den Beteiligten unstreitig sei, stellten sowohl die Ausbildung zum Industriekaufmann, als auch das Praktikum Berufsausbildungsmaßnahmen dar. "Ausbildungsabschnitte" im Sinne obiger Vorschrift seien dabei nicht nur Teile einer auf einen bestimmten Beruf gerichteten Ausbildung, sondern auch in sich geschlossene Ausbildungsgänge mit unterschiedlichen Berufszielen. Eine "Übergangszeit" liege vor, wenn der nächste Ausbildungsabschnitt in dem Monat nach Ablauf des vierten vollen Kalendermonats, in dem sich das Kind nicht in Ausbildung befunden hat, beginne (vgl. H 180 a des Amtlichen Einkommensteuer-Handbuchs --EStH-- sowie Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes --DA-FamEStG-- 63.3.3). Diese Art der Fristberechnung folge aus § 66 Abs. 2 EStG, wonach das Kindergeld vom Beginn des Monats ausgezahlt werde, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien, bis zum Ende des Monats, in dem sie wegfielen. Das führe dazu, dass für den gesamten Kalendermonat Kindergeld gezahlt werde, auch wenn ein Berücksichtigungstatbestand i.S. des § 32 Abs. 4 EStG nicht an allen Tagen des Monats vorliege. § 108 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) i.V.m. §§ 187, 188 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sei daher für die Fristberechnung nicht anzuwenden.
Unerheblich sei, dass der Sohn während der Übergangszeit in einem Arbeitsverhältnis gestanden habe. Die Beurteilung, ob eine Übergangszeit vorliege, könne nicht davon abhängig gemacht werden, ob das Kind während dieser Zeit Einkünfte habe. Einkünfte des Kindes seien erst dann anzusetzen, wenn bereits festgestellt worden sei, dass ein Berücksichtigungstatbestand nach § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG vorliege. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG verlange nicht, dass das Kind während der Übergangszeit außer Stande sei, sich selbst zu unterhalten. Das Fehlen einer eigenen Versorgung möge zwar eine Rolle bei der Schaffung der Vorschrift gespielt haben; im Gesetzeswortlaut komme es indessen nicht zum Ausdruck. Es könne deshalb auch nicht als Grundvoraussetzung für die Kindergeldgewährung berücksichtigt werden (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. November 1999 3 K 31/99, EFG 2000, 570).
Die Familienkasse beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision ist unbegründet. Es kann dahinstehen, ob der Berechnung der Übergangszeit durch das FG zu folgen ist, da § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG aus anderen Gründen nicht eingreift.
Der Senat hat mit Urteil vom 19. Oktober 2001 VI R 39/00 entschieden, dass eine Übergangszeit i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG nicht vorliegt, wenn das Kind während des Vier-Monate-Zeitraums einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgeht. Zur Begründung im Einzelnen wird auf dieses Urteil Bezug genommen. Danach lagen von Juli bis September 1998 die Begünstigungsvoraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld nicht vor. Nach den Feststellungen des FG haben die Einkünfte und Bezüge des M in den übrigen Monaten den anteiligen Jahresgrenzbetrag nicht überschritten.
Ende der Entscheidung
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