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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 11.12.2001
Aktenzeichen: VI R 73/01
Rechtsgebiete: EStG, BKGG
Vorschriften:
EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b | |
EStG § 32 Abs. 4 Satz 2 | |
EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a | |
BKGG § 2 Abs. 2 Satz 5 |
Gründe:
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Mutter der im November 1977 geborenen Tochter U. Diese befand sich in der Zeit von Januar 1999 bis zum 17. Juni 1999 in der Berufsausbildung zur Bürokauffrau. Daran anschließend war sie als Arbeitnehmerin im Ausbildungsbetrieb tätig. Sie hatte einen unbefristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen, den sie zum 30. September 1999 kündigte. Seit dem 1. Oktober 1999 studiert die Tochter Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Universität in R. Der Tochter flossen im Jahr 1999 folgende Einnahmen zu:
Ausbildungsvergütung Januar bis Mai (5 x 1 159 DM) | 5 795,00 DM |
Ausbildungsvergütung 1. bis 17. Juni | 656,76 DM |
Gehalt 18. bis 30. Juni | 1 271,74 DM |
Gehalt Juli bis September | 9 878,05 DM |
Urlaubsgeld zugeflossen im Mai | 500,00 DM |
Einnahmen insgesamt | 18 101,55 DM |
Das Arbeitsamt -Familienkasse- (Beklagter und Revisionskläger --Familienkasse--) hob mit Bescheid vom 8. Dezember 1999 die Kindergeldfestsetzung für die Tochter ab Januar 1999 auf und forderte das für den Zeitraum Januar 1999 bis Juni 1999 gezahlte Kindergeld in Höhe von 1 500 DM zurück. Das Finanzgericht (FG) hat der dagegen erhobenen Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 375 veröffentlichen Gründen stattgegeben.
Mit ihrer dagegen gerichteten Revision rügt die Familienkasse die Verletzung von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Tochter habe sich von Juli bis September in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befunden. Als Ausbildungsabschnitt im Sinne der Vorschrift seien nach der Gesetzeshistorik, nämlich der Vorläufervorschrift des § 2 Abs. 2 Satz 5 des Bundeskindergeldgesetzes i.d.F. bis Ende 1995, nicht nur Teile einer auf einen bestimmten Beruf gerichteten Ausbildung, wie z.B. bei der sog. Stufenausbildung, sondern auch volle, in sich geschlossene Ausbildungsgänge mit unterschiedlichem Berufsziel anzusehen (Hinweis auf Greite in Korn, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 32 Rz. 48). Die Ausbildung zur Bürokauffrau und das Studium des Wirtschaftsingenieurwesens beträfen zwar unterschiedliche Ausbildungswege, das sei jedoch bedeutungslos. Zudem könnten die Berufe der Bürokauffrau und der Wirtschaftsingenieurin durchaus als Teil eines erstrebten Berufsziels angesehen werden. Die Tochter habe geplant, mit dem Studium eine zusätzliche Qualifikation zu erwerben und damit auf ihre Erstausbildung aufzubauen. Eine Übergangszeit i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG sei auch dann gegeben, wenn das Kind eine Vollzeiterwerbstätigkeit ausübe. Die Ausübung einer Vollzeiterwerbstätigkeit könne auch nicht als sog. ungeschriebenes negatives Tatbestandsmerkmal in die genannte Regelung hineininterpretiert werden. Das Fehlen einer eigenen Versorgung möge zwar bei der Schaffung der Vorschrift eine Rolle gespielt haben, im Gesetzeswortlaut komme das indessen nicht zum Ausdruck (Hinweis auf FG Baden-Württemberg, EFG 2000, 570). Korrektiv sei vielmehr ausschließlich der Jahresgrenzbetrag. Wenn die Voraussetzungen für eine Übergangszeit im Sinne der Vorschrift vorlägen, seien die in diesem Zeitraum erzielten Einkünfte und Bezüge bei der Prüfung, ob der Jahresgrenzbetrag überschritten werde, zu berücksichtigen (Hinweis auf Greite in Korn, a.a.O., § 32 Rz. 49 a.E.). Die Tochter habe von Januar bis Mai insgesamt 6 170 DM an Einnahmen erzielt (Ausbildungsvergütung von 1 159 DM monatlich und im Mai ausgezahltes Urlaubsgeld von 375 DM). Der Monat Juni sei ein Kürzungsmonat, sodass die insoweit erzielten Einnahmen nicht zu berücksichtigen seien. Von Juli bis September habe die Tochter insgesamt 9 878,05 DM an Einnahmen erzielt. Abzüglich des Werbungskostenpauschbetrags von 2 000 DM beliefen sich die Einkünfte der Tochter auf insgesamt 14 048,03 DM. Damit sei der Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG, der im Jahr 1999 13 020 DM betragen habe, überschritten.
Die Familienkasse beantragt, das Urteil des FG des Landes Brandenburg vom 15. November 2000 6 K 420/00 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision ist unbegründet.
Die Tochter ist entgegen der Auffassung der Familienkasse in den Monaten Juli, August und September 1999 nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a oder b EStG zu berücksichtigen. Insoweit verweist der Senat auf das Urteil vom 19. Oktober 2001 VI R 39/00.
Ende der Entscheidung
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