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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 19.02.2004
Aktenzeichen: VI R 74/02
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 |
Gründe:
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist selbständiger Architekt in A. Daneben übt er seit 1992 eine nichtselbständige Tätigkeit als Dozent in B aus, wo er sich während der Vorlesungszeiten jeweils von Dienstag bis Donnerstag aufhält. In B hat der Kläger deshalb ein Einzimmerappartement angemietet.
Mit der --nach einer Schätzung im Klageverfahren eingereichten-- Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1997 machte der Kläger die Kosten (Miete und Strom) für das Appartement in B in Höhe von ... DM sowie Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von ... DM als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ einen Änderungsbescheid, in welchem es die genannten Aufwendungen nicht berücksichtigte. Der Kläger machte den Änderungsbescheid zum Gegenstand des Verfahrens und brachte vor, es müssten die Grundsätze für Reisen eines Unternehmers zwischen mehreren Betriebsstätten angewendet werden, wobei die Übernachtungskosten und Verpflegungsmehraufwendungen mit den bei doppelter Haushaltsführung in Betracht kommenden Beträgen anzusetzen seien.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Aufwendungen des Klägers seien nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht als Werbungskosten wegen einer doppelten Haushaltsführung zu berücksichtigen, weil der Kläger bereits seit 1992 einen doppelten Haushalt führe. Die zeitliche Begrenzung sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) verfassungsgemäß. Dienstreisegrundsätze könnten im Streitfall nicht angewandt werden, weil in Bezug auf die freiberufliche Tätigkeit in A ein beruflicher Anlass für eine Reise nach B nicht gegeben sei.
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung von Bundesrecht. Das FG habe die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG ohne nähere Prüfung auch bei Anwendung auf den Streitfall für verfassungsgemäß erklärt, obwohl er (der Kläger) durch die Nichtanerkennung der Aufwendungen in seinen Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt werde. Denn jedenfalls bei einer auf Grund zweier Beschäftigungsorte unvermeidbaren doppelten Haushaltsführung werde durch die Zweijahresfrist das Nettoprinzip durchbrochen, ohne dass es dafür sachliche Gründe gebe.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1997 dahin zu ändern, dass weitere Aufwendungen in Höhe von ... DM als Werbungskosten berücksichtigt werden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Mit Wirkung ab 1996 wurde der Abzug von Aufwendungen wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung bei einer Beschäftigung am selben Ort auf insgesamt zwei Jahre beschränkt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11. Oktober 1995, BGBl I 1995, 1250). Diese Regelung war mit dem GG unvereinbar, soweit sie fortlaufend verlängerte Abordnungen (sog. Kettenabordnungen) und beiderseits berufstätige Ehegatten betraf (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Dezember 2002 2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00, BStBl II 2003, 534). Als Reaktion darauf hat der Gesetzgeber im Steueränderungsgesetz 2003 (BGBl I 2003, 2645) die Zweijahresfrist aufgehoben und die bis 1995 geltende Regelung (einschließlich der Bestimmung, dass es auf die Gründe für die Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung nicht ankommt) wieder eingeführt. Die Neuregelung gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2003 sowie in allen noch "offenen" Fällen (§ 52 Abs. 12, Abs. 23 b EStG).
Da im Streitfall die Einkommensteuer noch nicht formell bestandskräftig festgesetzt ist, ist die Neufassung des Gesetzes anzuwenden, so dass es auf die zeitliche Begrenzung der doppelten Haushaltsführung nicht mehr ankommt. Das angefochtene Urteil, das auf der früheren Gesetzeslage beruht, war deshalb aufzuheben. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif. Das FG ist zwar offensichtlich davon ausgegangen, dass der Kläger einen doppelten Haushalt geführt hat. Es hat jedoch keine Feststellungen zur Höhe der geltend gemachten Aufwendungen getroffen. Dies wird es im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.
Ende der Entscheidung
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