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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 27.07.2004
Aktenzeichen: VI R 81/00
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen für eine Reise an den Gardasee Werbungskosten sind.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Studienrätin an einem Gymnasium. Sie unterrichtet die Fächer Englisch und Biologie. Mit der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1997 machte sie u.a. Aufwendungen für eine siebentägige Informationsreise an den Gardasee in Höhe von 974 DM als Werbungskosten geltend. Veranstalter der Reise war das Schulfahrtenzentrum der Deutschen Bahn. Nach einer von der Klägerin vorgelegten Bescheinigung handelte es sich um eine "Lehrerinformationsfahrt", die dem Zweck diente, "am Gardasee Zielorte für Klassenfahrten zu erkunden". Das teilweise vorgelegte Reiseprogramm weist den Ablauf der Reise wie folgt aus:

11. Oktober 1997: Anreise über Kufstein - Brenner nach Rovereto

12. Oktober 1997: Besichtigung der Hotels (Schülerunterkünfte) in Riva und Umgebung in der Zeit von 9.00 Uhr bis 11.00 Uhr, Rest des Tages zur freien Verfügung

13. Oktober 1997: Dolomitenrundfahrt

14. Oktober 1997: Tagesausflug nach Venedig

15. Oktober 1997: Gardaseerundfahrt

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erkannte die Kosten der Reise nicht an. Die dagegen gerichtete Klage war erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) entschied, dass die Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit anzuerkennen seien. Die Klägerin habe die Organisation und Planung einer Klassenfahrt an den Gardasee übernommen. Der Reise habe somit ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde gelegen. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 619 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Das FA beantragt, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben.

Die Klägerin tritt der Revision entgegen.

II. Die Revision des FA ist begründet. Das FG hat die Aufwendungen für die Reise an den Gardasee zu Unrecht als Werbungskosten anerkannt.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (vgl. etwa Urteil vom 28. November 1980 VI R 193/77, BFHE 132, 431, BStBl II 1981, 368) sind Werbungskosten über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG hinaus alle Aufwendungen, die durch die Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen veranlasst sind. Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn objektiv ein Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser steuerlich relevanten Tätigkeit gemacht werden.

2. Aufwendungen für eine Reise sind dann der beruflichen Sphäre zuzuordnen, wenn der Reise ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt (BFH-Urteil vom 21. November 1997 VI R 24/97, BFH/NV 1998, 449). Bildet hingegen die Verfolgung privater Reiseinteressen den Schwerpunkt der Reise, so sind die Aufwendungen der privaten Sphäre zuzuordnen. Als unmittelbaren beruflichen Anlass hat der erkennende Senat beispielsweise das Aufsuchen eines Geschäftsfreundes, das Halten eines Vortrages auf einem Fachkongress oder die Durchführung eines Forschungsauftrages angesehen (BFH-Urteil vom 27. August 2002 VI R 22/01, BFHE 200, 250, BStBl II 2003, 369, m.w.N.). Anders sind dagegen solche Reisen zu beurteilen, denen ein konkreter Bezug zur beruflichen Tätigkeit fehlt, wie das bei der Teilnahme an Gruppenreisen in der Regel der Fall ist, die an "beliebte Orte des Tourismus führen", einen "erheblichen persönlichen Erlebniswert haben" und eine "Erweiterung des allgemeinen Gesichtsfelds bewirken" (so der erkennende Senat zu Auslandsgruppenreisen in seinem Urteil vom 30. Juni 1995 VI R 22/91, BFH/NV 1996, 30).

3. Die Entscheidung des FG, die geltend gemachten Aufwendungen als Werbungskosten anzuerkennen, wird von den tatsächlichen Feststellungen des vorinstanzlichen Urteils nicht getragen. Der Umstand, dass die Klägerin die Reise zur Vorbereitung einer Klassenfahrt als sinnvoll erachtete, begründet im Streitfall noch keinen hinreichenden beruflichen Anlass. Das Programm der siebentägigen Reise unterscheidet sich --abgesehen von einer zweistündigen Besichtigung von Schülerunterkünften-- in keiner Weise von dem einer regulären, allgemeintouristisch geprägten Gruppenreise. Dass die Reise vom Schulfahrtenzentrum der Deutschen Bahn als "Lehrerinformationsfahrt" organisiert wurde, ändert hieran nichts. Eine spezifische Ausrichtung auf den Beruf der Klägerin ist weder aus dem vorgelegten Programm ersichtlich noch vom FG festgestellt worden. Es ist darüber hinaus auch weder vorgetragen noch festgestellt worden, dass bzw. in welcher Weise die von der Klägerin vor Ort gesammelten Erfahrungen für die spätere Klassenfahrt --konkret-- erforderlich waren bzw. diese geprägt hätten. Damit soll nicht in Frage gestellt werden, dass bei der Entscheidung der Klägerin, die Reise zu unternehmen, berufliche Überlegungen eine Rolle gespielt haben und dass die Reise zur Vorbereitung der Klassenfahrt in gewisser Weise hilfreich und möglicherweise sinnvoll gewesen sein mag. Dieser Aspekt tritt im Streitfall allerdings wegen des fehlenden Nachweises der konkreten beruflichen Veranlassung der Vorbereitungsfahrt in den Hintergrund, so dass ihm bei der steuerrechtlichen Einordnung der Reisekosten keine Bedeutung zukommt.

4. Die Sache ist spruchreif. Da der berufliche Aspekt der Reise im Streitfall vernachlässigt werden kann, ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen.



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