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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.07.2006
Aktenzeichen: VI R 94/01
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1 Satz 1
EStG § 12 Nr. 1 Satz 2
Dem Großen Senat wird folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

Können Aufwendungen für die Hin- und Rückreise bei gemischt beruflich (betrieblich) und privat veranlassten Reisen in abziehbare Werbungskosten (Betriebsausgaben) und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung nach Maßgabe der beruflich (betrieblich) und privat veranlassten Zeitanteile der Reise aufgeteilt werden, wenn die beruflich (betrieblich) veranlassten Zeitanteile feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind?


Gründe:

A.

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Ehegatten. Der Kläger, der früher auch in den USA berufstätig war, bezog als kaufmännischer Angestellter Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er war bis zum 30. Juni des Streitjahres 1994 bei einem im Bereich der Informationstechnologie tätigen Unternehmen beschäftigt. Am 1. Juli des Streitjahres trat der Kläger eine neue Arbeitsstelle als "EDV-Controller" bei einem Unternehmen der Versicherungsbranche an.

Der Kläger nahm --wie auch in den Vorjahren-- im Streitjahr an der Computer-Konferenz und Computer-Messe Comdex, die als Leitmesse der IT-Industrie galt, in Las Vegas teil. Im Jahr 1993 hatte der Kläger auf der Comdex auch einen Vortrag als Gastredner gehalten. Im Streitjahr flog der Kläger am Freitag, dem 11. November 1994, von Köln nach Las Vegas. Dort traf er noch am selben Tag gegen 16.30 Uhr ein. Die Comdex begann am Montag, dem 14. November, und endete am Donnerstag, dem 17. November. Fachveranstaltungen fanden von Montag bis Mittwoch in der Zeit von 10.30 Uhr bis 12.00 Uhr, von 12.30 Uhr bis 13.30 Uhr und von 14.00 Uhr bis 15.00 Uhr statt. Anschließend folgten in der Zeit von 15.30 Uhr bis 17.00 Uhr Fachdiskussionen. Am Donnerstag dauerten die Fachveranstaltungen von 9.00 Uhr bis 10.30 Uhr, von 11.00 Uhr bis 12.30 Uhr und von 13.00 Uhr bis 14.30 Uhr. Fachdiskussionen fanden am Donnerstag nicht mehr statt. Am Samstag, dem 19. November, flog der Kläger gegen 13.00 Uhr von Las Vegas zurück nach Köln, wo er am Sonntag, dem 20. November, gegen 13.50 Uhr eintraf.

Der Kläger wurde auf der Reise nicht von der Klägerin begleitet. Von seinem Arbeitgeber erhielt der Kläger für die Reise keinen Zuschuss. Der Arbeitgeber behandelte die Reise nicht als Arbeitszeit. Vielmehr musste der Kläger für die Reise seinen Urlaub in Anspruch nehmen.

Der Kläger machte Aufwendungen für die Reise in Höhe von 10 059 DM (5 143,09 €) als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Dieser Betrag setzte sich aus Flugkosten in Höhe von 6 233 DM (3 186,88 €), Flughafengebühren von 98 DM (50,11 €), Tagungsgebühren von 880 DM (449,94 €), Verpflegungsmehraufwand von 567 DM (289,90 €) und Hotelkosten für sechs Übernachtungen in Höhe von 2 281 DM (1 166,26 €) zusammen. Der Kläger trug vor, er habe die Aufwendungen zur Sicherung seines Arbeitsplatzes getätigt. Er habe an der Comdex teilgenommen, um auf dem neuesten Stand der Entwicklung im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung zu bleiben.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erkannte nur die Tagungsgebühren als Werbungskosten an.

Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 1186 veröffentlichten Gründen teilweise statt. Es berücksichtigte weitere Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 6 393 DM (3 268,69 €). Die Reise sei nicht nahezu ausschließlich beruflich veranlasst gewesen. Zwar hätten die Tage der An- und Abreise angesichts des weit entfernt liegenden Reiseziels auch nicht teilweise für touristische Unternehmungen zur Verfügung gestanden. Eine nicht auszuschließende private Mitveranlassung hinsichtlich der sieben verbleibenden Reisetage ergebe sich aber daraus, dass der Kläger für Freitag, den 18. November, die Teilnahme an beruflichen Fortbildungsveranstaltungen nicht nachgewiesen habe. Eine frühere Anreise als am Sonntag, dem 13. November, sei darüber hinaus aus beruflichen Gründen nicht geboten gewesen. Von den sieben Tagen des USA-Aufenthalts seien daher nur vier Tage einem eindeutigen, beruflichen Anlass zuzuordnen. Als Werbungskosten seien neben den Tagungsgebühren dementsprechend nur die Kosten für vier Übernachtungen in Höhe von 1 521 DM (777,67 €) und Verpflegungsmehraufwendungen für fünf Tage (Sonntag bis einschließlich Donnerstag) in Höhe von 375 DM (191,73 €) zu berücksichtigen. Die Flugkosten einschließlich der Flughafengebühren seien zu 4/7 als Werbungskosten anzuerkennen (3 618 DM, 1 849,85 €). Die Aufteilung dieser Kosten sei gerade in Fällen möglich, in denen --wie im Streitfall-- an einzelnen Tagen ganztägig berufliche Veranstaltungen stattgefunden hätten. Ein starres Aufteilungsverbot würde im vorliegenden Fall zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von § 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Das FG habe die Flugkosten in Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu Unrecht aufgeteilt und teilweise als Werbungskosten berücksichtigt. Soweit das FG Übernachtungskosten sowie Verpflegungsmehraufwendungen anerkannt habe, teile das FA allerdings die Rechtsauffassung der Vorinstanz. Hinsichtlich der Tagungsgebühren habe das FG jedoch übersehen, dass diese Kosten bereits durch das FA zum Abzug zugelassen worden seien.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuer unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 1 896 DM (969,41 €) festzusetzen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

B.

Stellungnahme des beschließenden Senats zu der vorgelegten Rechtsfrage

Der beschließende Senat bejaht die vorgelegte Rechtsfrage. Er hält das Urteil der Vorinstanz für zutreffend, soweit das FG die Kosten des Hin- und Rückflugs einschließlich der Flughafengebühren aufgeteilt und teilweise zu 4/7 als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt hat.

I.

Bisherige Rechtsprechung des BFH

1. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH liegen Werbungskosten vor, wenn zwischen den Aufwendungen und der jeweiligen Einkunftsart ein Veranlassungszusammenhang besteht (z.B. BFH-Beschlüsse vom 27. November 1978 GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213, 216; vom 28. November 1977 GrS 2-3/77, BFHE 124, 43, BStBl II 1978, 105; BFH-Urteil vom 1. Oktober 1982 VI R 192/79, BFHE 136, 488, BStBl II 1983, 17). Das ist bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der Fall, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Beruf zusammen hängen und subjektiv zu dessen Förderung getätigt werden (vgl. BFH-Urteile vom 5. August 2004 VI R 40/03, BFHE 207, 225, BStBl II 2004, 1074; vom 19. Februar 2004 VI R 135/01, BFHE 205, 220, BStBl II 2004, 958, und vom 28. November 1980 VI R 193/77, BFHE 132, 431, BStBl II 1981, 368, m.w.N.). Betriebsausgaben sind nach § 4 Abs. 4 EStG die durch den Betrieb veranlassten Aufwendungen.

2. Aufwendungen für Reisen sind demnach dann als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abziehbar, wenn sie durch den Beruf bzw. den Betrieb veranlasst sind. Ob dies zutrifft, ist durch die Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (z.B. BFH-Beschluss in BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213; BFH-Urteile vom 19. Dezember 2005 VI R 88/02, BFH/NV 2006, 730, und VI R 89/02, BFH/NV 2006, 934, sowie vom 16. Oktober 1986 VI R 138/83, BFHE 148, 262, BStBl II 1987, 208).

Der Abzug der Reisekosten setzt nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH voraus, dass die Reise ausschließlich oder nahezu ausschließlich der beruflichen/betrieblichen Sphäre zuzuordnen ist. Das ist zum einen der Fall, wenn der Reise ein unmittelbarer beruflicher bzw. betrieblicher Anlass zugrunde liegt (z.B. das Aufsuchen eines Geschäftsfreundes, das Halten eines Vortrages auf einem Fachkongress, die Durchführung eines Forschungsauftrages) und die Verfolgung privater Reiseinteressen nicht den Schwerpunkt der Reise bildet (vgl. hierzu BFH-Urteile vom 19. Dezember 2005 VI R 63/01, BFH/NV 2006, 728, und vom 27. August 2002 VI R 22/01, BFHE 200, 250, BStBl II 2003, 369, jeweils m.w.N.). Gleiches gilt, wenn die berufliche bzw. betriebliche Veranlassung bei weitem überwiegt und die Befriedigung privater Interessen, wie z.B. Erholung, Bildung und Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises, nach dem Anlass der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tatsächlichen Durchführung nicht ins Gewicht fällt und nur von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. BFH-Urteile vom 21. November 1997 VI R 24/97, BFH/NV 1998, 449; vom 23. Januar 1997 IV R 39/96, BFHE 182, 536, BStBl II 1997, 357; vom 21. August 1995 VI R 47/95, BFHE 179, 37, BStBl II 1996, 10; vom 18. Oktober 1990 IV R 72/89, BFHE 162, 316, BStBl II 1991, 92; vom 14. Juli 1988 IV R 57/87, BFHE 154, 312, BStBl II 1989, 19, und vom 15. Juli 1976 IV R 90/73, BFHE 120, 28, BStBl II 1977, 54). Anderenfalls sind die gesamten Reisekosten nicht abziehbar, soweit sich nicht ein durch den Beruf/Betrieb veranlasster Teil nach objektiven Maßstäben sicher und leicht abgrenzen lässt (BFH-Urteile vom 18. Juli 1997 VI R 10/97, BFH/NV 1998, 157; in BFHE 182, 536, BStBl II 1997, 357; vom 23. April 1992 IV R 27/91, BFHE 168, 254, BStBl II 1992, 898, und in BFHE 162, 316, BStBl II 1991, 92).

3. Zur Begründung beruft sich die vorgenannte Rechtsprechung im Wesentlichen auf § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG. Unter Hinweis auf die Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70 (BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17) und in BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213 entnimmt sie der Vorschrift des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG ein Aufteilungs- und Abzugsverbot für solche Reise-Aufwendungen, die der Lebensführung des Steuerpflichtigen dienen, auch wenn sie zur Förderung des Berufs erfolgen (z.B. BFH-Urteil vom 22. Januar 1993 VI R 64/91, BFHE 170, 528, BStBl II 1993, 612).

Nach der Auslegung, die § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG durch die Rechtsprechung des Großen Senats erfahren hat, verbietet diese Vorschrift zur Wahrung der steuerlichen Gerechtigkeit die Aufteilung und damit den Abzug von Aufwendungen, die sowohl der privaten Lebensführung dienen als auch den Beruf/Betrieb fördern. Es soll verhindert werden, dass Steuerpflichtige durch eine mehr oder weniger zufällige oder bewusst herbeigeführte Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen Aufwendungen für ihre Lebensführung nur deshalb zum Teil in einen einkommensteuerrechtlich relevanten Bereich verlagern können, weil sie einen entsprechenden Beruf haben, während andere Steuerpflichtige gleichartige Aufwendungen aus versteuertem Einkommen decken müssen (BFH-Beschluss in BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17).

Die Rechtsprechung des BFH hat das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG allerdings seit jeher einschränkend dahin ausgelegt, dass es nicht anzuwenden ist, wenn und soweit sich der dem Beruf dienende Teil der Aufwendungen nach objektiven Maßstäben mit Sicherheit und leicht --gegebenenfalls im Wege der Schätzung-- abgrenzen lässt (vgl. bereits BFH-Urteil vom 13. März 1964 IV 158/61 S, BFHE 79, 605, BStBl III 1964, 455, m.w.N. auf die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Obersten Finanzgerichtshofs). An dieser Rechtsprechung hat der Große Senat des BFH ausdrücklich festgehalten (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17 unter II. 6. der Gründe). Der Große Senat hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass das Aufteilungsverbot seinem Sinn und Zweck nach (Gerechtigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung) in denjenigen Fällen nicht anzuwenden ist, in denen eine gerechte und der Sachlage entsprechende Aufteilung nach objektiven und leicht nachprüfbaren Maßstäben möglich erscheint.

Hiervon ausgehend hat der BFH z.B. eine Aufteilung für zulässig erachtet bei Kfz-Kosten (BFH-Beschluss in BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17), bei Telefonkosten (BFH-Urteil vom 21. November 1980, VI R 202/79, BFHE 132, 63, BStBl II 1981, 131), Kosten für eine Haushaltsgehilfin (BFH-Urteil vom 8. November 1979, IV R 66/77, BFHE 129, 134, BStBl II 1980, 117), Kosten für Waschmaschine und Heimbügler (BFH-Urteile in BFHE 79, 605, BStBl III 1964, 455; und vom 25. Oktober 1985 III R 173/80, BFH/NV 1986, 281), Kosten für einen Kühlschrank (BFH-Urteil vom 9. Oktober 1963 I 397/60, Steuerrechtsprechung in Karteiform --StRK-- EStG, § 4, Rechtsspruch 607), Prämien für eine Reisegepäckversicherung (BFH-Urteil vom 19. Februar 1993, VI R 42/92, BFHE 170, 560, BStBl II 1993, 519), für eine kombinierte Familien- und Verkehrs-Rechtsschutzversicherung (BFH-Urteil vom 31. Januar 1997 VI R 97/94, BFH/NV 1997, 346), Verpflegungsmehraufwendungen (BFH-Urteil vom 23. April 1982, VI R 30/80, BFHE 135, 515, BStBl II 1982, 500, m.w.N.), bei abgrenzbaren, zusätzlichen Aufwendungen einer Gruppenreise (BFH-Beschluss in BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213), bei Kontokorrentzinsen (BFH-Beschluss vom 4. Juli 1990, GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817) sowie bei Aufwendungen für eine teils selbst genutzte und teils an wechselnde Feriengäste vermietete Ferienwohnung (vgl. BFH-Urteile vom 6. November 2001 IX R 97/00, BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726, und vom 15. Oktober 2002 IX R 58/01, BFHE 200, 377, BStBl II 2003, 287).

Für die Kosten der An- und Abreise bei gemischt veranlassten Reisen ist die bisherige Rechtsprechung des BFH allerdings davon ausgegangen, dass sie nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden können. Es handele sich bei diesen Kosten nicht um eindeutig abgrenzbare, beruflich bzw. betrieblich veranlasste Aufwendungen (BFH-Urteile in BFH/NV 1998, 157; in BFHE 168, 254, BStBl II 1992, 898; vom 28. Oktober 1976 IV R 35/76, BFHE 121, 35, BStBl II 1977, 238, und vom 5. Dezember 1968 IV R 46/67, BFHE 94, 484, BStBl II 1969, 235; BFH-Beschluss vom 30. Dezember 1996 VI B 139/96, BFH/NV 1997, 290; vgl. auch BFH-Urteil vom 18. Mai 2005 VIII R 43/03, BFH/NV 2005, 2174).

II.

Auffassungen im Schrifttum

Im steuerrechtlichen Schrifttum ist die Rechtsprechung des BFH zum Aufteilungs- und Abzugsverbot auf breite Ablehnung gestoßen (z.B. Schmidt/Drenseck, EStG, 25. Aufl., § 12 Rz. 14; Nolde in Herrmann/Heuer/Raupach, § 12 EStG Anm. 66; Arndt, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff --K/S/M--, EStG, § 12 Rdnr. A 95 ff; Dürr in Frotscher, EStG, § 12 Rz. 34; Blümich/Lindberg, § 12 EStG Rz. 47 ff; Söhn, Die Abgrenzung der Betriebs- oder Berufssphäre von der Privatsphäre im Einkommensteuerrecht, Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft --DStJG-- 1980, Bd. 3, S. 12, 49 ff.; Wissenschaftlicher Beirat des Fachbereichs Steuern bei der Ernst & Young AG, Betriebsberater --BB-- 2004, 1024; Offerhaus, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2005, 446, jeweils m.w.N.). Es wird geltend gemacht, weder aus dem Wortlaut noch aus der Entstehungsgeschichte des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG lasse sich ein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot ableiten (z.B. Drenseck, Der Betrieb --DB-- 1987, 2483). Das Aufteilungsverbot widerspreche den Grundsätzen der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit, steuerlicher Gerechtigkeit und steuerlicher Gleichbehandlung. Das objektive Nettoprinzip verlange die steuerliche Abziehbarkeit von Aufwendungen, die wesentlich durch eine Erwerbshandlung und zugleich durch die Lebensführung veranlasst seien (Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl., 2005, § 9 Rz. 245).

Bezüglich der Aufwendungen für die Hin- und Rückreise bei gemischt beruflich/betrieblich und privat veranlassten Reisen wird im Schrifttum ganz überwiegend eine Aufteilung nach dem Verhältnis der beruflich/betrieblich und privat veranlassten Zeitanteile der Reise befürwortet (vgl. Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 12 Rz. 15; Dürr in Frotscher, a.a.O., § 12 Rz. 64; Drenseck, in Festschrift für Klaus Offerhaus, 1999, S. 497, 508; Offerhaus, DStR 2005, 446, 449; Wissenschaftlicher Beirat des Fachbereichs Steuern bei der Ernst & Young AG, BB 2004, 1024, 1030; Scheich, DStR 1997, 905; a.A. Söhn, a.a.O., S. 58). Es sei sachgerecht, die für den beruflichen/betrieblichen und den privaten Reiseteil entstandenen Aufwendungen der Hin- und Rückreise typisierend nach dem Verhältnis der jeweiligen Reisedauer aufzuteilen. Dies sei in gleicher Weise zutreffend wie die steuerliche Berücksichtigung der Telefongrundgebühren nach dem Maßstab der einerseits beruflich/betrieblich und andererseits privat veranlasst ausgehenden Telefongespräche bzw. der fixen Kosten bei einem Kontokorrentkonto.

III.

Auffassung des beschließenden Senats

Der vorlegende Senat ist nach erneuter Überprüfung der Rechtsfrage der Auffassung, dass bei gemischt veranlassten Reisen auch die Kosten der An- und Abreise grundsätzlich eindeutig abgrenzbare, beruflich/betrieblich (mit-)veranlasste Aufwendungen sind, bei denen eine der Sachlage entsprechende Aufteilung nach objektiven und leicht nachprüfbaren Maßstäben in der Regel möglich ist. Er hält an seiner insbesondere in den Urteilen in BFHE 179, 37, BStBl II 1996, 10, und in BFH/NV 1998, 449 vertretenen, entgegenstehenden Auffassung nicht mehr fest.

1. Die Einkommensbesteuerung knüpft an das aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) abgeleitete Prinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit an (z.B. Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 21. Juni 2006 2 BvL 2/99, DStR 2006, 1316; vom 4. Dezember 2002 2 BvR 400/98 und 1735/00, BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534; vom 23. Januar 1990 1 BvL 4, 5, 6, 7/87, BVerfGE 81, 228, BStBl II 1990, 483; BVerfG-Urteil vom 3. November 1982 1 BvR 620/78, 1335/78, 1104/79, 363/80, BVerfGE 61, 319, BStBl II 1982, 717, jeweils m.w.N.). Daraus ergibt sich vor allem das Prinzip der Nettobesteuerung des Einkommens, wonach bei den hier in Frage kommenden Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der Einkommensteuer gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG nur der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten unterliegt und grundsätzlich alle beruflich veranlassten Aufwendungen auch Werbungskosten darstellen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 2. Oktober 1969 1 BvL 12/68, BVerfGE 27, 58, BStBl II 1970, 140). Andererseits dürfen Aufwendungen für die private Lebensführung bei der Einkünfteermittlung generell nicht als Werbungskosten in Abzug gebracht werden.

Die folgerichtige Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung erfordert ein Aufteilungs- und Abzugsverbot nur bei tatsächlich unteilbaren Aufwendungen in dem Sinne, dass die unterschiedlichen beruflichen/betrieblichen und privaten Veranlassungszusammenhänge der (einheitlichen) Aufwendung objektiv nicht quantifizierbar sind, weil sachgerechte, objektive Aufteilungskriterien fehlen. Eine darüber hinausgehende Anwendung des Aufteilungs- und Abzugsverbots auf Fälle gemischt veranlasster Aufwendungen, die dazu führt, dass auch eindeutig beruflich/betrieblich (mit-)veranlasste Aufwendungen nicht abgezogen werden können, wird dem Gebot einer hinreichend folgerichtigen Bestimmung und Erfassung der finanziellen Leistungsfähigkeit dagegen nicht gerecht. Denn ein abgrenzbarer, beruflich/betrieblich veranlasster Aufwendungsteil ist als solcher Werbungskosten/Betriebsausgaben, so dass die Nichtabziehbarkeit dieses Aufwendungsteils dem Grundsatz der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und der steuerlichen Gerechtigkeit widerspricht.

Ein sachlich rechtfertigender Grund für eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips bei gemischt veranlassten Aufwendungen kann insbesondere nicht darin gefunden werden, dass der beruflich/betrieblich veranlasste Aufwendungsteil mit einem privat veranlassten Aufwendungsteil in Zusammenhang steht. Denn wenn die Aufwendung nach objektiven Kriterien in einen beruflichen/betrieblichen und eine privaten Teil aufteilbar ist, lässt sich die durch den beruflich/betrieblich veranlassten Aufwendungsteil eingetretene Minderung der finanziellen Leistungsfähigkeit ohne weiteres quantifizieren. Der Grundsatz hinreichender Folgerichtigkeit einkommensteuerrechtlicher Belastungsentscheidungen (vgl. dazu BVerfG-Beschlüsse in DStR 2006, 1316; BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534) verlangt dann aber, dass diese Minderung der finanziellen Leistungsfähigkeit steuerlich auch berücksichtigt wird.

Nach der Rechtsprechung des BFH dient das Aufteilungs- und Abzugsverbot in erster Linie der Steuergerechtigkeit (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17). Diesem Zweck wird das Aufteilungs- und Abzugsverbot in den Fällen gerecht, in denen es verhindert, dass Steuerpflichtige privat veranlasste Aufwendungen als Werbungskosten/Betriebsausgaben abziehen können. Steuerliche Gerechtigkeit wird aber nicht erreicht, wenn das Aufteilungs- und Abzugsverbot bewirkt, dass auch beruflich/betrieblich (mit-)veranlasste Aufwendungen vollständig vom Abzug ausgeschlossen werden, obwohl sie objektiv in einen beruflichen/betrieblichen und privaten Teil aufteilbar sind.

2. Der Senat hat für die Einnahmenseite bereits mit Urteil vom 18. August 2005 VI R 32/03 (BFHE 210, 420, BStBl II 2006, 30) entschieden, dass die Zuwendung einer gemischt veranlassten Reise grundsätzlich nicht einheitlich beurteilt werden muss. Das vorgenannte Urteil betraf zwar die Aufteilung einer Reise in Arbeitslohn und Zuwendungen im betrieblichen Eigeninteresse. Die Grundsätze, die der beschließende Senat dort zur Aufteilbarkeit gemischt veranlasster Reisen aufgestellt hat, sind jedoch im Wesentlichen auf die Aufteilbarkeit gemischt veranlasster Reiseaufwendungen in Werbungskosten und Aufwendungen für die Lebensführung übertragbar.

Der BFH hat in dem Urteil in BFHE 210, 420, BStBl II 2006, 30 die Aufteilung in Arbeitslohn und Zuwendungen im betrieblichen Eigeninteresse anhand der Kosten vorgenommen, die der Arbeitgeber für die Reise aufgewendet hat. Für die Aufteilung der Kosten, die sich weder eindeutig dem betriebsfunktionalen Bereich noch dem Bereich mit Vorteilscharakter zuordnen ließen, hat der BFH als sachgerechten Aufteilungsmaßstab das Verhältnis der Zeitanteile herangezogen, in dem Reise-Bestandteile mit Vorteilscharakter zu den aus betriebsfunktionalen Gründen durchgeführten Reise-Bestandteilen standen. Zu den so aufteilbaren Kosten rechnete der BFH auch die Kosten des Hin- und Rückflugs. Das BFH-Urteil in BFHE 210, 420, BStBl II 2006, 30 verdeutlicht, dass eine Aufteilung von Reiseaufwendungen zwanglos möglich und ein sachgerechter Aufteilungsmaßstab vorhanden ist.

3. Eine Reise setzt sich im Regelfall aus einer Vielzahl einzelner Reisebestandteile zusammen. Hierzu gehören z.B. Unterbringung, Verpflegung und die im Streitfall interessierende An- und Abreise.

Den einzelnen Reisebestandteilen sind regelmäßig --und so auch im Streitfall hinsichtlich des Hin- und Rückflugs-- bestimmte Aufwendungen einzeln zurechenbar. Hiervon ist die Rechtsprechung des BFH im Grundsatz schon bisher ausgegangen. So hat der BFH --selbst bei einer insgesamt als privat gewürdigten Reise-- z.B. einen Geschäftsbesuch bei einem Vertragspartner oder die Teilnahme an einem Kongress als abgrenzbare Reiseteile angesehen und die hierfür entstandenen Aufwendungen von den übrigen Reisekosten abgegrenzt (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213 unter C. IV. 2. der Gründe). Ebenso hat der BFH bei einer gemischt veranlassten Reise hinsichtlich berufsbezogener Besuche und Besprechungen mit Berufskollegen entschieden und die beruflich veranlassten Aufwendungen für diese Reisebestandteile als abziehbar anerkannt (BFH-Urteil in BFHE 162, 316, BStBl II 1991, 92). Desgleichen hat der BFH im Fall einer Reise, bei der der Steuerpflichtige die Teilnahme an einer beruflichen Fortbildungsveranstaltung mit einem vorangegangenen Erholungsurlaub verbunden hatte, die Kosten für die Dauer des Aufenthalts während der Fortbildungsveranstaltung als von den übrigen Reisekosten abgrenzbar angesehen und zum Abzug zugelassen (BFH-Urteil in BFHE 168, 254, BStBl II 1992, 898). Der Aufteilung einer Reise in die einzelnen Reisebestandteile steht auch nicht entgegen, dass die Reiseteile zeitlich und organisatorisch aufeinander aufbauen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 210, 420, BStBl II 2006, 30).

4. Im Hinblick auf die hier zu beurteilenden Aufwendungen für die An- und Abreise bei gemischt veranlassten Reisen ist davon auszugehen, dass diese Kosten grundsätzlich ebenfalls gemischt veranlasst sind. Denn An- und Abreise dienen sowohl den beruflichen/betrieblichen als auch den der Lebensführung zuzurechnenden Reisezwecken. Die ausschließliche Zurechnung der An- und Abreisekosten zu den ausschließlich beruflich/betrieblich bzw. privat veranlassten Reiseaufwendungen scheidet bei gemischt veranlassten Reisen folglich regelmäßig aus. Da es die Rechtsprechung des BFH --wie oben bereits dargelegt wurde-- selbst bei privat veranlassten Reisen zulässt, zusätzliche berufliche/betriebliche Aufwendungen einkommensteuerrechtlich zum Abzug zu bringen, kann bei gemischt veranlassten Reisen die berufliche/betriebliche (Mit-)Veranlassung der Aufwendungen für die Hin- und Rückreise auch nicht deshalb in Frage gestellt werden, weil die Reise neben der Durchführung beruflicher/betrieblicher Tätigkeiten zusätzlich der Verwirklichung privater Reiseinteressen dient.

5. Als Maßstab für die Aufteilung der gemischt veranlassten An- und Abreisekosten ist grundsätzlich das Verhältnis der beruflich/betrieblich und privat veranlassten Zeitanteile der Reise heranzuziehen. Der Senat hat bereits in seinem Urteil in BFHE 210, 420, BStBl II 2006, 30 bei gemischt veranlassten Reisen eine Aufteilung der Flug- bzw. Fahrtkosten nach dem Verhältnis dieser Zeitanteile als sachgerecht angesehen. Ein solcher Aufteilungsmaßstab führt nicht nur für die Aufteilung der An- und Abreisekosten auf der Einnahmen-Seite, sondern auch für die entsprechende Aufteilung dieser Aufwendungen auf der Ausgaben-Seite zu sachgerechten Ergebnissen.

a) Die betrieblich/beruflich und privat veranlassten Zeitanteile einer Reise sind objektive Aufteilungskriterien. Denn es ist objektiv feststellbar, wie lange eine Reise insgesamt dauerte, welche Tätigkeiten der Steuerpflichtige während der Reise unternahm und welche Zeitanteile auf die jeweiligen Tätigkeiten entfielen. Es ist deshalb auch nicht zu befürchten, dass Steuerpflichtige bei einer Aufteilung nach dem vom Senat befürworteten Aufteilungsmaßstab unter Verstoß gegen das Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit in ungerechtfertiger Weise Aufwendungen für die Lebensführung in den einkommensteuerrechtlich relevanten Bereich verlagern können. Vielmehr wird in Übereinstimmung mit dem objektiven Nettoprinzip erreicht, dass die Aufwendungen für die An- und Abreise in dem Umfang als Erwerbsaufwendungen (Werbungskosten/Betriebsausgaben) Berücksichtigung finden, in dem sie tatsächlich zur Ausübung der einkommensteuerrechtlich relevanten beruflichen/ betrieblichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen beigetragen haben.

Die beruflich/betrieblich und privat veranlassten Zeitanteile einer Reise sind als Aufteilungsmaßstab in gleicher Weise geeignet wie die beruflich/betrieblich und privat veranlassten Telefongespräche zur Aufteilung der Telefongrundgebühr oder die beruflich/betrieblich und privat gefahrenen Kilometer zur Aufteilung der Kraftfahrzeugkosten. Wie oben bereits dargelegt wurde, lässt der BFH insbesondere bei der Telefongrundgebühr und den Kraftfahrzeugkosten --sowie in zahlreichen weiteren Fällen-- eine Aufteilung der gemischt veranlassten Aufwendungen zu. Eine Aufteilung von Aufwendungen nach Zeitanteilen hat die neuere Rechtsprechung des BFH darüber hinaus bei gemischt genutzten Ferienwohnungen zur Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ausdrücklich anerkannt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726).

b) Der Große Senat hat zu den Ausnahmen vom Aufteilungs- und Abzugsverbot darauf hingewiesen, dass aus Gründen der steuerlichen Gerechtigkeit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung das Aufteilungs- und Abzugsverbot "seinem Sinn und Zweck nach in denjenigen Fällen nicht anzuwenden (ist), in denen eine gerechte und der Sachlage entsprechende Aufteilung nach objektiven und leicht nachprüfbaren Maßstäben möglich erscheint und eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, wenn überhaupt, nur in sehr beschränktem Umfang zu befürchten ist" (BFH-Beschluss in BFHE 100, 309, 317, BStBl II 1971, 17 unter II. 6. der Gründe). Mit diesen Grundsätzen steht die Aufteilung der Aufwendungen für die An- und Abreise bei gemischt veranlassten Reisen in Einklang. Es ist deshalb folgerichtig, die Aufteilung der An- und Abreisekosten zuzulassen.

Der Große Senat wollte eine Ausdehnung der Ausnahmen vom Aufteilungs- und Abzugsverbot nur in den Fällen vermeiden, "in denen eine Aufteilung nur im Wege der griffweisen Schätzung im allgemeinen nach den Angaben des Steuerpflichtigen möglich wäre und keine objektiven, leicht nachprüfbaren Maßstäbe vorhanden sind" (BFH-Beschluss in BFHE 100, 309, 317, BStBl II 1971, 17 unter II. 6. der Gründe). Eine solche Fallgestaltung liegt hier jedoch nicht vor. Denn mit dem Verhältnis der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile ist ein objektiver und nachprüfbarer Aufteilungsmaßstab vorhanden.

Soweit der Große Senat in dem Beschluss in BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213 ausgeführt hat, eine Aufteilung teils beruflich, teils privat veranlasster Aufwendungen sei selbst dann ausgeschlossen, wenn die Aufteilung "wenigstens theoretisch in quantitativ messbare Abschnitte" möglich wäre, der Umfang der einzelnen Teile an einer Reise aber nicht feststellbar und nicht nach objektiven Maßstäben nachprüfbar sei, ist auf Folgendes hinzuweisen: Sofern im Einzelfall bei einer Reise tatsächlich nicht feststellbar ist, in welchem Umfang der Steuerpflichtige während der Reise beruflich/betrieblich und privat tätig geworden ist, kommt auch eine Aufteilung der Reise-Aufwendungen nicht in Betracht. Die in einem solchen Fall lediglich theoretisch vorhandene Möglichkeit der Aufteilung der Aufwendungen nach Zeitanteilen reicht nicht aus, um die Aufteilung in einer derartigen Konstellation zu gestatten. Hierdurch wird die Aufteilbarkeit der Reise-Aufwendungen nach den beruflich/betrieblich und privat veranlassten Zeitanteilen grundsätzlich aber nicht in Frage gestellt.

Der Steuerpflichtige, der den Abzug der Reiseaufwendungen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben begehrt, muss hierzu substantiiert darlegen, an welchen Tagen und in welchem zeitlichen Umfang er während der Reise beruflich bzw. betrieblich veranlasst tätig geworden ist. Ebenso ist ein substantiierter Vortrag des Steuerpflichtigen zum Inhalt der während der Reise tatsächlich ausgeübten beruflichen/betrieblichen Tätigkeiten erforderlich. Der Steuerpflichtige hat dies in dem erforderlichen Umfang nachzuweisen. Die allgemeine Feststellung, der Steuerpflichtige sei auf einer Reise auch beruflich/betrieblich tätig geworden, reicht für die Aufteilbarkeit der Reiseaufwendungen demgemäß nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass die beruflich (betrieblich) veranlassten Zeitanteile der Reise feststehen. Dabei obliegt die Feststellung dieser Zeitanteile in erster Linie dem FG als Tatsacheninstanz. Das FG hat zu den beruflich (betrieblich) veranlassten Zeitanteilen konkrete und revisionsrechtlich nachprüfbare tatsächliche Feststellungen zu treffen.

c) Eine Aufteilung der Aufwendungen für die Hin- und Rückreise bei gemischt veranlassten Reisen kommt nach Auffassung des vorlegenden Senats außerdem nur dann in Betracht, wenn die beruflich/betrieblich veranlassten Zeitanteile gegenüber den privat veranlassten Zeitanteilen ins Gewicht fallen. Die Rechtsprechung des BFH hat die Aufteilung gemischt veranlasster Aufwendungen schon bisher stets davon abhängig gemacht, dass der berufliche/betriebliche Nutzungsanteil nicht von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. BFH-Beschlüsse in BFHE 100, 309, 317, BStBl II 1971, 17, und in BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213). An dieser --nahezu unstreitigen-- Abgrenzung ist weiterhin festzuhalten. Auf der einen Seite bejaht der BFH in ständiger Rechtsprechung den vollständigen Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug von Reiseaufwendungen, wenn die berufliche bzw. betriebliche Veranlassung bei weitem überwiegt und die Befriedigung privater Interessen nicht ins Gewicht fällt. Auf der anderen Seite sind die Aufwendungen für eine Reise --ohne Aufteilung-- vollständig der privaten Lebensführung zuzurechnen, wenn die Reise weitaus überwiegend für private Aktivitäten genutzt wird. Weder untergeordnete berufliche/betriebliche noch private Tätigkeiten während einer Reise können daher eine Aufteilung der Reiseaufwendungen in einen beruflichen/betrieblichen und privaten Teil rechtfertigen. Dies folgt nicht nur aus Gründen der Praktikabilität. Die Ausgrenzung unwesentlicher beruflicher bzw. betrieblicher und privater Mitveranlassung ist auch deshalb gerechtfertigt, weil bei wertender Betrachtung eine unwesentliche Mitveranlassung schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit für die steuerliche Abziehbarkeit der Aufwendungen grundsätzlich keine Rolle spielen darf (vgl. Arndt, in: K/S/M, EStG, § 12 Rdnr. A 66; Dürr in Frotscher, a.a.O., § 12 Rz. 42 a; Offerhaus, BB 1979, 667, 668).

Ob im Einzelfall die beruflich/betrieblich veranlassten Zeitanteile einer Reise nicht nur von untergeordneter Bedeutung sind, ist im Wesentlichen eine Frage der tatrichterlichen Würdigung, die grundsätzlich dem FG obliegt (vgl. BFH-Urteil vom 25. September 1992 VI R 109/87, BFHE 169, 176, BStBl II 1993, 106; BFH-Beschluss vom 26. Januar 2001 VI B 210/00, BFH/NV 2001, 809). Aufgabe des BFH ist es jedoch, zum Zwecke einer möglichst einheitlichen Rechtsanwendung Kriterien zu bilden, die für die Annahme sprechen, dass die beruflich/betrieblich veranlassten Zeitanteile nicht nur von untergeordneter Bedeutung sind.

Im Schrifttum wird vielfach die Auffassung vertreten, eine untergeordnete Bedeutung liege nicht mehr vor, wenn der Zusammenhang mit der Einkünfteerzielung bzw. mit der Lebensführung mindestens 10 v.H. betrage (vgl. Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 12 Rz. 12; Dürr in Frotscher, a.a.O., § 12 Rz. 42a; Seiler in Kirchhof, EStG, 6. Aufl., § 12 Rn. 5). Der BFH hat einen privaten Nutzungsanteil von 15 v.H. (BFH-Urteil vom 21. November 1986 VI R 137/83, BFHE 148, 469, BStBl II 1987, 262) bzw. 20 v.H. (BFH-Urteil vom 26. Juli 1989 X R 7/87, BFH/NV 1990, 441) als nicht mehr von untergeordneter Bedeutung beurteilt. Auch bei gemischt veranlassten Reisen wird im Regelfall ein beruflich/betrieblich bzw. privat veranlasster Zeitanteil von mindestens 15 v.H. nicht als unerheblich einzustufen sein. Dies ist jedoch keine starre Grenze. Maßgeblich sind stets die Umstände des Einzelfalls. Bei der Würdigung, ob die betrieblich/ beruflich bzw. privat veranlassten Zeitanteile ins Gewicht fallen, sind insbesondere Anlass und Charakter der Reise, das vorgesehene Programm sowie dessen tatsächliche Durchführung zu berücksichtigen.

C.

Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Rechtsfrage

Die dem Großen Senat vorgelegte Rechtsfrage ist für das vom vorlegenden Senat in Aussicht genommene Urteil entscheidungserheblich.

I.

Entscheidung im Fall der Bejahung der Vorlagefrage

Bejaht man die Vorlagefrage, so sind auf die Revision des FA unter Aufhebung des FG-Urteils und Abänderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung weitere Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 5 514 DM (2 819,25 €) zu berücksichtigen.

1. Die vom FG vorgenommene Aufteilung der Aufwendungen für den Hin- und Rückflug nach Las Vegas einschließlich der Flughafengebühren ist bei Bejahung der Vorlagefrage revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies ergibt sich aus folgenden Gründen:

Nach den vom FA nicht angegriffenen Feststellungen des FG ist im Streitfall davon auszugehen, dass die Reise des Klägers nach Las Vegas sowohl beruflich als auch privat veranlasst war.

a) Einen unmittelbaren, beruflichen Anlass für die Reise, wie z.B. das Halten eines Vortrags auf einem Kongress (vgl. dazu BFH-Urteile in BFH/NV 2006, 728; in BFHE 200, 250, BStBl II 2003, 369; in BFHE 200, 250, BStBl II 2003, 369, und in BFH/NV 1998, 157), hat das FG nicht festgestellt. Ein solcher Anlass wurde von den Klägern auch nicht geltend gemacht.

b) Das FG hat allerdings angenommen, der Kläger habe an der Comdex aus beruflichen Gründen teilgenommen. Diese Würdigung des FG, gegen die das FA keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen vorgebracht hat, ist im Streitfall möglich. Sie verstößt weder gegen Denkgesetze noch Erfahrungssätze, so dass der Senat hieran gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden ist. Ausgehend hiervon ist auch die rechtliche Würdigung der Vorinstanz, die Reise sei durch die Berufstätigkeit des Klägers (mit-)veranlasst, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn Maßnahmen, die dazu dienen, sich im beruflichen Bereich auf dem Laufenden zu halten oder sich beruflich zu bilden, sind nach der Rechtsprechung des BFH beruflich veranlasst (z.B. BFH-Urteile vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, und vom 27. Mai 2003 VI R 85/02, BFH/NV 2004, 167, jeweils m.w.N.).

c) Von Rechts wegen begegnet auch die Würdigung des FG, die Reise des Klägers sei privat (mit-)veranlasst, keinen durchgreifenden Bedenken. Ohne Rechtsverstoß hat das FG die private (Mit-)Veranlassung aus der Tatsache abgeleitet, dass dem Kläger an drei von sieben Reisetagen ausreichend Gelegenheit verblieb, die in Las Vegas gebotenen Freizeitmöglichkeiten zu nutzen. Nach der Rechtsprechung des BFH kann es für die private Veranlassung sprechen, wenn eine Reise, der kein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt, dem Steuerpflichtigen hinreichend Zeit zur Verfolgung privater Interessen lässt (BFH-Urteile vom 12. September 1996 IV R 36/96, BFH/NV 1997, 219; vom 2. März 1995 IV R 54/94, BFH/NV 1995, 1052, und vom 15. März 1990 IV R 60/88, BFHE 160, 313, BStBl II 1990, 736).

d) Hiernach ist revisionsrechtlich von einer gemischt veranlassten Auslandsreise auszugehen, bei der nach den tatsächlichen Feststellungen des FG an vier von sieben Reisetagen berufliche Tätigkeiten in einem solchen Umfang stattfanden, dass an diesen Tagen daneben private Lebensinteressen nicht in nennenswertem Umfang befriedigt werden konnten.

Damit sind nach den oben dargelegten Grundsätzen auch die hier zu beurteilenden Aufwendungen für den Hin- und Rückflug gemischt beruflich und privat veranlasst (vgl. oben B. III. 4.). Bei Bejahung der vorgelegten Rechtsfrage ist folglich eine Aufteilung der gemischt veranlassten Flugkosten vorzunehmen. Denn die beruflich veranlassten Zeitanteile der Reise stehen fest; sie sind auch nicht von untergeordneter Bedeutung. Das FG hat mit dem Verhältnis der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile der Reise einen zutreffenden Aufteilungsmaßstab herangezogen. Hiernach sind 4/7 der Aufwendungen für den Hin- und Rückflug nach Las Vegas einschließlich der Flughafengebühren, also 3 618 DM (1 849,85 €), als Werbungskosten abziehbar.

2. Des Weiteren hat das FG die Hotelkosten für vier Übernachtungen (1 521 DM, 777,67 €) sowie Verpflegungsmehraufwendungen für fünf Tage (375 DM, 191,73 €) zu Recht als Werbungskosten anerkannt. Insoweit wird das FG-Urteil von der Revision auch nicht angefochten. Den Abzug der Hotelkosten und der Verpflegungsmehraufwendungen für die weiteren Tage, für die der Kläger keine berufliche Veranlassung nachgewiesen hat, hat das FG demgegenüber zutreffend versagt. Diesbezüglich haben die Beteiligten im Revisionsverfahren ebenfalls keine Einwendungen gegen die Vorentscheidung erhoben.

Dem FG ist darin zuzustimmen, dass die Hotelkosten und die Verpflegungsmehraufwendungen in dem durch die Vorinstanz anerkannten Umfang Werbungskosten waren. Dem Werbungskostenabzug der auf die Zeit des Fachkongresses entfallenden Übernachtungs- und Verpflegungsmehraufwendungen steht nicht entgegen, dass sich der Kläger vor Beginn der Comdex und nach deren Ende insgesamt drei Tage privat in Las Vegas aufhielt. Denn nach der oben ausführlich dargestellten Rechtsprechung des BFH können auch bei nicht insgesamt als beruflich veranlasst anzusehenden Auslandsreisen eindeutig abgrenzbare, beruflich veranlasste Aufwendungen einschließlich der durch den beruflichen Anlass verursachten Übernachtungs- und Verpflegungsmehraufwendungen abgezogen werden (BFH-Urteil in BFHE 168, 254, BStBl II 1992, 898).

3. Hinsichtlich der nach den vorgenannten Grundsätzen weiterhin als Werbungskosten anzuerkennenden Tagungsgebühren rügt das FA allerdings zu Recht, dass diese Aufwendungen bereits in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid zum Abzug zugelassen worden waren. Das FG durfte die Tagungsgebühren folglich nicht nochmals als Werbungskosten abziehen. Deshalb muss die Revision des FA auch bei Bejahung der Vorlagefrage zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur anderweitigen Steuerfestsetzung führen.

II.

Entscheidung im Falle der Verneinung der Vorlagefrage

Bei Verneinung der Vorlagefrage hat die Revision des FA demgegenüber in vollem Umfang Erfolg. Unter Aufhebung der Vorentscheidung und Abänderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids in der Gestalt der Einspruchsentscheidung wären dann antragsgemäß lediglich weitere Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 1 896 DM (969,41 €) zu berücksichtigen. Hierbei handelt es sich um die Hotelkosten für vier Übernachtungen (1 521 DM, 777,67 €) und um die Verpflegungsmehraufwendungen für fünf Tage (375 DM, 191,73 €).

D.

Rechtsgrund der Vorlage

Die Vorlage ist gemäß § 11 Abs. 2 und Abs. 4 FGO geboten.

Da die vorgelegte Rechtsfrage für eine Vielzahl ähnlicher Fälle eine erhebliche Bedeutung hat und wegen der unterschiedlichen Auffassungen in Rechtsprechung und Schrifttum hält es der Senat für geboten, zur Fortbildung des Steuerrechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 11 Abs. 4 FGO eine Entscheidung des Großen Senats des BFH herbeizuführen.

Mit der oben dargelegten Rechtsauffassung weicht der beschließende Senat von den Urteilen des IV. Senats in BFHE 94, 484, BStBl II 1969, 235, und in BFHE 121, 35, BStBl II 1977, 238 ab. Auf Anfrage des vorlegenden Senats hat der IV. Senat mit Beschluss vom 1. Juni 2006 IV ER -S- 1/06 mitgeteilt, er neige dazu, dem VI. Senat in dessen Auffassung zu folgen, dass die folgerichtige Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung durch das EStG ein Aufteilungs- und Abzugsverbot für Kosten einer lediglich teilweise durch die Einkunftserzielung veranlassten Reise nur erfordere, wenn die Kosten der Reise nicht nach objektiven Kriterien aufgeteilt bzw. keine sicheren Feststellungen zu Grund und Höhe der durch die Einkunftserzielung veranlassten Kosten getroffen werden könnten. Er sehe sich an einer Zustimmung zur Abweichung aber durch die Rechtsprechung des Großen Senats gehindert. Damit ist die Anrufung des Großen Senats auch nach § 11 Abs. 2 FGO erforderlich.

Eine Abweichung von dem Beschluss des Großen Senats in BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213 liegt nach Auffassung des vorlegenden Senats dagegen nicht vor. Die dem Großen Senat seinerzeit zur Entscheidung vorgelegte Rechtsfrage betraf einen Sachverhalt, der mit dem Streitfall nicht vergleichbar ist. Auch bei Bejahung der hier vorgelegten Rechtsfrage wäre in dem Fall, der der Entscheidung des Großen Senats in BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213 zugrunde lag, eine Aufteilung der Aufwendungen nicht möglich gewesen.

Der Beschluss des Großen Senats in BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213 betraf den hier nicht einschlägigen Fall einer Auslandsgruppenreise zu Informationszwecken, die zudem mit häufigen Ortswechseln verbunden war. Die in dem damaligen Vorlagefall zu beurteilende Reise hatte nach dem Gesamtbild der Verhältnisse den Charakter einer privaten Urlaubsreise. Das Programm der 14-tägigen Gruppenreise war neben wenigen Terminen mit beruflichem Bezug durch Besichtigungen mit allgemein bildendem bzw. rein touristischem Charakter geprägt. Nach der Gruppenreise machte der damalige Kläger acht Tage Urlaub in Miami. Anschließend hatte er eine berufliche Besprechung in New York und trat zwei Tage später die Rückreise mit einem Passagierschiff an. Bei dieser Sachlage ist schon nicht von einer beruflichen/betrieblichen (Mit-)Veranlassung der Reisekosten als Grundvoraussetzung für eine Aufteilung auszugehen. Selbst wenn man aber eine berufliche/betriebliche (Mit-)Veranlassung annehmen wollte, wären die beruflich bzw. betrieblich veranlassten Zeitanteile der Reise von so untergeordneter Bedeutung, dass auch dann eine Aufteilung nicht in Betracht kommen würde.

Ende der Entscheidung

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