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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 22.07.2003
Aktenzeichen: VI R 97/01
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 3 Halbsatz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Beteiligten streiten darüber, wann das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen den Mittelpunkt seiner gesamten beruflichen Betätigung i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 3 Halbsatz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bildet.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erzielte in den beiden Streitjahren 1996 und 1997 als Prüfbeauftragte im Außendienst der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In ihrer Wohnung (Größe: 123 qm) nutzte sie einen 45 qm großen Raum als häusliches Arbeitszimmer. Die hierfür als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 10 112 DM (1996) bzw. 9 347 DM (1997) berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) jeweils nur in Höhe von 2 400 DM.

Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, das häusliche Arbeitszimmer habe in den beiden Streitjahren nicht den Mittelpunkt der beruflichen Betätigung der Klägerin gebildet. Zur Begründung verwies das FG im Wesentlichen darauf, dass die Klägerin einen erheblichen Teil ihrer Arbeitszeit außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers verbracht habe. Der Leitsatz des Urteils ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 1113 veröffentlicht.

Mit der Revision macht die Klägerin geltend, das FG habe § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 3 Halbsatz 2 EStG unzutreffend ausgelegt. Bei der Bestimmung des Betätigungsmittelpunkts im Sinne der Abzugsbeschränkung sei auf das Gesamtbild des vom Steuerpflichtigen ausgeübten Berufs abzustellen. Dabei komme es auf den Kernbereich der jeweiligen Tätigkeit an. Demgegenüber habe das FG allein auf die außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers verbrachte Arbeitszeit abgestellt.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung der Einkommensteuerbescheide 1996 vom 26. Januar 1999 und 1997 vom 8. Februar 1999 sowie unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 30. April 1999 weitere Aufwendungen in Höhe von 7 712 DM (1996) und 6 947 DM (1997) als Werbungskosten anzuerkennen.

Das FA tritt der Revision entgegen.

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Das vorinstanzliche Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Das FG nimmt zu Unrecht an, dass der Betätigungsmittelpunkt i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 3 Halbsatz 2 EStG nur dann im häuslichen Arbeitszimmer liegen kann, wenn der Steuerpflichtige dort nahezu seine gesamte Arbeitszeit verbringt.

a) Das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen, der seinen Beruf teilweise im Arbeitszimmer und teilweise außer Haus ausübt, bildet den Betätigungsmittelpunkt i.S. der Abzugsbeschränkung, wenn dort die für den ausgeübten Beruf wesentlichen und prägenden Tätigkeiten verrichtet werden (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. November 2002 VI R 82/01, BFHE 201, 93, BFH/NV 2003, 688; vom 13. November 2002 VI R 104/01, BFHE 201, 100, BFH/NV 2003, 691; vom 13. November 2002 VI R 28/02, BFHE 201, 106, BFH/NV 2003, 693; vom 23. Januar 2003 IV R 71/00, BFHE 201, 269, BFH/NV 2003, 859; vom 9. April 2003 X R 75/00, BFH/NV 2003, 917; vom 29. April 2003 VI R 78/02, BFH/NV 2003, 1117). Maßgeblich ist der qualitative Schwerpunkt der beruflichen Betätigung, während dem zeitlichen Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers nur eine indizielle Bedeutung zukommt. Dabei kann das häusliche Arbeitszimmer selbst dann (noch) den Mittelpunkt einer beruflichen Betätigung bilden, wenn die außerhäuslichen Tätigkeiten zeitlich überwiegen. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die genannten Entscheidungen Bezug genommen.

b) Das angefochtene Urteil beruht auf anderen rechtlichen Erwägungen. Die Entscheidung war daher aufzuheben.

Das FG hat den Begriff des Betätigungsmittelpunkts rein zeitlich, also quantitativ, verstanden. In den Entscheidungsgründen heißt es dazu: Wenn auch nicht eine hundertprozentige Erfüllung "der maßgebenden Tätigkeit an dem zu prüfenden Ort" (d.h.: dem häuslichen Arbeitszimmer) verlangt werde, so seien doch nur geringe Abweichungen von einer durchgängigen Nutzung erlaubt. Zwar führt das FG weiter aus, die Arbeit der Klägerin werde sowohl von ihrer Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer als auch vom Außendienst geprägt. Das FG bezieht sich dabei tatsächlich jedoch nur auf den zeitlichen Umfang des Außendienstes und den Beweiswert der hierzu vorgelegten Unterlagen.

c) Die Sache ist nicht spruchreif. Die Entscheidung enthält keinerlei Feststellungen zum Inhalt --also zu der Qualität-- der beruflichen Tätigkeit der Klägerin im Außendienst bzw. im häuslichen Arbeitszimmer.



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