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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 13.04.2005
Aktenzeichen: VI S 1/05
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 134
FGO § 155
ZPO § 78b Abs. 1 Satz 1
ZPO §§ 578 ff.
ZPO § 579
ZPO § 580
ZPO § 587
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Antragsteller, zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Ehegatten, machten im Klageverfahren zu den Streitjahren 1996 bis 2000 geltend, der geldwerte Vorteil aus dem Erwerb von Neuwagen, die der Arbeitgeber, ein Automobilunternehmen, dem Ehemann überlassen hatte, sei unzutreffend erfasst worden. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit Urteil vom 21. August 2002 zu den Jahren 1996 bis 1999 mit der Begründung ab, die diesbezüglichen Einkommensteuerbescheide seien ihrerseits bestandskräftig gewesen und Änderungsvoraussetzungen hätten nicht vorgelegen. Zum Jahr 2000 sei die Klage mangels durchgeführten Vorverfahrens unzulässig. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig geworden.

Mit Schriftsatz vom 17. September 2002 haben die Antragsteller Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt, weil das Urteil vom 21. August 2002 fundamentale, nicht nachvollziehbare Irrtümer und Verfahrensfehler enthalte. Es sei nicht der gesamte Mitarbeiterrabatt, sondern lediglich die Höhe des üblichen Händlerrabattes streitig gewesen. Das Verfahren sei nicht entscheidungsreif gewesen. Es habe der Ausgang des Verfahrens VI R 41/02 vor dem Bundesfinanzhof (BFH) abgewartet werden müssen, in dem es ebenfalls um die Besteuerung des Händlerrabatts gehe. Gegebenenfalls sei auch eine Änderung der streitigen Steuerbescheide möglich gewesen.

Das FG wies das Wiederaufnahmegesuch mit Urteil vom 24. November 2004 als unzulässig zurück. Gemäß § 134 der Finanzgerichtsordnung (FGO) könne eine Klage nach den Vorschriften der §§ 578 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) grundsätzlich durch Restitutions- bzw. Nichtigkeitsklage wiederaufgenommen werden. Dies setze u.a. gemäß § 587 ZPO voraus, dass die Klageschrift eine Erklärung enthalte, welche dieser Klagen erhoben werde. Die diesbezügliche Erklärung könne nur innerhalb der Klagefrist abgegeben werden. Im Streitfall sei nicht erkennbar gewesen, welche dieser beiden Klagen gemeint gewesen sei. Es sei weder ausdrücklich erklärt worden, eine Nichtigkeits- bzw. eine Restitutionsklage zu erheben, noch habe sich dies aus der Klageschrift ergeben. Die Bezeichnung als Nichtigkeits- oder Restitutionsklage brauche nicht unmittelbar verwendet zu werden; es genüge, dass sich aus dem Begehren schlüssig ergebe, welche Klage gemeint sei (vgl. BFH-Beschluss vom 18. März 1988 V K 1/88, BStBl II 1988, 586, m.w.N.). Die vorgetragenen Gründe, eine Entscheidung des BFH sei nicht abgewartet und der Streitgegenstand sei falsch verstanden worden, zählten nicht zu den in den §§ 579 und 580 ZPO aufgeführten Gründen.

Mit einem innerhalb der Beschwerdefrist eingegangenen Schriftsatz tragen die Antragsteller vor, sie hätten keinen vertretungsbereiten Bevollmächtigten gefunden. Hierzu haben sie drei Schreiben vorgelegt, mit denen sie um Übernahme des Mandats gebeten haben sowie die schriftlichen Absagen von zwei der drei angeschriebenen Anwaltskanzleien aus Gründen ihrer Arbeitsüberlastung. Hinsichtlich des dritten Anwalts sei die Absage telefonisch aus den nämlichen Gründen erfolgt. In der Sache machen die Antragsteller geltend, während man im ersten, mit Urteil vom 21. August 2002 abgeschlossenen Verfahren evtl. noch auf ein offensichtliches Versehen und eine daraus resultierende unrichtige Sachbehandlung seitens des FG habe schließen können, könne das Urteil zum Wiederaufnahmeverfahren vom 24. November 2004 --insbesondere wegen der vorausgegangenen korrigierenden Stellungnahmen-- nur noch als Versuch der Rechtsmissachtung angesehen werden, um das Fehlurteil vom 21. August 2002 und die daraus nicht zu rechtfertigende Kostenzuordnung und zudem falsche Kostenermittlung nicht eingestehen zu müssen. Es sei immer noch nicht nachvollziehbar, wie es zu der Fehleinschätzung durch das FG habe kommen können, es sei generell die Rechtmäßigkeit der Besteuerung des geldwerten Vorteils beim Kauf von Fahrzeugen mit Mitarbeiterrabatt in Frage gestellt worden. Denn im Schriftsatz vom 1. August 2001 nebst Anlagen werde auf ein Urteil des FG München Bezug genommen, in welchem es eindeutig nur um den geringen Anteil des Händlerabschlages gegangen sei. Die Fehleinschätzung des FG habe zusätzlich eine überhöhte Kostenrechnung zur Folge gehabt. Im Urteil vom 24. November 2001 fehle jede Rechtfertigung dafür, warum es trotz des rechtzeitigen Hinweises auf das Fehlurteil zum Vollstreckungsversuch hinsichtlich der Verfahrenskosten habe kommen können, wobei diese Kosten durch Fehlverhalten und wahrheitswidrige Behauptungen willkürlich geschätzt worden seien. Auch die Behauptung, für die Wiederaufnahme des Verfahrens seien Klagegründe nicht ausreichend definiert worden, widerspreche eindeutig der Aktenlage. Bei Unsicherheiten hätte das FG Rückfrage halten müssen.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß, ihnen einen Notanwalt für das beabsichtigte Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision im Urteil vom 24. November 2004 beizuordnen.

Das Finanzamt tritt diesem Antrag entgegen.

II. Der Antrag auf Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten ist abzulehnen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für die Beiordnung nicht vorliegen.

Gemäß § 155 FGO i.V.m. § 78b Abs. 1 Satz 1 ZPO hat der BFH einem Verfahrensbeteiligten auf dessen Antrag einen Rechtsanwalt beizuordnen, wenn der Beteiligte einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder -verteidigung des Verfahrensbeteiligten nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Erfüllt ist lediglich die erstgenannte Voraussetzung. Die Antragsteller haben glaubhaft dargelegt, dass sie mehrere konkret benannte Rechtsanwälte vergeblich gebeten haben, sie in dem beabsichtigten Beschwerdeverfahren zu vertreten (vgl. BFH-Beschlüsse vom 3. Dezember 2003 I S 10/03 (PKH), BFH/NV 2004, 525, und vom 19. Januar 2004 X S 19/03, BFH/NV 2004, 533). Dagegen ist die weitere Voraussetzung nicht gegeben, dass die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheinen darf. Die Antragsteller machen im Wesentlichen nur geltend, dass das Ausgangsurteil vom 21. August 2002 fehlerhaft sei. Mit den vorgebrachten Ausführungen wird noch nicht einmal den Darlegungsanforderungen entsprochen, die an das Geltendmachen von Gründen zu stellen wären, wenn die Zulassung der Revision gegen dieses Urteil beantragt würde. Gegenstand der Rechtsverfolgung ist aber nicht die Zulassung der Revision gegen dieses Urteil, sondern die Zulassung der Revision gegen das die Wiederaufnahme des Verfahrens ablehnende Urteil vom 24. November 2004. Diesbezügliche Zulassungsgründe haben die Antragsteller auch nicht andeutungsweise dargelegt. Sie verkennen überdies die Funktion eines Wiederaufnahmeverfahrens. Dieses dient nicht dazu, das FG zu veranlassen, seine bisherige Entscheidung zu rechtfertigen. Vielmehr liegt es an den Antragstellern, Wiederaufnahmegründe zu benennen. Das ist nicht geschehen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen; Gerichtsgebühren werden nicht erhoben.

Ende der Entscheidung

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