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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 17.06.2005
Aktenzeichen: VI S 3/05
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 133a Abs. 1
ZPO § 321a
1. Die Anhörungsrüge nach § 133a FGO ist gegen Urteile und Beschlüsse des BFH als (End-)Entscheidungen statthaft; hierzu gehört auch ein Beschluss des BFH, in dem ein bei ihm eingelegter Antrag auf Bewilligung von PKH für eine beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde abgelehnt wurde.

2. Der Anwendungsbereich der Anhörungsrüge beschränkt sich auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die gerichtliche (End-)Entscheidung.

3. Mit der Anhörungsrüge kann nicht erreicht werden, dass das Gericht seine Entscheidung in der Sache in vollem Umfang überprüft.


Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 28. Februar 2005 VI S 8/04 (PKH) hat der Senat den Antrag des Klägers, Antragstellers und Rügeführers (Antragsteller) auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für eine beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) X mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abgelehnt.

Das FG hatte in seinem Urteil --soweit hier von Belang-- ausgeführt, der Antragsteller habe aus seiner Tätigkeit für einen Verein steuerpflichtige Einkünfte bezogen. Entgegen der Annahme des Beklagten (Finanzamt --FA--) stellten diese Einkünfte indessen keine gewerblichen, sondern Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar. Die Höhe der dem Antragsteller zuzurechnenden Einkünfte errechnete das FG u.a. anhand geschätzter Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen und Sportveranstaltungen sowie dem Verkauf von Sportkleidung. Ferner berücksichtigte das FG einschlägige Zahlungsvorgänge auf einem Privatkonto des Antragstellers sowie einem Vereinskonto.

In seinem Beschluss vom 28. Februar 2005 VI S 8/04 (PKH) führte der Senat u.a. aus, die --mit Hilfe eines fachkundigen Bevollmächtigten vorgebrachten-- Darlegungen des Antragstellers, das FG habe Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) begangen, seien nicht schlüssig erhoben (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Soweit der Antragsteller rüge, das FG hätte Zeugen zum Beweis dafür, dass ihm kein Gehalt gezahlt worden sei, vernehmen müssen, fehlten insbesondere Ausführungen dazu, dass die vom FG unterlassene Zeugeneinvernahme rechtserheblich gewesen sei. Den gesetzlichen Anforderungen genüge auch nicht die Rüge, das FG sei dem Beweisantrag, das private Bankkonto sei ein Vereinskonto gewesen, nicht nachgekommen.

Gegen den Beschluss des Senats vom 28. Februar 2005 VI S 8/04 (PKH) wendet sich der Antragsteller mit einer Anhörungsrüge (§ 133a FGO). Er führt im Wesentlichen aus, wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs werde das Übergehen der beiden Zeugenbeweisanträge gerügt, nämlich, dass dem Antragsteller "kein Gehalt gezahlt worden sei" bzw. "das private Bankkonto ein Vereinskonto gewesen sei". Der Bundesfinanzhof (BFH) meine zu Unrecht, die Darlegungen des Antragstellers, die den vorgenannten Beweisanträgen zugrunde lägen, seien unzureichend bzw. es fehlten insbesondere eingehende Ausführungen dazu, dass die Vorentscheidung des FG auf dem gerügten Übergehen der Beweisanträge beruhen könne. Das Übergehen des Beweisantrags, dass das Bankkonto ein Vereinskonto gewesen sei, sei geradezu unverständlich. Die Begründung des BFH erwecke den Eindruck, dass ihm der Fall des Antragstellers nicht hinreichend gewichtig erscheine.

II.

Die Anhörungsrüge ist --bei Zweifeln an ihrer Zulässigkeit-- jedenfalls unbegründet.

Nach dem zum 1. Januar 2005 in Kraft getretenen § 133a Abs. 1 FGO (Art. 10 Nr. 2 des Anhörungsrügengesetzes --AnhRüG-- vom 9. Dezember 2004, BGBl I 2004, 3220, BStBl I 2005, 370) ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn 1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und 2. das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

1. Die Rüge des Antragstellers ist statthaft. Sie richtet sich gegen einen PKH-Beschluss des BFH, gegen den ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben ist. Auch Beschlüsse fallen unter den Begriff der gerichtlichen Entscheidung i.S. des § 133a Abs. 1 FGO (vgl. Schoenfeld, Der Betrieb --DB-- 2005, 850, 851; Vollkommer in Zöller, Zivilprozessordnung, 25. Aufl., § 321a Rz. 3 zur Parallelvorschrift des § 321a der Zivilprozessordnung --ZPO-- in der gleichfalls ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung).

Der Senat lässt offen, ob im Streitfall die in § 133a Abs. 1 Nr. 2 FGO genannten Voraussetzungen ordnungsgemäß "dargelegt" worden sind (§ 133a Abs. 2 Satz 5 FGO; vgl. hierzu Guckelberger, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht --NVwZ-- 2005, 11, 14 zur Parallelregelung des § 152a der Verwaltungsgerichtsordnung --VwGO--; BFH-Beschluss vom 30. September 2004 IV S 9/03, BStBl II 2005, 142 zu der vor dem 1. Januar 2005 bestehenden Rechtslage betreffend Gegenvorstellung analog § 321a ZPO i.V.m. § 155 FGO; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/ Albers/ Hartmann, Zivilprozessordnung, 63. Aufl., § 321a Rz. 25 ff.).

2. Die Rüge des Antragstellers ist jedenfalls unbegründet.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 133a Abs. 1 FGO kann mit dem (außerordentlichen) Rechtsbehelf der Anhörungsrüge nur vorgebracht werden, das Gericht --im Streitfall der beschließende Senat-- habe im Rahmen der angegriffenen Entscheidung gegen den verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) verstoßen (vgl. auch BTDrucks 15/3706, S. 14 l.Sp.). § 133a FGO beschränkt die Möglichkeit einer Selbstkorrektur der gerichtlichen Entscheidung durch den "judex a quo" ausdrücklich auf diesen Verfahrensverstoß (Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 133a FGO Tz. 2; Seer/Thulfaut, Betriebs-Berater --BB-- 2005, 1085 f.; vgl. auch FG Baden-Württemberg, Außensenate Karlsruhe, Beschluss vom 15. März 2005 7 V 55/04, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2005, 885 mit weiterführender Anmerkung von Morsbach).

Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (in seiner Ausprägung durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vgl. z.B. Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 7. Aufl., Art. 103 Tz. 11 ff.) verlangt von dem erkennenden Gericht vornehmlich, dass es die Beteiligten über den Verfahrensstoff informiert, ihnen Gelegenheit zur Äußerung gibt, ihre Ausführungen sowie Anträge zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (ständige Rechtsprechung; z.B. BVerfG-Beschluss vom 4. August 2004 1 BvR 1557/01, NVwZ 2005, 81).

Im Streitfall liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Senat eine Gehörsverletzung begangen haben könnte. Der Senat hat in seinem PKH-Beschluss vom 28. Februar 2005 VI S 8/04 (PKH) die Erfolgsaussichten des Antragstellers für die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde --unter Beachtung des in einem PKH-Verfahren gebotenen Prüfungsmaßstabs-- umfassend geprüft und sie verneint. Es kann keine Rede davon sein, dass der Senat das Vorbringen des Antragstellers im bezeichneten PKH-Verfahren nicht zur Kenntnis genommen und nicht in Erwägung gezogen hätte.

Im Kern richten sich die (neuerlichen) Ausführungen des Antragstellers gegen die Rechtsauffassung des Senats im Beschluss vom 28. Februar 2005 VI S 8/04 (PKH). Sie enthalten den Vorwurf, der Senat habe in der Sache fehlerhaft entschieden. Mit diesem Vorbringen kann der Antragsteller aber im Rahmen des § 133a FGO nicht gehört werden. Die Anhörungsrüge dient im Übrigen nicht dazu, die angegriffene Entscheidung in der Sache in vollem Umfang nochmals zu überprüfen; ebenso wenig kann mit der Anhörungsrüge eine Begründungsergänzung herbeigeführt werden (vgl. auch BTDrucks 15/3706, S. 16 r.Sp. - zur Einlegung einer Anhörungsrüge gegen eine Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 133a FGO Tz. 3).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133a Abs. 4 Satz 4 FGO).

3. Die Kostentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO (vgl. Nr. 6.400 des Gebührentatbestandes, Anlage 1 des Kostenverzeichnisses des Gerichtskostengesetzes i.d.F. durch Art. 11 des AnhRüG vom 9. Dezember 2004, BGBl I 2004, 3220).

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