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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.07.2005
Aktenzeichen: VI S 5/04 (PKH)
Rechtsgebiete: EStG, FGO, ZPO
Vorschriften:
EStG § 34 | |
EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1 | |
EStG § 8 Abs. 1 | |
FGO § 142 Abs. 1 | |
ZPO § 114 |
Gründe:
1. Der Kläger, Revisionskläger und Antragsteller (Antragsteller) erwarb im Jahr 1997 40 nicht handelbare Wandelschuldverschreibungen seiner damaligen Arbeitgeberin (im Folgenden: AG) über nominell insgesamt 4 000 DM. Die Wandelschuldverschreibungen waren mit 6 v.H. jährlich zu verzinsen. Der Antragsteller beantragte im Streitjahr, Wandelschuldverschreibungen von nominell 2 000 DM in Aktien der AG zu wandeln. Die Wandlung wurde am 21. November 2000 durchgeführt. Die AG sah den Unterschiedsbetrag zwischen dem Wandlungspreis und dem niedrigsten Kurswert der Aktien im Zeitpunkt der Durchführung der Wandlung als geldwerten Vorteil des Antragstellers aus dem Arbeitsverhältnis an und nahm den Lohnsteuerabzug vor, wobei sie den Unterschiedsbetrag der ermäßigten Besteuerung nach § 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterwarf.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte die Einkommensteuer der Antragsteller dementsprechend fest. Mit Urteil vom 11. Mai 2004 wies das Finanzgericht (FG) die Klage der Antragsteller ab. Es vertrat die Auffassung, das FA habe den Differenzbetrag zwischen Erwerbspreis und Kurswert der Aktien im Zeitpunkt der Durchführung der Wandlung zu Recht den Einkünften des Antragstellers aus nichtselbständiger Arbeit zugerechnet.
Die Antragsteller legten gegen das Urteil des FG Revision ein. Darüber hinaus haben sie den vorliegenden Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt.
Mit ihrer Revision tragen die Antragsteller im Wesentlichen vor, bei Wandelschuldverschreibungen seien Begebung und anschließende Wandlung ein einheitlicher Rechtsvorgang. Im Zeitpunkt der Wandlung erfolge nicht die Übertragung eines Wirtschaftsguts, da das hingegebene Wirtschaftsgut mit der Aktie wirtschaftlich identisch sei. Liege im steuerrechtlichen Sinne keine Übertragung eines Wirtschaftsguts vor, könne in diesem Zeitpunkt auch kein Zufluss von Arbeitslohn angenommen werden. Die Wandelschuldverschreibungen seien außerdem kein Vergütungsinstrument gewesen. Auf Seiten der AG habe die Kapitalbeschaffung im Vordergrund gestanden.
2. Der Antrag der Antragsteller auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen.
Nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussichten liegen dann vor, wenn bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt des Erfolgs spricht (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 142 Rz. 11, m.w.N.). Für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung sind die Verhältnisse und der Kenntnisstand im Zeitpunkt der Entscheidung über den PKH-Antrag maßgeblich (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8. August 1995 VII B 42/95, BFH/NV 1996, 66, m.w.N.; Gräber/Ruban, a.a.O., § 142 Rz. 29, 32).
Auch wenn an die Erfolgsaussichten der Sache im PKH-Verfahren keine überspannten Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. z.B. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Februar 2003 1 BvR 1526/02, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2003, 1857, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2003, 720), ist auch in Ansehung des gebotenen Prüfungsmaßstabs nicht zu erkennen, dass die Revision der Antragsteller hinreichende Erfolgsaussichten haben könnte.
Das FG hat zutreffend entschieden, dass der Antragsteller durch die verbilligte Überlassung der jungen Aktien einen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassenden geldwerten Vorteil erzielte, der ihm in dem Zeitpunkt zufloss, in dem er über die Aktien wirtschaftlich verfügen konnte.
Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen.
Das FG hat die verbilligte Übertragung der jungen Aktien zu Recht als einen geldwerten Vorteil beurteilt, den die AG dem Antragsteller als Entlohnung für seine Arbeitsleistung gewährte. Die AG übertrug die hier zu beurteilenden Wandelschuldverschreibungen nur auf bei ihr beschäftigte Arbeitnehmer. Damit gewährte sie grundsätzlich auch nur diesem Personenkreis das Wandlungsrecht und den verbilligten Aktienbezug, durch den die Dienste des Antragstellers als Arbeitnehmer in besonderem Maße entgolten werden sollte.
Der von den Antragstellern vorgetragene Gesichtspunkt, die Wandelschuldverschreibungen hätten für die AG Finanzierungsfunktion gehabt, steht der Annahme von Arbeitslohn nicht entgegen. Denn nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt kann nicht davon ausgegangen werden, dass die von den Antragstellern geltend gemachten betrieblichen Zielsetzungen der AG im Vordergrund standen und ein Interesse des Antragstellers an der Erlangung des geldwerten Vorteils deshalb vernachlässigt werden kann. Die Veranlassung des geldwerten Vorteils durch das Dienstverhältnis wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Zeichnung der Wandelschuldverschreibungen für den Antragsteller eine Kapitalanlage darstellte. Denn das durch die Begebung der Wandelschuldverschreibungen begründete Rechtsverhältnis resultierte seinerseits aus dem Arbeitsverhältnis.
Das FG ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass der geldwerte Vorteil dem Antragsteller im Streitjahr zufloss.
Räumt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsverhältnisses durch Übertragung nicht handelbarer Wandelschuldverschreibungen einen Anspruch auf Verschaffung von Aktien des Arbeitgebers ein, wird ein Zufluss von Arbeitslohn nach der Rechtsprechung des Senats nicht bereits durch die Übertragung der Wandelschuldverschreibungen begründet. Im Falle der Ausübung des Wandlungsrechts durch den Arbeitnehmer fließt diesem ein geldwerter Vorteil grundsätzlich erst dann zu, wenn dem Arbeitnehmer durch Erfüllung des Anspruchs das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien verschafft wird (BFH-Urteil vom 23. Juni 2005 VI R 124/99, zur Veröffentlichung bestimmt).
Nach diesen Grundsätzen floss dem Antragsteller der geldwerte Vorteil im Streitjahr zu. Der Antragsteller erhielt im Streitjahr mit Durchführung der Wandlung über die verbilligt ausgegebenen jungen Aktien die wirtschaftliche Verfügungsmacht. Damit waren die Voraussetzungen für den Zufluss des geldwerten Vorteils im Streitjahr erfüllt.
Ende der Entscheidung
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