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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 13.06.2006
Aktenzeichen: VI S 9/05 (PKH)
Rechtsgebiete: ZPO, FGO, SGB XII


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 115 Abs. 3 Satz 1
ZPO § 115 Abs. 3 Satz 2
FGO § 142 Abs. 1
SGB XII § 90 Abs. 1
SGB XII § 90 Abs. 2
SGB XII § 90 Abs. 2 Nr. 8
SGB XII § 90 Abs. 2 Nr. 9
SGB XII § 90 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Antragstellerin (Antragstellerin) erzielte im Streitjahr 1999 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen wurde. Nachdem die Antragstellerin in den Vorjahren jeweils von Amts wegen zur Einkommensteuer veranlagt worden war, forderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) sie mit Schreiben vom 2. Oktober 2000 auf, bis zum 1. November 2000 die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr einzureichen. Die Antragstellerin beantragte Fristverlängerung für die Abgabe der Steuererklärung, die ihr nach einem Bearbeitungsvermerk des FA bis zum 30. Dezember 2000 gewährt wurde. Mit Schreiben vom 2. November 2001 übersandte ihr das FA eine "Zweite Erinnerung an die Abgabe der Steuererklärung(en)" mit einer Frist bis zum 19. November 2001. In der beim FA für die Antragstellerin geführten Einkommensteuerakte ist dieses Datum gestrichen und handschriftlich durch "30.12.01" ersetzt.

Die Einkommensteuererklärung der Antragstellerin für das Streitjahr ging am 29. Januar 2002 beim FA ein. Das FA lehnte den Antrag auf Veranlagung ab. Die Klage hatte aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 1738 veröffentlichten Gründen ebenfalls keinen Erfolg.

Die Antragstellerin legte gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) Revision ein, mit der sie Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Darüber hinaus hat sie unter Vorlage einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse den vorliegenden Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt.

II. Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen.

Nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Im Streitfall ist die Antragstellerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen jedoch in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen.

Nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO hat ein Beteiligter sein Vermögen für die Prozessführung einzusetzen, soweit es zumutbar ist. Gemäß § 90 Abs. 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) --Sozialhilfe--, der nach § 142 Abs. 1 FGO und § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO im PKH-Verfahren entsprechend gilt, ist grundsätzlich das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Nach § 142 Abs. 1 FGO, § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO und § 90 Abs. 2 SGB XII darf die Bewilligung von PKH aber nicht vom Einsatz oder von der Verwertung des in dieser Vorschrift näher bezeichneten sog. Schonvermögens abhängig gemacht werden. Hierzu gehört unter anderem Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks i.S. von § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII bestimmt ist (§ 90 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII).

Die Antragstellerin verfügt ausweislich ihrer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse über ein Guthaben bei einer Bausparkasse in Höhe von 8 825 €. Eine Zuteilung des zuteilungsreifen Bausparvertrags hat die Antragstellerin nach ihren Angaben nicht beantragt. Ausgehend hiervon vermag der Senat nicht zu erkennen, dass das Guthaben nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines angemessenen Hausgrundstücks i.S. von § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII bestimmt ist. Solches hat die Antragstellerin auch selbst nicht geltend gemacht.

Das Bausparguthaben übersteigt ferner die Grenzbeträge gemäß § 142 Abs. 1 FGO, § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO und § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII. Nach diesen Vorschriften darf die Bewilligung von PKH nicht vom Einsatz oder von der Verwertung kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte abhängig gemacht werden. Die Grenze von Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII beträgt --bezogen auf die Hilfe in besonderen Lebenslagen, zu denen auch die PKH gehört (vgl. Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., Rdn. 348)-- 2 600 € (§ 1 Abs. 1 Nr. 1b der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII). Hinweise auf eine besondere Notlage der Antragstellerin, die bei § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII zu berücksichtigen ist, liegen nicht vor.

Im Streitfall sind auch keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass der Einsatz des Bausparguthabens für die Antragstellerin eine Härte i.S. von § 142 Abs. 1 FGO, § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO und § 90 Abs. 3 SGB XII bedeuten würde. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass durch den Einsatz des Bausparguthabens eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Gerichtsgebühren sind für dieses Verfahren nicht entstanden.

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