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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 31.10.2005
Aktenzeichen: VII B 106/05
Rechtsgebiete: FGO
Vorschriften:
FGO § 115 Abs. 2 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 | |
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3 |
Gründe:
I. Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) stellt Liköre her, die sie im Zeitraum 1993 bis 1995 als nicht unter Anhang II (jetzt Anhang I) des Vertrages fallende Waren unter Inanspruchnahme von Ausfuhrerstattung für den enthaltenen Weißzucker in Drittländer ausführte. Eine bei der Klägerin durchgeführte Marktordnungsprüfung ergab (u.a.), dass in dem geprüften Zeitraum bei der Herstellung der Liköre die Komponentenzufuhr jeweils manuell beendet worden war, so dass eine automatische Dokumentation der eingegebenen Mengen nicht stattgefunden hatte und Mehr- oder Mindermengen nicht bestimmt worden waren. Daraufhin forderte der Beklagte und Beschwerdeführer (das Hauptzollamt --HZA--) die gewährten Erstattungen zurück; der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) hob den angefochtenen Rückforderungsbescheid auf und urteilte, dass der Ausführer einer Nicht-Anhang-II-Ware zwar produktionsbezogene Unterlagen besitzen und auf Verlangen der Behörde vorlegen müsse, die für die Richtigkeit seiner Mengenangaben beweiskräftig seien und auf Grund derer die Behörde die Richtigkeit der Mengenangaben über die Zusammensetzung der Ausfuhrwaren prüfen könne. Jedoch ergebe sich aus dem Prüfbericht des Hauptzollamts für Prüfungen vom 18. Juni 1997, auf den das HZA die Rückforderung der Erstattungen stütze, nicht, dass und welche produktionsbezogenen Nachweise fehlten. Mangels gegenteiliger Feststellungen im Prüfbericht könne vielmehr davon ausgegangen werden, dass die Produktionsanschreibungen den Anforderungen genügten. Dagegen spreche auch nicht die Feststellung im Prüfbericht, wonach die Mischung der Liköre mittels einer manuell zu bedienenden mechanischen Wiegeeinrichtung erfolgt sei und die bei der manuellen Beendigung des jeweiligen Zuführungsprozesses ggf. aufgetretenen Mehr- oder Mindermengen nicht hätten bestimmt werden können. Dass bei dem seinerzeit von der Klägerin angewendeten Herstellungsverfahren eine automatische Dokumentation der Mengen der zugeführten Mischungsbestandteile nicht möglich gewesen sei, könne ihr nicht angelastet werden. Dass bei der manuellen Zuführung Ungenauigkeiten nicht hätten erfasst werden können, habe die Klägerin dadurch ausgeglichen, dass sie im Anschluss an die Flaschenabfüllung durch Laboruntersuchungen überprüft habe, ob die Sollmengen auch tatsächlich der Mischung zugeführt worden seien. Das Hauptzollamt für Prüfungen habe die Ergebnisse dieser Laboruntersuchungen auch ausgewertet.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des HZA, die es auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sowie des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt. Das HZA hält es für klärungsbedürftig, ob der Ausführer einer Nicht-Anhang-II-Ware, dessen Produktionsgestaltung und -ablauf keine Dokumentation der tatsächlich zur Herstellung der Waren verwendeten Erzeugnisse beinhaltet und eine Zuordnung der Waren zu einzelnen Exporten nicht ermöglicht, die gesetzlichen Anforderungen an einen Einzelnachweis erfüllt.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe zum Teil nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert, jedenfalls aber nicht vorliegen.
1. Der Senat kann es offen lassen, ob die Beschwerde überhaupt eine konkrete Rechtsfrage formuliert oder ob sie sich nicht vielmehr --lediglich gekleidet in eine abstrakte Frage-- gegen die Würdigung des FG wendet, dass die Klägerin im Streitfall den Nachweis der Richtigkeit ihrer Erklärung über die Mengen des bei der Herstellung der Liköre verwendeten Weißzuckers erbracht habe. Jedenfalls ist die von der Beschwerde bezeichnete Frage nicht i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO grundsätzlich klärungsbedürftig.
Auf die streitigen Ausfuhren sind --wovon das FG und auch die Beteiligten zutreffend ausgegangen sind-- zum Teil die Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 3035/80 (VO Nr. 3035/80) des Rates vom 11. November 1980 zur Festlegung der allgemeinen Regeln für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen und der Kriterien zur Festsetzung des Erstattungsbetrags für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse, die in Form von nicht unter Anhang II des Vertrages fallenden Waren ausgeführt werden (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 323/27), und zum Teil die Vorschriften der (Nachfolge-)Verordnung (EG) Nr. 1222/94 (VO Nr. 1222/94) der Kommission vom 30. Mai 1994 zur Festlegung der gemeinsamen Durchführungsvorschriften für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen und der Kriterien zur Festsetzung des Erstattungsbetrags für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse, die in Form von nicht unter Anhang II des Vertrages fallenden Waren ausgeführt werden (ABlEG Nr. L 136/5), anzuwenden.
Nach Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 3 VO Nr. 3035/80 und Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 3 VO Nr. 1222/94 muss der Antragsteller zur Begründung seiner Angaben über die zur Herstellung der Ausfuhrwaren tatsächlich verwendeten Grunderzeugnisse alle Auskünfte erteilen und Unterlagen vorlegen, die den Behörden zweckdienlich erscheinen. Ob diese im Rahmen einer Überprüfung der Angaben vorgelegten Unterlagen ausreichend sind, den Nachweis zu führen, dass die nach Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 VO Nr. 3035/80 bzw. Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 1 VO Nr. 1222/94 bei der Ausfuhr der Waren abgegebene Erklärung des Antragstellers zutreffend war, ist eine Frage der dem Tatrichter vorbehaltenen Tatsachenfeststellung und -würdigung im Einzelfall, die der grundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich ist.
Die von der Beschwerde formulierte Frage ist überdies im Streitfall nicht klärungsfähig, denn das FG hat nicht festgestellt, dass der damalige Produktionsablauf keine Dokumentation der tatsächlich zur Herstellung der Waren verwendeten Erzeugnisse beinhaltete und eine Zuordnung der Waren zu einzelnen Exporten nicht möglich war. Vielmehr ist das FG davon ausgegangen, dass die nach Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 3 VO Nr. 3035/80 bzw. Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 3 VO Nr. 1222/94 vorzulegenden Nachweisunterlagen urkundliche Nachweise über den Herstellungsvorgang produktionsbezogene, nicht lediglich produktbezogene, Unterlagen sein müssten, dass aber nach den Feststellungen des Hauptzollamts für Prüfungen solche produktionsbezogenen Unterlagen vorlägen und die Produktionsanschreibungen der Klägerin den gesetzlichen Anforderungen genügten. Zwar habe es bei der manuellen Zuführung der Mischungsbestandteile zu Ungenauigkeiten und damit zu Mehr- oder Mindermengen gegenüber den Sollmengen kommen können; es sei insoweit jedoch ausreichend, dass anschließend durch Laboruntersuchungen überprüft worden sei, ob die Sollmengen den Mischungen auch tatsächlich zugeführt worden seien.
Mit seinem hiergegen gerichteten Beschwerdevorbringen, dass dieses seinerzeit auf Seiten der Klägerin praktizierte Verfahren für eine Nachweisführung im Bereich der Nicht-Anhang-II-Waren ungeeignet sei, wendet sich das HZA gegen die Tatsachenwürdigung durch das FG im Einzelfall und gegen die materielle Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung, was jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen kann, weil damit kein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 FGO dargetan wird (Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 4. Juli 2002 IX B 169/01, BFH/NV 2002, 1476, m.w.N.). Das Gleiche gilt, soweit die Beschwerde geltend macht, dass das FG die im Streitfall vorgeschriebenen Anforderungen des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 VO Nr. 3035/80 bzw. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 VO Nr. 1222/94 an den Einzelnachweis für jede auszuführende Ware außer Acht gelassen, dass es zu Unrecht hinsichtlich bestimmter Mindermengen Toleranzen zugelassen habe und dass die nach Ansicht des FG lediglich geringfügigen Mindermengen in Wahrheit erheblich gewesen seien.
2. Der gerügte Verfahrensmangel in Gestalt eines Verstoßes des FG gegen den klaren Inhalt der Akten ist nicht schlüssig dargelegt. Das HZA trägt insoweit vor, das FG habe unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerin nach den Feststellungen des Hauptzollamts für Prüfungen nicht zum vereinfachten Verfahren gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 VO Nr. 3035/80 bzw. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 VO Nr. 1222/94 zugelassen gewesen sei. Das FG ist bei seiner Entscheidung jedoch erkennbar nicht von der Annahme ausgegangen, dass im Streitfall eine Zustimmung der zuständigen Behörde zur Teilnahme der Klägerin am sog. vereinfachten Verfahren vorgelegen habe. Das HZA rügt daher mit diesem Vorbringen wiederum nur, dass das FG im Streitfall den erforderlichen sog. Einzelnachweis gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 VO Nr. 3035/80 bzw. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 VO Nr. 1222/94 als erbracht angesehen hat, womit es sich aber --wie ausgeführt-- allein gegen die materielle Richtigkeit des FG-Urteils wendet.
Soweit das HZA einen weiteren Verstoß des FG gegen den klaren Inhalt der Akten darin sieht, dass nach dem Prüfbericht ein Berechnungsfehler, der zu einer Überzahlung der Ausfuhrerstattung in Höhe von ... DM geführt habe, festgestellt worden sei, steht die Feststellung des FG entgegen, dass andere Gründe für die Rückforderung der Erstattungen vom HZA nicht (mehr) geltend gemacht worden seien. Das HZA hat demgegenüber nicht dargelegt, dass diese Feststellung des FG unzutreffend sei, weil es diesen Rückforderungsgrund im finanzgerichtlichen Verfahren aufrechterhalten habe, und aus welchem Teil der Akten sich das Fortbestehen dieses Rückforderungsgrundes klar und eindeutig ergibt.
Ende der Entscheidung
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