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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 08.12.2008
Aktenzeichen: VII B 106/08
Rechtsgebiete: FGO, AO, BGB


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
AO § 37 Abs. 2
AO § 130 Abs. 2
AO § 226 Abs. 3
BGB § 812 Abs. 1
BGB § 818 Abs. 3
BGB § 819 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Der Vater der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hatte aus den Einkommensteuerfestsetzungen 2003 und 2004 Erstattungsansprüche gegen den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--). 2004 und 2005 gingen beim FA zwei Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse des Amtsgerichts und eine Pfändungs- und Überweisungsverfügung eines anderen Finanzamts ein, die etwaige Erstattungsansprüche aus den Einkommensteuerveranlagungen 2003 und 2004 betrafen.

Im Dezember 2006 erhielt das FA eine Anzeige des Vaters über die Abtretung seiner Einkommensteuererstattungsansprüche der Jahre 2003 und 2004 an die Klägerin, der es durch Auszahlung des gesamten Erstattungsbetrages Folge leistete. Die Vorpfändungen hatte es dabei übersehen.

Nachdem das FA auf die Pfändungen hin Zahlungen geleistet hatte, erließ es im Mai 2007 gegenüber der Klägerin einen Rückforderungsbescheid über den gesamten ihr überwiesenen Betrag. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das Finanzgericht (FG) der Klage teilweise statt, indem es den Rückforderungsbetrag um rund 17% reduzierte. Zur Begründung führt es aus, dass FA habe nach Aktenlage aufgrund der Vorpfändungen nur diesen Betrag gezahlt, mehr könne von der Klägerin nicht zurückgefordert werden. Im Übrigen habe die Klage keinen Erfolg, da gegenüber dem Rückforderungsanspruch aus § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) der Einwand der Entreicherung nach § 818 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nicht greife und der von der Klägerin erklärten Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch aus § 839 BGB bereits § 226 Abs. 3 AO entgegenstehe.

Ihre Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision begründet die Klägerin sinngemäß damit, dass von grundsätzlicher Bedeutung sei, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Vertrauen des Zessionars in Steuerbescheide geschützt ist, wenn ihm die sich daraus ergebenden Erstattungsbeträge allein aufgrund von Fehlern des FA ausgezahlt worden sind. Von grundsätzlicher Bedeutung sei auch, ob eine Rückforderung nach § 37 Abs. 2 AO als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist, wenn beim Zessionar wegen der Bescheide und der Verfügungen des FA der Rechtsschein erweckt sei, das Geld behalten und darüber frei verfügen zu dürfen. Schließlich sei auch klärungsbedürftig, ob von dem ohne Einschränkung geregelten Aufrechnungsverbot in § 226 AO und dem Versagen der Entreicherungseinrede des § 818 Abs. 3 BGB grundsätzlich Ausnahmen zuzulassen sind, wenn über das zugeflossene Geld verfügt worden sei und keine Chance bestehe, es von dritter Seite --hier dem eigenen Vater-- zurückzubekommen. Schließlich verstoße es auch gegen den Gleichheitsgrundsatz, dass sich der Zessionar nur gegenüber Privaten, nicht aber gegenüber dem Staat auf Entreicherung berufen dürfe.

Das FA hält die Beschwerde für unzulässig, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Zulassungsgründe hinreichend dargetan worden sei.

II.

Die Beschwerde ist bei Zweifeln an ihrer Zulässigkeit jedenfalls unbegründet, da die Klägerin Fragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht formuliert und der Rechtsstreit solche auch nicht aufwirft. Auch sonst sind Zulassungsgründe i.S. des § 115 Abs. 2 FGO nicht ersichtlich.

1.

Durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist geklärt, dass der nach § 37 Abs. 2 AO bestehende öffentlich-rechtliche Rückforderungsanspruch wegen Auszahlung eines Steuererstattungsbetrages ohne rechtlichen Grund nicht durch Vertrauensschutzgesichtspunkte eingeschränkt wird (Senatsbeschluss vom 20. April 2006 VII B 297/05, BFH/NV 2006, 1442, m.w.N.). Bei der Auszahlung eines Erstattungsbetrages an einen Zessionar handelt es sich grundsätzlich immer um einen einmaligen Vorgang, aus dem heraus der Zessionar kein Vertrauen darin entwickeln kann, das FA werde den Erstattungsbetrag nicht zurückfordern, wenn er zu Unrecht an ihn ausgezahlt worden ist. Für die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben ist somit kein Raum (so schon Senatsurteil vom 1. August 1995 VII R 80/94, BFH/NV 1996, 5; ebenso vom 14. Februar 1989 VII R 55/86, BFH/NV 1989, 751).

Angemerkt sei, dass ein Vertrauen der Klägerin in die Steuerbescheide, die einen Erstattungsanspruch für ihren Vater begründeten, sich schon rein tatsächlich nicht auf ihren Glauben an das Behaltendürfen der Zahlung auswirken konnte. Zwar trifft es zu, dass § 130 Abs. 2 AO den Vertrauensschutz für die Fälle gesetzlich regelt, in denen ein Recht oder ein rechtlich erheblicher Vorteil durch einen Verwaltungsakt begründet oder bestätigt worden ist. Die Vorschrift greift aber in Fällen der vorliegenden Art nicht, denn der Erstattungsanspruch aus den Steuerbescheiden steht hier nicht in Frage. Das Recht (und das Vertrauen darauf), den an die Klägerin ausgezahlten Betrag behalten zu dürfen, gründet sich primär nicht auf die Einkommensteuerbescheide, sondern auf die Wirksamkeit und den Rang der Zession im Verhältnis zu anderen Gläubigern des Zedenten. Dafür gibt es aber keine Vertrauensschutznorm.

2.

Geklärt ist auch, dass die Entreicherungseinrede nach § 818 Abs. 3 BGB auf den Rückforderungsanspruch nach § 37 AO keine Anwendung findet. Selbst wenn der Rechtsgedanke des § 812 Abs. 1 BGB bei der Anwendung von § 37 Abs. 2 AO herangezogen wird, führt ein Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 und § 819 Abs. 1 BGB) nicht zugleich zum Wegfall des abgabenrechtlichen Rückforderungsanspruchs (Senatsbeschluss in BFH/NV 2006, 1442, m.w.N.).

3.

Die grundsätzliche Bedeutung erschließt sich dem Senat auch nicht unter dem Gesichtspunkt der nicht näher erläuterten Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 des Grundgesetzes. Allein der Umstand, dass sich der Zessionar gegenüber speziellen Rückforderungsansprüchen des Staates nicht auf allgemeine zivilrechtliche Einreden berufen kann, begründet keinen Verfassungsverstoß. Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass § 226 Abs. 3 AO keine Ausnahmen vom dort statuierten Aufrechnungsverbot zulässt.

4.

Im Kern rügt die Klägerin mit ihrer Beschwerde eine vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung des FG, indem sie ihre Rechtsauffassung an die Stelle derjenigen des FG setzt. Dies vermag die Zulassung der Revision nach ständiger Rechtsprechung nicht zu rechtfertigen. Für einen schwerwiegenden Fehler, der nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO die Revision eröffnen könnte, fehlen jegliche Anhaltspunkte (vgl. BFH-Beschluss vom 29. Oktober 2003 III B 15/03, BFH/NV 2004, 166).

Ende der Entscheidung

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