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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 21.11.2001
Aktenzeichen: VII B 108/01
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977, UStG, ZPO


Vorschriften:

FGO § 68
FGO § 100 Abs. 1 Satz 1
FGO § 69 Abs. 3 Satz 1
FGO § 69 Abs. 2 Satz 2
AO 1977 § 69
AO 1977 § 34
AO 1977 § 174
AO 1977 § 149 Abs. 2
AO 1977 § 174 Abs. 4
AO 1977 § 191 Abs. 3 Satz 2
AO 1977 § 191 Abs. 3 Satz 1
AO 1977 § 171 Abs. 3a Satz 1
AO 1977 § 171 Abs. 3a Satz 3
UStG § 16 Abs. 1
UStG § 16 Abs. 2
UStG § 18 Abs. 3
UStG § 18 Abs. 4
ZPO § 240
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller) war Geschäftsführer einer GmbH, über deren Vermögen das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet wurde.

Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) meldete in 1993 noch ausstehende Umsatzsteuerzahlungen für das Jahr 1991 beim Konkursverwalter zum Forderungsverzeichnis an und erließ, nachdem der Konkursverwalter Einwendungen gegen die Forderungen des FA erhoben hatte, einen Feststellungsbescheid betreffend Umsatzsteuer 1991 in Höhe von ... DM. Da die GmbH lediglich für die Monate Januar bis Mai 1991 Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht hatte, ermittelte das FA die Höhe der zu zahlenden Jahresumsatzsteuer im Wesentlichen im Wege der Schätzung.

Während des Gesamtvollstreckungsverfahrens reichte der Konkursverwalter im Jahr 1995 die Umsatzsteuerjahreserklärung 1991 beim FA ein. Unter Zugrundelegung der nunmehr erklärten Jahresumsätze führte das FA in 1995 eine Steuerberechnung durch und ermittelte einen von der GmbH noch zu entrichtenden Unterschiedsbetrag zugunsten des FA in Höhe von ... DM. Entsprechend der Jahressteuererklärung wurde auch die angemeldete Umsatzsteuerforderung im Forderungsverzeichnis geändert.

Nach Abschluss des Gesamtvollstreckungsverfahrens ist die GmbH im Handelsregister gelöscht worden.

Mit Haftungsbescheid vom ... (Haftungsbescheid I), gestützt auf die §§ 69, 34 der Abgabenordnung (AO 1977), nahm das FA den Antragsteller wegen der rückständigen Umsatzsteuern 1991 sowie Nebenleistungen in Höhe von ... DM in Anspruch. Als haftungsauslösende Pflichtverletzung warf das FA dem Antragsteller vor, die Umsatzsteuerjahreserklärung 1991 nicht abgegeben und die daraus resultierenden Umsatzsteuerbeträge nicht abgeführt zu haben.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat der Antragsteller beim Finanzgericht (FG) Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Gleichzeitig beantragte der Antragsteller beim FG Aussetzung der Vollziehung (AdV) des angefochtenen Haftungsbescheides, nachdem das FA sein diesbezügliches Begehren abgelehnt hatte.

Nachdem das FG das FA darauf hingewiesen hatte, dass der Haftungsbescheid aufgrund nicht ausgeübten Ermessens fehlerhaft sein dürfte, erließ das FA einen neuen Haftungsbescheid (Haftungsbescheid II). In dem Haftungsbescheid II teilte das FA gleichzeitig mit, dass der Haftungsbescheid I zurückgenommen werde.

Der Antragsteller beantragte den Bescheid gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.

Das FG hat den Haftungsbescheid II in vollem Umfang von der Vollziehung ausgesetzt. Es führte im Wesentlichen aus, es sei ernstlich zweifelhaft, ob der Bescheid wegen Ablaufs der vierjährigen Festsetzungsfrist nach § 191 Abs. 3 Satz 2 AO 1977 noch habe ergehen dürfen. Die Festsetzungsfrist ende, da die Umsatzsteuerrückstände spätestens 1995 fällig geworden seien, mit Ablauf des Jahres 1999. Zwar sei der Ablauf der Festsetzungsfrist zunächst durch den Einspruch gegen den Haftungsbescheid I gemäß § 191 Abs. 3 Satz 1 AO 1977 i.V.m. § 171 Abs. 3a Satz 1 AO 1977 gehemmt gewesen. Die Ablaufhemmung sei aber durch die Rücknahme des Haftungsbescheides I wieder entfallen. Unerheblich sei, dass das FA zeitgleich mit der Rücknahme den Haftungsbescheid II erlassen habe. Denn die Rücknahmeentscheidung sei der nachfolgenden erneuten Inanspruchnahme des Antragstellers eine logische Sekunde vorgegangen, so dass zum Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheides II Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Die Ablaufhemmung sei auch nicht durch § 171 Abs. 3a Satz 3 AO 1977 verlängert worden. Denn diese Vorschrift sei nach dem eindeutigen Wortlaut nur auf den Fall der gerichtlichen Kassation gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO anwendbar, nicht aber auf den Fall der Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch das FA aufgrund eigener besserer Erkenntnisse. Ebenso wenig lasse sich aus § 174 Abs. 4 AO 1977 in Bezug auf den Erlass des Haftungsbescheides II eine Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist entnehmen, da § 174 AO 1977 nicht von der Verweisungsnorm des § 191 Abs. 3 Satz 1 AO 1977 erfasst werde.

Das FA beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Antrag auf AdV abzulehnen. Zur Begründung führt das FA aus, es sei interessengerecht und verfahrensökonomisch, die Regelung des § 171 Abs. 3a Satz 3 AO 1977 über ihren Wortlaut hinaus auch dann anzuwenden, wenn die Finanzbehörde den Verwaltungsakt vor Ergehen einer gerichtlichen Entscheidung wegen erkannter Fehler selbst korrigiert.

Der Antragsteller hält die Beschwerde für unbegründet.

II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides II, der aufgrund des wirksamen Antrages gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden ist.

Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht die Vollziehung einer angefochtenen Entscheidung ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen. Ernstliche Zweifel sind anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung neben Umständen, die für die Rechtmäßigkeit sprechen, gewichtige Umstände zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Tatfragen auslösen. Eine überwiegende Erfolgsaussicht des Rechtsmittels ist für die AdV nicht erforderlich (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. August 2000 VII B 145, 146/00, BFH/NV 2001, 75). Bei der gebotenen summarischen Prüfung hält es der Senat für sehr wahrscheinlich, dass der Haftungsbescheid II wegen Ablaufs der vierjährigen Festsetzungsfrist nach § 191 Abs. 3 Satz 2 AO 1977 nicht mehr ergehen durfte.

Die Festsetzungsfrist beträgt für Haftungsbescheide nach § 191 Abs. 3 Satz 2 AO 1977 grundsätzlich vier Jahre, beginnend mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft (§ 191 Abs. 3 Satz 3 AO 1977). Insoweit ist abzustellen auf die Verwirklichung der Tatbestandsvoraussetzungen einer Haftungsnorm sowie die Entstehung der Steuerschuld (vgl. Senatsurteil vom 12. Oktober 1999 VII R 98/98, BFHE 190, 25, BStBl II 2000, 486). Als haftungsbegründende Pflichtverletzung gemäß § 69 AO 1977 hat das FA an die Nichtabgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung 1991 sowie die Nichtabführung der sich insoweit ergebenden Umsatzsteuerabschlusszahlung angeknüpft. Die Umsatzsteuerjahresschuld entsteht für das Kalenderjahr in dem Zeitpunkt, in dem sie nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) berechenbar ist. Das ist das Ende des Besteuerungszeitraums, mithin das Ende des Kalenderjahres --hier 1991-- (BFH-Urteil vom 9. Mai 1996 V R 62/94, BFHE 181, 188, BStBl II 1996, 662). Die Umsatzsteuerjahreserklärung hätte der Antragsteller gemäß § 18 Abs. 3 UStG i.V.m. § 149 Abs. 2 AO 1977 spätestens zum 31. Mai 1992 abgeben müssen und den sich ergebenden Unterschiedsbetrag zugunsten des FA, der gemäß § 18 Abs. 4 UStG einen Monat nach Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung fällig geworden wäre, bis zum 30. Juni 1992 an das FA entrichten müssen. Der haftungsbegründende Tatbestand, auf den das FA die Inanspruchnahme des Antragstellers gestützt hat, ist daher bereits im Jahr 1992 noch vor dem Ausscheiden des Antragstellers als Geschäftsführer verwirklicht worden. Die Festsetzungsfrist begann daher mit dem Ablauf des Jahres 1992.

Demgegenüber kommt es für den Beginn der Festsetzungsfrist --anders als das FG meint-- im vorliegenden Fall nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt die Umsatzsteuerabschlusszahlung für 1991 tatsächlich fällig wurde. Denn Anknüpfungspunkt für die dem Antragsteller zur Last gelegte Pflichtverletzung ist, wie oben ausgeführt, die Nichtabgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung zum gesetzlichen Zeitpunkt (§ 18 Abs. 3 UStG i.V.m. § 149 Abs. 2 AO 1977) sowie die Nichtzahlung der Umsatzsteuer zum gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkt (§ 18 Abs. 4 UStG). Im Übrigen verkennt das FG, dass ein Umsatzsteuerjahresbescheid nach Aktenlage zu keinem Zeitpunkt ergangen ist und die Umsatzsteuerabschlusszahlung nach Erklärungsabgabe durch den Konkursverwalter zu keinem Zeitpunkt fällig geworden ist. Denn mit Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der GmbH im Juni 1993 war das Steuerfestsetzungsverfahren entsprechend dem Rechtsgedanken des § 240 der Zivilprozessordnung unterbrochen und das FA an einer Steuerfestsetzung gehindert (für den Konkurs u.a. BFH-Urteil vom 2. Juli 1997 I R 11/97, BFHE 183, 365, BStBl II 1998, 428; FG des Landes Brandenburg, Urteil vom 25. August 1999 2 K 133/98 F, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1999, 1099-1100). Die in den Akten befindlichen nicht bekannt gegebenen Umsatzsteuerjahresbescheide 1991 dienten ausschließlich der Steuerberechnung im Rahmen der Anmeldung und anschließenden Feststellung der Umsatzsteuerrückstände zum Forderungsverzeichnis. Die Fälligkeitsdaten sind daher lediglich kassentechnischer Natur. Der Verwirklichung des Haftungstatbestandes erst in 1995 steht auch entgegen, dass der Antragsteller bereits im August 1992 als Geschäftsführer der GmbH ausgeschieden ist. Die vierjährige Festsetzungsfrist für den Erlass eines Haftungsbescheids endete daher gemäß § 191 Abs. 3 Satz 3 AO 1977 grundsätzlich mit Ablauf des 31. Dezember 1996.

Da die Umsatzsteuer 1991 aber noch nicht festgesetzt worden war, endete die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist (vgl. § 191 Abs. 3 Satz 4 AO 1977). Die vierjährige Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977) für die Jahresumsatzsteuer 1991 begann, da die Umsatzsteuererklärung erst in 1995 eingereicht worden ist, gemäß § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 mit Ablauf des dritten Kalenderjahres nach der Entstehung der Jahresumsatzsteuer 1991. Da die Jahresumsatzsteuer, wie ausgeführt, Ende des Jahres 1991 entstanden war, begann die Festsetzungsfrist daher mit Ablauf des Jahres 1994 und endete mit dem Ablauf des Kalenderjahres 1998. Das Ende der Festsetzungsfrist ist nicht wegen der Anmeldung der Umsatzsteuer 1991 in dem Gesamtvollstreckungsverfahren hinausgeschoben worden (vgl. § 171 Abs. 13 AO 1977), da das Gesamtvollstreckungsverfahren, was aus der Löschung der GmbH im Handelsregister am ... folgt, über drei Monate vor Ablauf der regulären Festsetzungsfrist beendet war.

Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist auch nicht durch die gemäß § 191 Abs. 3 Satz 1 AO 1977 entsprechend auf den Erlass von Haftungsbescheiden anwendbare Regelung in § 171 Abs. 3a AO 1977 (vgl. zur vorherigen Regelung des § 171 Abs. 3 AO 1977: BFH-Urteil vom 23. März 1993 VII R 38/92, BFHE 171, 10, BStBl II 1993, 581) gehemmt. Danach läuft die Festsetzungsfrist eines angefochtenen Haftungsbescheides erst dann ab, wenn über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden worden ist (§ 171 Abs. 3a Satz 1 und 2 AO 1977). Zwar ist durch die Anfechtung des noch innerhalb der Festsetzungsfrist erlassenen Haftungsbescheides I zunächst der Ablauf der Festsetzungsfrist gehemmt worden. Die Ablaufhemmung ist aber durch die während des Klageverfahrens erfolgte Rücknahme des Haftungsbescheides I entfallen. Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei dem Haftungsbescheid II um einen zusammengefassten Verwaltungsakt, der zwei selbständige Regelungen, nämlich die Rücknahmeentscheidung sowie den Neuerlass eines Haftungsbescheides beinhaltet. Mit der Rücknahme im Klageverfahren ist der Haftungsbescheid unanfechtbar i.S. des § 171 Abs. 3a Satz 1 AO 1977 geworden. Denn durch die Aufhebung eines angefochtenen Bescheides tritt seine Unanfechtbarkeit unabhängig von den Gründen ein, die Anlass zur Aufhebung des Bescheides waren (vgl. BFH-Urteile vom 16. Mai 1990 X R 147/87, BFHE 161, 398, BStBl II 1990, 942, und vom 6. Mai 1994 VI R 47/93, BFHE 174, 363, BStBl II 1994, 715). Dem steht jedenfalls bei der gebotenen summarischen Prüfung nicht entgegen, dass das FA den Haftungsbescheid zeitgleich mit dem Erlass eines neuen Haftungsbescheides zurückgenommen hat. Anders als es der Antragsgegner dem Beschluss vom 24. Januar 1995 VII B 142/94 (BFHE 176, 224, BStBl II 1995, 227) entnehmen will, dürfte dieser Umstand nichts daran ändern, dass der zurückgenommene Haftungsbescheid unanfechtbar geworden ist. Die Regelung in § 171 Abs. 3a AO 1977 setzt voraus, was sich auch der Sonderregelung in § 171 Abs. 3a Satz 3 AO 1977 entnehmen lässt, dass der fristwahrende Bescheid und derjenige, mit dem der abgabenrechtliche Anspruch geltend gemacht wird, identisch sind (vgl. BFH-Urteil in BFHE 161, 398, BStBl II 1990, 942). An der Identität fehlt es, wenn wie vorliegend ein Haftungsbescheid wegen nicht erfolgter Ermessensausübung aufgehoben wird und in dem nachfolgenden Haftungsbescheid erstmals das Ermessen ausgeübt wird.

Zwar läuft dann, wenn das FG einen Haftungsbescheid wegen fehlender Ermessensausübung aufgehoben hat, die Festsetzungsfrist für den Haftungsanspruch gemäß § 171 Abs. 3a Satz 3 AO 1977 nicht ab, bevor der neue Haftungsbescheid, mit dem das FA seine Ermessensausübung nach Ergehen der gerichtlichen Entscheidung nachgeholt hat, unanfechtbar geworden ist. § 171 Abs. 3a Satz 3 AO 1977 verlängert die Ablaufhemmung aber ausdrücklich nur für den Fall der gerichtlichen Kassation gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO, nicht aber für den Fall, dass das FA seinen Bescheid aufgrund eigener besserer Erkenntnis selbst aufhebt (Senatsbeschluss in BFHE 176, 224, BStBl II 1995, 227).

Diese Regelung lässt sich wegen ihres eindeutigen Wortlauts nicht auf die im Streitfall erfolgte Rücknahme des Haftungsbescheids durch das FA ausdehnen. Aus den in § 171 Abs. 3a Satz 3 AO 1977 genannten gerichtlichen Entscheidungen ergibt sich, dass die Sache mit der gerichtlichen Entscheidung noch nicht endgültig erledigt ist, sondern die Verwaltungsentscheidung in der Erwartung aufgehoben wird, dass das FA in der Sache neu entscheidet. Der Senat verkennt nicht, dass durch den im Streitfall zeitgleich mit der Aufhebungsentscheidung erfolgten Neuerlass des Haftungsbescheides dem Antragsteller in vergleichbarer Weise erkennbar geworden ist, dass die Sache nicht erledigt ist. Ob jedoch allein deshalb, wie das FG auch unter Hinweis auf das sonst unbefriedigende Ergebnis anregen will, die Regelung des § 171 Abs. 3a AO 1977 über den eindeutigen Wortlaut hinaus auch auf die behördliche Kassationsentscheidung während des anhängigen Klageverfahrens Anwendung finden soll, muss jedenfalls im vorliegenden Aussetzungsverfahren unbeantwortet bleiben. Denn in dem summarischen Verfahren kommt es nur darauf an, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen. Derartige Zweifel werden aber jedenfalls durch die Wortlautauslegung des § 171 Abs. 3a Satz 3 AO 1977 hervorgerufen. Die Entscheidung, ob § 171 Abs. 3a Satz 3 AO 1977 im Wege der historischen und/oder teleologischen Auslegung über den Wortlaut hinaus auch auf den Fall der behördlichen Kassation anzuwenden ist, muss daher dem Klageverfahren bzw. einem eventuellen Revisionsverfahren vorbehalten bleiben.

Im Übrigen hat das FG zutreffend ausgeführt, dass sich auch aus § 174 Abs. 4 AO 1977 in Bezug auf den Erlass eines Haftungsbescheids keine Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist entnehmen lässt (vgl. Beschluss in BFHE 176, 224, BStBl II 1995, 227).

Ende der Entscheidung

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