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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 21.08.2000
Aktenzeichen: VII B 113/00
Rechtsgebiete: FGO
Vorschriften:
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 | |
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3 |
Gründe
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Finanzgericht (FG) erkannt, dass der gegen die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) erlassene Bescheid vom 26. März 1998 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 19. August 1998 auf Duldung der Zwangsvollstreckung in die von ihr erworbene Eigentumswohnung rechtmäßig ist.
Das FG hielt alle Voraussetzungen für eine sog. Absichtsanfechtung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Anfechtungsgesetzes vom 20. Mai 1898 für erfüllt. Es führte im Wesentlichen aus, der angefochtene Duldungsbescheid sei formell ordnungsgemäß ergangen und auch materiell rechtmäßig. Der Ehemann der Klägerin sei Schuldner der im Duldungsbescheid im Einzelnen aufgeführten bestandskräftig festgesetzten Steuerschulden in Höhe von ca. ... DM (bis zum Tag der mündlichen Verhandlung ausweislich des Kontoauszugs vom 16. Dezember 1999 auf ... DM zurückgeführt), deren Beitreibung im Wege der Zwangsvollstreckung erfolglos gewesen sei. Das FG hielt es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für erwiesen, dass die Klägerin das Geld zum Erwerb der vom Duldungsbescheid betroffenen Eigentumswohnung von ihrem Ehemann, dem Vollstreckungsschuldner, geschenkt erhalten habe. Mit der Weggabe des Geldes habe dieser sein Vermögen vermindert und seine Gläubiger und damit auch das FA objektiv benachteiligt. Die Gläubigerbenachteiligung sei auch beabsichtigt gewesen, und die Klägerin als Empfänger der Schenkung habe auch positive Kenntnis von der Gläubigerbenachteiligungsabsicht ihres Mannes gehabt.
Gegen dieses Urteil des FG richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, die sie auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und auf den Verfahrensfehler der Verletzung des rechtlichen Gehörs stützt.
Die Beschwerde ist unzulässig, denn die Klägerin hat in der Beschwerdeschrift weder die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage in ausreichender Weise dargelegt noch den geltend gemachten Verfahrensmangel schlüssig bezeichnet (§ 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605), die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. die Hinweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 115 Rz. 8 ff.). Nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in der Beschwerdeschrift schlüssig und substantiiert dargelegt werden. Dazu ist erforderlich, dass der Beschwerdeführer konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung sowie darauf eingeht, weshalb von der Beantwortung der Rechtsfrage die Entscheidung über die Rechtssache abhängt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479).
Die Ausführungen der Klägerin in der Beschwerdeschrift erfüllen diese Anforderungen nicht. Zu der Rechtsfrage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung, ob die Geltendmachung des Duldungsanspruchs die Anfechtung umfasst, wird lediglich ausgeführt: "Diese Ansicht erscheint streitig. Es erscheint fraglich, aus dem Wesen eines gesetzlichen Schuldverhältnisses zu entnehmen, das Gebot der Bestimmtheit staatlichen Handelns (hier: Erklärung der Anfechtung gegenüber dem Anfechtungsgegner) sei entbehrlich." Hieraus ergibt sich schon nicht die erforderliche Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage durch den BFH, zumal die vom FG vertretene Auffassung, die Geltendmachung des Duldungsanspruchs beinhalte die Anfechtung, der ständigen Rechtsprechung des BFH entspricht (vgl. das vom FG zitierte BFH-Urteil vom 24. Februar 1987 VII R 23/85, BFH/NV 1987, 283, m.w.N., auf das die Beschwerde im Übrigen mit keinem Wort eingeht).
Soweit die Klägerin ferner vorbringt, das FG habe bei der Beurteilung der Anforderungen an die Begründung eines Duldungsbescheids außer Acht gelassen, dass die Klägerin der deutschen Sprache nicht mächtig sei, so dass sich "unter dem Aspekt der Begründungsdichte eines Duldungsbescheids gegenüber Ausländern" eine grundsätzliche Bedeutung der Sache ergebe, kann der Senat hieraus nicht einmal eine hinreichend deutlich formulierte und entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung entnehmen. Denn es ist unerfindlich, inwiefern ein Duldungsbescheid einem Ausländer gegenüber anders begründet oder formuliert werden müsste als gegenüber einem Deutschen.
2. Wird die Zulassung der Revision auf den Verfahrensmangel der Verletzung rechtlichen Gehörs gestützt (§ 115 Abs. 2 Nr. 3, § 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) und damit begründet, das Gericht habe bei seinem Urteil entscheidungserhebliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen, ist in der Beschwerdeschrift substantiiert und schlüssig darzulegen, dass bei einer Berücksichtigung des übergangenen Sachvortrags eine andere Entscheidung des Gerichts möglich gewesen wäre (BFH-Beschlüsse vom 26. April 1995 II B 111/94, BFH/NV 1995, 1074, m.w.N.; vom 22. Februar 1996 VI B 168/95, BFH/NV 1996, 570, und vom 30. August 1996 VIII B 15/95, BFH/NV 1997, 241). Dabei muss der Beschwerdeführer --wie bei der Geltendmachung von anderen Verfahrensmängeln auch-- seinem Vortrag den materiell-rechtlichen Standpunkt des FG zugrunde legen (s. dazu Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 24) und aufzeigen, dass das FG auf der Grundlage dieses Standpunkts, hätte es den übergangenen Sachvortrag nicht außer Acht gelassen, zu einer anderen, ihm, dem Beschwerdeführer, günstigeren Entscheidung hätte kommen können oder müssen. Nur bei Beachtung dieser Grundsätze wird die Pflicht zur ausreichenden Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO) erfüllt und die mögliche Entscheidungserheblichkeit des geltend gemachten Verfahrensmangels (s. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) schlüssig dargelegt.
Im Streitfall ist die Klägerin diesen Anforderungen nicht nachgekommen. Sie hat nicht aufgezeigt, inwiefern eine Berücksichtigung ihres angeblich übergangenen Sachvortrags das FG zu einer anderen, ihr günstigeren Entscheidung hätte führen können. Insbesondere wäre es erforderlich gewesen aufzuzeigen, inwiefern die zwischenzeitlichen Teilzahlungen des Vollstreckungsschuldners auf die rückständigen Steuerforderungen die vom FG angenommene Gläubigerbenachteiligungsabsicht bei der Schenkung des für den Erwerb der Eigentumswohnung erforderlichen Geldbetrags an die Klägerin hätten widerlegen können.
In Wirklichkeit will die Klägerin indes nach Auffassung des Senats im Grunde auch gar nicht die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend machen, sondern, wie die Beschwerde unmissverständlich zum Ausdruck bringt, die fehlerhafte Gewichtung des Ergebnisses der Beweisaufnahme durch das FG, unzutreffend eingebettet in die Gehörsrüge, rügen. Die Grundsätze der Tatsachen- und Beweiswürdigung sind aber revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen eines mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachten Verfahrensmangels i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO entzogen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 29. November 1995 XI B 69/95, BFH/NV 1996, 421).
Ende der Entscheidung
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