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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 28.02.2008
Aktenzeichen: VII B 121/07
Rechtsgebiete: FGO
Vorschriften:
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3 |
Gründe:
I. Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Oberfinanzdirektion) erteilte der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) im Juni bzw. Juli 2004 verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTA) für vier zur Verarbeitung in der Lebensmittelindustrie verwendete Halbwaren mit den Bezeichnungen ... Diese Waren enthalten jeweils Saccharose in Form von Kristallen mit einem Anteil von 98 GHT, 99,35 GHT bzw. 99,60 GHT. Die übrigen Anteile sind Zitronensäure und Ascorbinsäure, Mate, Zichorieinstant und Kaffeeinstant. Mit den erteilten vZTA wurden die genannten Waren in die Unterpos. 1701 99 90 der Kombinierten Nomenklatur (KN) eingereiht, während die Klägerin die Einreihung als Lebensmittelzubereitungen in die Pos. 2101 bzw. 2106 KN begehrte.
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FG urteilte, dass die Waren in Anwendung der Allgemeinen Vorschrift für die Auslegung der KN (AV) 3b zu Recht in die Unterpos. 1701 99 00 KN eingereiht worden seien, weil die Saccharose schon im Hinblick auf ihren deutlich überwiegenden Anteil den Mischungen ihren wesentlichen Charakter verleihe. Soweit die Klägerin geltend mache, dass die der Saccharose zugesetzten Substanzen bei der Verwendung der Waren in der Lebensmittelindustrie als unentbehrlich angesehen würden, sei dies für die Einreihung unbeachtlich, da auf den Verwendungszweck einer Ware nur abgestellt werden dürfe, wenn in den maßgeblichen Bestimmungen ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen werde. Bestätigt werde dieses Ergebnis durch die Einreihungsverordnung (EG) Nr. 227/2006 (VO Nr. 227/2006) der Kommission vom 9. Februar 2006 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 39/3), mit der den Waren des Streitfalls ähnliche Waren der Unterpos. 1701 99 00 KN zugewiesen worden seien.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie auf den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt. Soweit das FG allein auf den Gewichtsanteil der Saccharose abgestellt habe, um diese als charakterbestimmend anzusehen, stehe dies im Widerspruch zu dem Beschluss des FG Hamburg vom 29. Januar 2007 4 V 150/06 (nicht veröffentlicht), demzufolge das Gewicht allein kein ausreichendes Kriterium für die Charakterbestimmung sei.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund jedenfalls nicht vorliegt, weshalb der Senat auf die Mängel bezüglich der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen schlüssigen Darlegung der Zulassungsgründe nicht näher eingehen muss.
Im Streitfall ist eine Revisionsentscheidung des Bundesfinanzhofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich, weil die sich im Zusammenhang mit der AV 3b und dem charakterbestimmenden Bestandteil einer Mischung ergebenden Rechtsfragen geklärt sind und das FG im Streitfall von diesen Rechtsgrundsätzen nicht abgewichen ist.
Welcher Bestandteil einer zusammengesetzten Ware charakterbestimmend ist, lässt sich unter Beachtung der Erläuterungen zum Harmonisierten System zur AV 3b Rz 19.0 ermitteln. Danach kann sich das entscheidende Merkmal z.B. aus der Art und Beschaffenheit des Stoffes oder der Bestandteile, aus dem Umfang, der Menge, dem Gewicht, dem Wert oder der Bedeutung in Bezug auf die Verwendung der Ware und auch aus ihrem Erscheinungsbild ergeben (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 20. Juni 1996 Rs. C-121/95, EuGHE 1996, I-3047; Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 VII R 8/06, BFH/NV 2007, 1368; Lux in Dorsch, Zollrecht, A 4, VO KN, App. 1: Kombinierte Nomenklatur --Einf.-- Rz 74). Welches dieser nicht abschließend aufzählbaren Merkmale im Einzelfall zu berücksichtigen ist, hängt von der Art der Ware ab (Senatsurteile vom 2. Juni 1992 VII K 2/91, BFH/NV 1992, 853; vom 23. Juli 1998 VII R 36/97, BFHE 186, 188, BStBl II 1998, 739, und in BFH/NV 2007, 1368). Die auf dieser Grundlage vorzunehmende Gesamtwürdigung und Gewichtung der festgestellten objektiven Merkmale der zu vergleichenden Warenbestandteile ist eine dem Tatsachengericht vorbehaltene Würdigung, die auf tatsächlichem Gebiet liegt und daher einer revisionsrechtlichen Überprüfung nur eingeschränkt zugänglich ist (Senatsurteil in BFH/NV 2007, 1368, m.w.N.).
Wenn daher das FG Hamburg in dem von der Beschwerde angeführten Beschluss vom 29. Januar 2007 4 V 150/06 bezüglich anderer Waren als denjenigen des Streitfalls angenommen hat, es sei nicht ausgeschlossen, dass ein Inhaltsstoff, dessen Gewichtsanteil den der anderen Inhaltsstoffe überwiege, gleichwohl nicht charakterbestimmend sei, so ist dies nach den vorgenannten Maßstäben eine im Rahmen der Gesamtwürdigung zulässige Erwägung. Ebenso rechtlich zulässig ist es aber --wie es das FG im Streitfall getan hat--, denjenigen Bestandteil einer Mischung als charakterbestimmend anzusehen, dem in der Mischung der weitaus überwiegende Gewichtsanteil zukommt, insbesondere wenn keine anderen Merkmale der Mischungsbestandteile für die Bestimmung des Charakters der Mischung in Betracht kommen. Deshalb ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das FG bei seiner Gesamtwürdigung und Gewichtung der festgestellten Merkmale der Warenbestandteile nicht auf den --von der Beschwerde für wesentlich gehaltenen-- Geschmack abgestellt hat, den die Mischungen durch die der Saccharose mit geringfügigem Anteil hinzugefügten Zusatzstoffe erhalten haben, denn allein das Hinzufügen von Stoffen, welche der Saccharose eine bestimmte besondere Geschmacksrichtung verleihen, führt, wie die Warenbezeichnungen in der Pos. 1701 KN zeigen, nicht zur Ausweisung der Warenmischung aus dieser Position.
Das FG hat im Übrigen seine Entscheidung auch auf die VO Nr. 227/2006 gestützt, mit der verschiedene, den Waren des Streitfalls ähnliche Waren als "andere Zucker" in die Unterpos. 1701 99 90 KN eingereiht worden sind, weil die geringe Menge an Zusatzstoffen nicht ausreiche, um die Eigenschaften eines Zuckers zu ändern. Es entspricht --wie das FG zutreffend ausgeführt hat-- der Rechtsprechung des beschließenden Senats, dass eine Einreihungsverordnung, auch wenn sie nicht die identische zu tarifierende Ware betrifft, bei der Tarifierung gleichwohl als Gesetzgebungsbeispiel zur Begründung der Einreihung herangezogen werden kann (Senatsurteil vom 9. Mai 2000 VII R 14/99, BFH/NV 2001, 72). Dass im Streitfall die Heranziehung der vorgenannten Einreihungsverordnung nicht in Betracht kam, weil sich die hier zu tarifierenden Waren von denen der Einreihungsverordnung in maßgeblicher Weise unterscheiden, macht die Beschwerde nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich.
Ende der Entscheidung
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