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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 13.06.2000
Aktenzeichen: VII B 125/00
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 56
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG), mit dem seine Klage gegen die Aufforderung zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung wegen Fristversäumnis als unzulässig abgewiesen worden ist, mit Schriftsatz vom 18. April 2000 --bei dem FG eingegangen am 20. April 2000-- Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision eingelegt. Das mit ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung versehene Urteil des FG, gegen das die Revision nicht zugelassen worden ist, ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers lt. Postzustellungsurkunde durch Niederlegung am 5. Februar 2000 zugestellt worden. Der Beschwerdeschriftsatz enthält eine Begründung und gleichzeitig den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis.

Zur Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung wird ausgeführt, der Klägervertreter habe entsprechend der Zustellung des Urteils durch Niederlegung am 5. Februar 2000 in der Akte den Ablauf der Beschwerdefrist wegen Nichtzulassung der Revision zum 6. März 2000 vorgemerkt und seine zuverlässige und geschulte Bürokraft Herrn T. angewiesen, die Beschwerdefrist im Fristenkalender der EDV einzugeben. Herr T. habe diesen Vorgang dem Prozessvertreter gegenüber ausdrücklich bestätigt. Am Abend des 5. Februar 2000 sei es jedoch zu einem erstmaligen unvorhersehbaren Absturz der Computeranlage gekommen, so dass auf die am 5. Februar 2000 gespeicherten Daten nicht mehr hätte zurückgegriffen werden können. Bei der Rekonstruktion der Daten sei aus dem Eintrag der Frist für die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision der Eintrag einer Revisionsfrist geworden und zudem sei die Akte des Klägers versehentlich in eine andere Akte eingefügt und mit dieser abgelegt worden, so dass die Akte, als sie am 28. Februar 2000 zur Bearbeitung hätte vorgelegt werden sollen, trotz intensiver Suche nicht auffindbar gewesen sei. Da jedoch gemäß Fristenkalender die Revisionsfrist abgelaufen wäre, habe man anhand der Daten in der EDV gegen das Urteil zunächst nur fristwahrend Revision eingelegt und den Eintrag der Revisionsbegründungsfrist zum 5. April 2000 veranlasst. Mit Schriftsatz vom 4. April 2000 sei die Verlängerung der Begründungsfrist um zwei Wochen beantragt (und gewährt) worden, weil der Klägervertreter infolge Erkrankung die Bearbeitung nicht hätte vornehmen können. Aufgrund all dieser Umstände sei erst am 13. April 2000, als die Akte zur weiteren Sachbearbeitung dem unterzeichnenden Klägervertreter vorlag, festgestellt worden, dass die Frist für die Nichtzulassungsbeschwerde versäumt worden sei. Die Richtigkeit dieser Angaben werde anwaltlich versichert; eine eidesstattliche Versicherung des Herrn T. wurde angekündigt, jedoch nicht vorgelegt.

Der Klägervertreter beantragt, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und in der Sache Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.

Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ist unzulässig.

Die Beschwerde wurde am 20. April 2000, mithin verspätet, eingelegt. Die Rechtsmittelfrist von einem Monat, die mit Ablauf des 5. Februar 2000 in Lauf gesetzt worden war, endete mit Ablauf des 6. März 2000 (§§ 54, 55 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. § 222 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung --ZPO--; §§ 187, 188 des Bürgerlichen Gesetzbuches, § 222 Abs. 2 ZPO).

Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO kommt nicht in Betracht. Gewährung der Wiedereinsetzung nach § 56 FGO hätte vorausgesetzt, dass der Kläger bzw. der Prozessbevollmächtigte des Klägers ohne Verschulden verhindert war, die Beschwerdefrist einzuhalten. Trifft den Prozessbevollmächtigten an der Versäumnis der Frist ein Verschulden, so muss sich der Beteiligte dieses wie eigenes Verschulden zurechnen lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO).

Das Vorbringen des Klägervertreters ist nicht geeignet, ein dem Kläger zuzurechnendes Verschulden seines Prozessbevollmächtigten an der Fristversäumnis auszuschließen. Nach ständiger Rechtsprechung gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz hergestellt wird und rechtzeitig bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren, die sich nicht darauf beschränken darf, das Datum des Fristablaufs im Fristenkalender zu vermerken, sondern die, sofern es sich um eine Rechtsbehelfs- oder Rechtsmittelfrist handelt, auch einen Hinweis auf das einzulegende Rechtsmittel enthalten muss. Zu den Sorgfaltspflichten des mit der Einlegung eines Rechtsmittels beauftragten Rechtsanwalts gehört neben der Prüfung des Zustelldatums und des Fristendes auch die Klärung der Frage, welches Rechtsmittel einzulegen ist. Da es sich dabei um die Prüfung einer Zulässigkeitsvoraussetzung des Rechtsmittels handelt, fällt diese Aufgabe in den alleinigen Verantwortungsbereich des Rechtsanwalts (vgl. dazu Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 25. Mai 1993 VI ZB 32/92, Versicherungsrecht 1994, 199, m.w.N., und Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 13. Juli 1998 V B 23/98, BFH/NV 1999, 192). Im Streitfall wäre der Prozessvertreter des Klägers in Kenntnis der Häufung von Fehlleistungen im organisatorischen Bereich seiner Kanzlei (Zustellung des Urteils durch Niederlegung, Computerabsturz mit Vernichtung der Fristendatei, Verlegung der Akte des Klägers) in verstärktem Maße verpflichtet gewesen, sich persönlich um den Vorgang zu kümmern. Er hätte spätestens bei Kenntniserlangung am 28. Februar 2000 davon, dass die Akte des Klägers in seiner Kanzlei zeitweise unauffindbar war, bemüht sein müssen, sich wenigstens vom Inhalt des Urteils des FG Kenntnis zu verschaffen, sei es durch Akteneinsicht bei dem am gleichen Orte wie die Kanzlei befindlichen FG oder durch Beschaffung einer Kopie bzw. eines Telefaxes des FG-Urteils, um die richtige Entscheidung treffen zu können, welches Rechtsmittel eingelegt werden soll. Darin, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers selbst ein Mindestmaß an eigener Initiative bezüglich der Wahrung der Rechtsmittelfrist zur Einlegung des richtigen Rechtsmittels hat vermissen lassen, liegt dessen eigenes für die Versäumung der Beschwerdefrist ursächliches Verschulden, da diese bei rechtzeitiger Einholung der richtigen Informationen hätte gewahrt werden können. Auf die erhebliche Zeit nach Fristablauf eingetretene Erkrankung des Klägervertreters kommt es daher ebenso wenig an wie auf ein etwaiges Verschulden der Bürokraft.



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