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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 12.02.2009
Aktenzeichen: VII B 147/08
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist ein Milcherzeuger, der wegen Erschöpfung seiner Anlieferungsreferenzmenge mit zwei Landwirten einen jeweils zeitlich befristeten Vertrag über die Nutzung seiner Milchviehherde und --in dem einen der beiden Fälle-- auch über diejenige der Produktionseinrichtungen für die Milcherzeugung und zugleich einen Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen hat, der ihm die Versorgung der Kuhherde auch während der jeweiligen Pachtzeiten aufträgt. Der erste der genannten Verträge betrifft eine Nutzungsdauer von 64 Tagen jährlich und ist im September 2003 mit dem Landwirt B geschlossen worden. Der zweite Vertrag mit dem Landwirt A stammt aus dem Jahre 2001 und bezieht sich auf eine jährliche Nutzung der Herde für eine Dauer von drei bis vier Monaten.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) sieht unbeschadet dieser Verträge den Kläger als Erzeuger der auf seinem Hof produzierten Milch auch während der Pachtzeiten an und hat deshalb veranlasst, dass die Käuferin entsprechende Milchabgaben von rd. 62 000 EUR für das Milchwirtschaftsjahr 2003/04 angemeldet hat.

Hiergegen richtet sich die Klage, die das Finanzgericht (FG) abgewiesen hat. Es urteilte, die mit den Landwirten B und A geschlossenen Verträge genügten zwar den formalen Anforderungen an ihre Wirksamkeit. Sie seien jedoch angesichts der konkreten in ihnen enthaltenen Regelungen keine taugliche Grundlage für einen selbständigen Betrieb der Milchwirtschaft durch die Pächter. Das wirtschaftliche Risiko der Milcherzeugung sei vielmehr im Wesentlichen beim Kläger verblieben und die mangelnde Übertragung des Risikos auf die Pächter werde im Rahmen der Gesamtwürdigung auch nicht durch andere Umstände der vertraglichen Gestaltung kompensiert.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des Klägers, mit der im Wesentlichen gerügt wird, es beruhe "im Kern" auf einem unzulässigen und denkgesetzwidrigen Schluss, aufgrund der festgestellten Tatsachen hätten die Pächter lediglich ein nicht nennenswertes wirtschaftliches Risiko hinsichtlich der Milcherzeugung übernommen. Ferner meint die Beschwerde, der Zulassungsgrund der besonderen Bedeutung der Rechtssache liege vor, da der Fall in exemplarischer Weise die Verkennung des Typusbegriffs des selbständigen Milcherzeugers erkennen lasse und aus diesem Grunde Anlass zur grundsätzlichen Klärung gebe.

II.

Die Beschwerde (§ 116 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) ist als unzulässig zu verwerfen, weil Revisionszulassungsgründe (§ 115 Abs. 2 FGO) nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Weise dargelegt sind.

1.

In der Beschwerdebegründung wird eingehend ausgeführt, aus welchen Gründen der Kläger meint, dass während der strittigen Pachtzeiten nicht er, sondern die Pächter das wirtschaftliche Risiko der Milcherzeugung getragen hätten. Dazu werden eine Reihe von Beispielen angeführt, etwa der Fall einer Störung der für die Aufbewahrung von Milch erforderlichen Kühlung, Schwankungen des von der Molkerei für die Milch bezahlten Preises sowie das Erkrankungsrisiko der Kühe. Ungeachtet der Erwägungen, mit denen das HZA diesen Ausführungen entgegengetreten ist, sind diese Ausführungen der Beschwerde schon im Ansatz ungeeignet, einen Grund aufzuzeigen, aus dem die Revision gegen das Urteil des FG zugelassen werden könnte.

Aus welchen Gründen eine Revision zuzulassen ist, ist in § 115 Abs. 2 FGO --abschließend-- geregelt. Wird mit der Beschwerde nach § 116 Abs. 1 FGO geltend gemacht, dass das FG bei seiner Nichtzulassungsentscheidung verkannt habe, dass einer dieser Gründe vorliegt, so sind die dafür maßgeblichen Tatsachen gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO --innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist-- so substantiiert und schlüssig darzulegen, dass der Bundesfinanzhof (BFH) anhand des Beschwerdevorbringens --seine Übereinstimmung mit dem tatsächlichen Verlauf des Verfahrens und dem Inhalt des finanzgerichtlichen Urteils unterstellt-- das Vorliegen eines Revisionszulassungsgrunds überprüfen kann.

a)

Dazu ist, wenn das Zulassungsbegehren --wie sinngemäß auch im Streitfall-- auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) gestützt wird, insbesondere eine Rechtsfrage herauszuarbeiten, die sich auf der Grundlage der vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen in dem angestrebten Revisionsverfahren stellen würde und über den Streitfall hinaus für die einheitliche Rechtsanwendung oder die Fortentwicklung des Rechts ("grundsätzlich") Bedeutung hat. Dies kann etwa in der Form geschehen, dass in der Beschwerdebegründung der Rechtssatz angegeben und in Form eines Leitsatzes des angestrebten BFH-Urteils formuliert wird, der nach Meinung des Beschwerdeführers aufzustellen ist und eine dem Kläger günstigere Entscheidung zur Folge haben müsste. Diesbezügliche Angaben und Ausführungen finden sich indes in der Beschwerdebegründung nicht.

b)

Es fehlen auch jegliche Angaben, die darauf schließen lassen, dass das Urteil des FG auf einem Verfahrensmangel beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Aus den umfangreichen Ausführungen der Beschwerde zu den angeblichen Verstößen des FG gegen Denkgesetze bei der von ihm im Streitfall vorgenommenen Anwendung des Begriffs "Milcherzeuger" ergibt sich dafür nichts, weil die Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter solche Rechtsbegriffe ebenso wie die Würdigung des tatsächlichen Vorbringens der Beteiligten und des Beweisergebnisses sowie die aus den einzelnen festgestellten Tatsachen vom FG gezogenen tatsächlichen Schlussfolgerungen zur materiellen Rechtsanwendung gehören und folglich etwaige diesbezügliche Mängel keine Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO darstellen. Deshalb kann eine Revision wegen eines Verstoßes des FG gegen die Denkgesetze oder --an sich revisible-- allgemeine Erfahrungssätze bei der Feststellung und Würdigung des Sachverhalts nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zugelassen werden, auch wenn solche Verstöße einer zugelassenen Revision unter Umständen zum Erfolg verhelfen können.

c)

Dass das Urteil des FG auf Rechtssätzen beruht, welche mit in der Rechtsprechung des beschließenden Senats aufgestellten Rechtssätzen unvereinbar wären, und dass aus diesem Grund die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen wäre, behauptet die Beschwerde nicht einmal.

d)

Ihrem Vorbringen ist aber auch nicht zu entnehmen, dass die Beweiswürdigung des FG und dessen rechtliche Beurteilung, dass der Kläger trotz der mit B und A geschlossenen Pacht- und Geschäftsbesorgungsverträge während der betreffenden Pachtzeit Milcherzeuger geblieben sei, bei verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage unter keinem denkbaren Gesichtspunkt nachvollziehbar, sondern "objektiv willkürlich" wäre und deshalb eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO erfolgen müsste. Mit dem Vorbringen, einzelne für die Zuordnung eines Lebenssachverhalts zu einem Typusbegriff wie dem des Milcherzeugers maßgebliche Merkmale lägen vor, kann eine abweichende Beurteilung des Tatrichters, dem die Subsumtion des Sachverhalts unter einen solchen Begriff in erster Linie obliegt, nicht als denkgesetzwidrig, geschweige denn als objektiv willkürlich bezeichnet werden. Denn solchen Begriffen ist es gerade eigen (vgl. u.a. Urteil des Senats vom 25. September 2007 VII R 28/06, BFHE 218, 448, BFH/NV 2008, 177), dass sie nicht durch eine feststehende begrenzte Anzahl von Merkmalen definiert werden können, deren Vorliegen die Zuordnung zu einem solchen Begriff zwingend gebietet oder deren Fehlen diese ausschließt, sondern dass eine Zuordnung eines Falles zu einem solchen Begriff dann, aber auch nur dann geboten ist, wenn jener überwiegend durch Umstände geprägt wird, die für den Typus --hier: eine selbständige Bewirtschaftung von Produktionsmitteln für die Milcherzeugung-- typisch sind. Revisionsrechtlich zu beanstanden oder gar willkürlich kann eine solche Zuordnung des Tatrichters folglich nur dann sein, wenn dieser bei der erforderlichen, ihm aufgetragenen Gesamtwürdigung einzelnen Merkmalen ein unter keinem denkbaren Gesichtspunkt nachvollziehbares und vertretbares Gewicht beigemessen hat oder Merkmale beiseite geschoben oder völlig unberücksichtigt gelassen hat, denen vernünftigerweise entscheidendes Gewicht hätte beigemessen werden müssen. Dass solcherlei dem Urteil des FG entgegengehalten werden könnte, ist jedoch in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt und auch sonst nicht erkennbar. Dieses enthält auch nicht, wie die Beschwerde nur aufs Geratewohl hin behauptet, Subsumtionsfehler, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung haben könnten und deren Wiederholung in vergleichbaren Streitfällen durch eine Revisionsentscheidung entgegenzutreten der beschließende Senat deshalb Anlass hätte.

2.

Sofern der Kläger im Übrigen versucht hat, durch seinen Schriftsatz vom 17. Oktober 2008 weitere Revisionszulassungsgründe vorzutragen, verkennt er, dass eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision nach § 116 Abs. 3 FGO --wie bereits erwähnt-- innerhalb der --im Streitfall am 17. Oktober 2008 lange abgelaufenen-- Beschwerdefrist zu begründen ist und nach Ablauf der Beschwerdefrist vorgetragene Revisionszulassungsgründe daher vom BFH nicht berücksichtigt werden können.

Ende der Entscheidung

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