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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 05.07.2007
Aktenzeichen: VII B 149/06
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurde mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 16. Juli 2001 neben einem weiteren Gesellschafter zum Geschäftsführer einer GmbH bestellt. Nachdem die GmbH für August 2001 angemeldete Lohnsteuern nicht an den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) abgeführt und für September 2001 keine Lohnsteueranmeldungen abgegeben hatte, obwohl noch mindestens 12 Arbeitnehmer beschäftigt waren, und am 30. Oktober 2001 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH gestellt und mit Beschluss des Amtsgerichts vom 1. Januar 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, nahm das FA den Kläger --neben dem anderen Geschäftsführer-- wegen der offenen Lohnsteuern und Nebenabgaben in Haftung. Einspruch und Klage des Klägers gegen diesen Haftungsbescheid blieben erfolglos. Das Gericht sah weder nach Aktenlage noch nach den Aussagen der Zeugen und dem Vortrag der Beteiligten einen Hinweis darauf, dass der Kläger vor der Fälligkeit der auf die im September 2001 ausgezahlten Löhne und Gehälter entfallenden Steuern aus der Geschäftsführung der GmbH ausgeschieden sei. Die Nichtabführung der Steuern falle in die Geschäftsführerverantwortung des Klägers. Er könne sich nicht darauf berufen, keinen Einfluss auf den Zahlungsverkehr der GmbH gehabt zu haben, da er daraus nicht die Konsequenz gezogen habe, das Amt rechtzeitig niederzulegen.

Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision rügt der Kläger mangelnde Sachaufklärung und Verletzung des rechtlichen Gehörs. Er verweist dazu auf ein dem Finanzgericht (FG) nach der mündlichen Verhandlung zugesandtes Schreiben und ein diesem beigefügtes, von dem anderen Geschäftsführer gezeichnetes Protokoll, aus dem hervorgehe, dass diesem ein Schreiben mit der Anfechtung der Notarverträge vom 16. Juli 2001 bereits am 1. Oktober 2001 übergeben worden sei. Seine Ehefrau habe in der mündlichen Verhandlung auf ihre mitgeführten Unterlagen und ihre Kenntnis der Sachlage hingewiesen, gleichwohl habe das FG den Zeugenbeweis und den Urkundsbeweis nicht erhoben.

II. Die Beschwerde ist --bei Zweifeln an der gebotenen Darlegung der geltend gemachten Zulassungsgründe gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO)-- jedenfalls unbegründet.

1. Mit der Rüge, das FG habe einen angebotenen Beweis nicht erhoben, ist der Verfahrensfehler mangelhafter Sachaufklärung nur dann ordnungsgemäß dargelegt, wenn zusätzlich vorgetragen wird, dass die nicht zureichende Aufklärung des Sachverhalts und die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2003 VII B 10/03, BFH/NV 2004, 529, m.w.N.). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung --ZPO--), hat die Unterlassung der rechtzeitigen Rüge den endgültigen Rügeverlust --z.B. auch zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde-- zur Folge. Das Übergehen eines Beweisantrages oder einer unterlassenen Zeugeneinvernahme kann deshalb im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht mehr mit der Verfahrensrüge angegriffen werden, wenn der in der maßgeblichen Verhandlung selbst anwesende oder fachkundig vertretene Beteiligte, dem die Nichtbefolgung seiner Beweisanträge erkennbar war, den Verfahrensverstoß nicht gerügt und damit auf die Wahrnehmung seiner Rechte verzichtet hat (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 1999 VII B 183/99, BFH/NV 2000, 597). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht.

a) So ist dem Vorbringen schon nicht zu entnehmen, dass die Ehefrau des Klägers, die in der mündlichen Verhandlung als Prozessbevollmächtigte aufgetreten ist, das vom Kläger bezeichnete Protokoll dem Gericht in der mündlichen Verhandlung präsentiert hat. Der Kläger führt vielmehr aus, er habe dem FG mit dem nach der mündlichen Verhandlung eingereichten Schreiben einen Auszug aus diesem Protokoll vorgelegt und ergänzt, dass die Prozessbevollmächtigte dieses Protokoll im Termin dabei gehabt und auf die "mitgeführten Unterlagen" hingewiesen habe. Er behauptet also selbst nicht, dem FG dieses Protokoll als präsentes Beweismittel vorgelegt zu haben. Dass dies tatsächlich nicht der Fall war, ergibt sich im Übrigen aus dem nach der mündlichen Verhandlung eingereichten Schreiben selbst. Denn es heißt dort: ... "anbei erhalten Sie zu den Zeugenaussagen von Herrn ... Gegenbeweise zu seiner Aussage am 4.5.2006 in der Verhandlung". Bei der Benennung des Protokolls als Beweismittel findet sich kein Hinweis darauf, dass dieses in der mündlichen Verhandlung vorgelegt, aber vom FG nicht zur Kenntnis genommen worden sei.

b) Unschlüssig ist das Vorbringen, das FG habe es verfahrensfehlerhaft unterlassen, die Ehefrau des Klägers in der Verhandlung als Zeugin zu vernehmen. Denn der Kläger behauptet nicht, seine Ehefrau als Zeugin benannt zu haben, geschweige denn, die von ihr zu bekundenden Tatsachen bezeichnet zu haben. Abgesehen davon war es der in der Verhandlung als seine Prozessbevollmächtigte auftretenden Ehefrau unbenommen, der Darstellung des als Zeugen in der mündlichen Verhandlung vernommenen anderen Geschäftsführers zu widersprechen und dem Verbürgen ihre eigene Kenntnis von der Anfechtungserklärung ihres Ehemannes entgegenzusetzen. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass das FG eine solche Äußerung verhindert oder unbeachtet gelassen hätte.

2. Ebenso wenig ist die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO; Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) schlüssig dargelegt. Das Recht der Beteiligten auf Gehör verpflichtet das Gericht zwar, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dies ist aber offensichtlich geschehen, wie sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung, aber auch aus der umfänglichen Würdigung des FG in den Entscheidungsgründen ergibt.

3. Die Beschwerde richtet sich im Kern gegen die rechtliche Würdigung des Akteninhalts und der Zeugenaussagen durch das FG. Damit kann der Kläger im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde aber nicht gehört werden, weil derartige Angriffe revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen sind und regelmäßig keinen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO begründen (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 18. März 2004 VII B 53/03, BFH/NV 2004, 978, und vom 26. August 2004 II B 117/03, BFH/NV 2004, 1625, je m.w.N.).

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