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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 24.06.2009
Aktenzeichen: VII B 154/08
Rechtsgebiete: FGO, MilchAbgV, Verordnung (EG) Nr. 1788/2003


Vorschriften:

FGO § 60 Abs. 3
FGO § 76 Abs. 1 Satz 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
MilchAbgV § 7a Abs. 1
Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 Art. 16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Milcherzeuger. Nachdem ein Teil seines Milchviehbestands verendet oder geschlachtet worden war, übertrug der Kläger zum 31. Januar 2006 für die Dauer eines Jahres jeweils 15 000 kg seiner Anlieferungs-Referenzmenge vier anderen Milcherzeugern. Mit Schreiben vom 16. Februar 2006 beantragte die Molkerei die Zustimmung des Beklagten und Beschwerdegegners (Hauptzollamt --HZA--) zur zeitweiligen Übertragung der Anlieferungs-Referenzmenge des Klägers gemäß § 7a der Verordnung zur Durchführung der EG-Milchabgabenregelung vom 9. August 2004 --MilchAbgV-- (BGBl. I 2004, 2143), was das HZA ablehnte.

Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FG urteilte, dass die Vorschriften der MilchAbgV im Gesetz zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen eine ausreichende gesetzliche Grundlage hätten und § 7a MilchAbgV sich in dem durch Art. 16 der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 (VO Nr. 1788/2003) des Rates vom 29. September 2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. 1 270/123) vorgegebenen Rahmen halte. Die Voraussetzungen des § 7a Abs. 1 Nr. 2 MilchAbgV lägen im Streitfall nicht vor, denn es sei nicht nachgewiesen, dass ein Fall des Verendens oder der Nottötung von mindestens 20% der Milchkühe des Klägers vorliege. Hinsichtlich der Berechnung dieses Anteils sei auf den Zeitpunkt des Beginns des Zwölfmonatszeitraums abzustellen, in dem die Übertragung beginnen solle. Am 1. April 2005 habe der Kläger 84 Milchkühe gehabt. Von diesem Zeitpunkt ab bis zur Übertragung der Referenzmenge auf die anderen Milcherzeuger sei aber das Verenden bzw. die Tötung von nur 10 Kühen aus dem Bestand durch eine schriftliche Bestätigung der Fleischmehlfabrik nachgewiesen. Obwohl diese keine Angaben gemacht habe, woran die Tiere gestorben bzw. erkrankt gewesen seien, gehe das Gericht aufgrund der Aussage des als Zeugen vernommenen Tierarztes zu Gunsten des Klägers davon aus, dass ein Leberegelbefall vorgelegen habe und dass dieser als ein ungewöhnliches und unvorhersehbares Ereignis anzusehen sei.

Mit seiner auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sowie des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) gestützten Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger u.a. geltend, dass die Beschränkung der Übertragungsmöglichkeiten gemäß § 7a MilchAbgV mit dem Gemeinschaftsrecht nicht in Einklang stehe.

II.

In Anbetracht des Berichtigungsbeschlusses vom 21. Juli 2008 ist es nicht zweifelhaft, dass das FG die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen hat. Tenor und Gründe des Urteils stimmen insoweit überein. Eine Formulierung, die Revision "ist nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen" enthält das Urteil in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses --anders als die Beschwerde vorträgt-- nicht.

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe z.T. nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, jedenfalls aber nicht vorliegen.

1.

Die von der Beschwerde bezeichneten Rechtsfragen sind nicht grundsätzlich klärungsbedürftig.

a)

Der Senat hat bereits entschieden (Beschluss vom 28. November 2008 VII B 59/08, BFH/NV 2009, 806), dass die Regelungen in § 7a MilchAbgV nicht gegen Art. 16 VO Nr. 1788/2003 verstoßen. Art. 16 Abs. 1 Unterabs. 2 VO Nr. 1788/2003 überlässt es den Mitgliedstaaten, die Übertragungsmöglichkeiten (u.a.) auf der Ebene der Abnehmer zu begrenzen und insbesondere in Fällen höherer Gewalt, in denen die Produktionskapazität eingeschränkt ist (Verweis auf Art. 15 Abs. 3 VO Nr. 1788/2003), zu regeln. Von dieser Möglichkeit hat der Verordnungsgeber Gebrauch gemacht, indem er die zeitweilige Überlassung von Referenzmengen nur auf der Ebene der Molkerei und nur unter den in § 7a Abs. 1 Satz 1 MilchAbgV geregelten Voraussetzungen zugelassen hat.

An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Die Beschwerde begründet nicht, warum sie eine erneute Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu den betreffenden Fragen im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsentwicklung für erforderlich hält, und legt nicht dar, von welcher Seite und aus welchen Gründen die bereits höchstrichterlich beantworteten Fragen umstritten sind, insbesondere welche neuen gewichtigen, vom BFH bislang nicht geprüften Einwände in der Literatur und/oder in der Rechtsprechung der Instanzgerichte gegen die höchstrichterliche Auffassung erhoben werden (vgl. BFH-Beschluss vom 3. April 2000 VIII B 99/99, BFH/NV 2000, 985, m.w.N.). Der Senat sieht daher für das angestrebte Revisionsverfahren auch keine Verpflichtung, die Sache dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zur Vorabentscheidung gemäß Art. 234 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vorzulegen (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 --C.I.L.F.I.T.--, Slg. 1982, 3415, 3430).

b)

Liegen in einem bestimmten Zwölfmonatszeitraum die Voraussetzungen des § 7a Abs. 1 MilchAbgV vor, kann ein Milcherzeuger im laufenden sowie im nächsten Zwölfmonatszeitraum seine Anlieferungs-Referenzmenge, soweit er sie in einem Zwölfmonatszeitraum nicht selbst nutzt, für diesen Zwölfmonatszeitraum einem anderen Milcherzeuger, der an denselben Käufer liefert, zur Nutzung überlassen. Da im Streitfall der Kläger einen Teil seiner Anlieferungs-Referenzmenge sowohl im Zwölfmonatszeitraum 2005/2006 als auch im Zwölfmonatszeitraum 2006/ 2007 anderen Nutzern überlassen wollte, mussten die für diese Übertragung erforderlichen Voraussetzungen --wie das FG zutreffend entschieden hat-- im Zwölfmonatszeitraum 2005/2006 eingetreten sein. Dies ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht zweifelhaft und somit nicht grundsätzlich klärungsbedürftig.

2.

a)

Die schlüssige Darlegung des Verfahrensmangels einer Verletzung der dem FG von Amts wegen obliegenden Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) erfordert Angaben, welche Tatsachen das FG mit welchen Beweismitteln noch hätte aufklären sollen und weshalb sich dem FG eine Aufklärung unter Berücksichtigung seines --insoweit maßgeblichen-- Rechtsstandpunkts hätte aufdrängen müssen, obwohl der Kläger selbst keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat; schließlich, welches genaue Ergebnis die Beweiserhebung hätte erwarten lassen und inwiefern dieses zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können (vgl. Senatsurteil vom 5. Oktober 1999 VII R 152/97, BFHE 191, 140, BStBl II 2000, 93). Diesen Darlegungserfordernissen wird die Beschwerde nicht gerecht.

Das FG ist bei seiner Entscheidung aufgrund einer vorgelegten schriftlichen Bestätigung der Fleischmehlfabrik davon ausgegangen, dass in dem --von ihm insoweit für maßgeblich gehaltenen-- Zeitraum 1. April 2005 bis 31. Januar 2006 zehn Kühe aus dem Bestand des Klägers verendet bzw. notgeschlachtet worden seien. Es ist nicht erkennbar, weshalb --wie die Beschwerde meint-- es sich dem FG hätte aufdrängen müssen, dass sich mittels einer Vernehmung der Mitarbeiter dieser Fleischmehlfabrik eine höhere Anzahl notgeschlachteter Kühe des Klägers würde nachweisen lassen.

b)

Anders als die Beschwerde meint, waren die vier Milcherzeuger, denen der Kläger einen Teil seiner Anlieferungs-Referenzmenge zeitweilig übertragen wollte, nicht notwendig beizuladen. Die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung (§ 60 Abs. 3 FGO) liegen vor, wenn die Entscheidung des Gerichts nach Maßgabe des materiellen Steuerrechts notwendigerweise und unmittelbar Rechte oder Rechtsbeziehungen eines Dritten gestaltet, bestätigt, verändert oder zum Erlöschen bringt (Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 60 Rz 23). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die streitige Frage, ob die Voraussetzungen des § 7a Abs. 1 und 2 MilchAbgV gegeben und eine Überlassungsvereinbarung zu registrieren ist, betrifft unmittelbar nur denjenigen, der die Registrierung beantragt hat. Die Rechte des Übernehmers werden hingegen durch die Entscheidung nur mittelbar berührt. Ob ihm eine Anlieferungs-Referenzmenge eines anderen Milcherzeugers in einem bestimmten Zwölfmonatszeitraum zusteht, hängt nicht allein von der behördlichen öffentlich-rechtlichen Registrierung der Überlassungsvereinbarung, sondern auch von der Wirksamkeit dieses zivilrechtlichen Vertrags und der Neuberechnung seiner Referenzmenge ab.

Ende der Entscheidung

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