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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 07.12.2000
Aktenzeichen: VII B 170/00
Rechtsgebiete: FGO, AO, ZPO, AO 1977, BFHEntlG
Vorschriften:
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 | |
AO § 284 Absatz 5 Satz 1 | |
ZPO § 899 Abs. 1 | |
AO 1977 § 284 Abs. 8 Satz 1 | |
AO 1977 § 284 Abs. 6 Satz 2 und 3 | |
AO 1977 § 284 Abs. 6 Satz 2 | |
AO 1977 § 284 Abs. 8 Satz 1 | |
BFHEntlG Art. 1 Nr. 6 |
Gründe
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Finanzgericht (FG) die Anfechtungsklage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen das vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) an das Amtsgericht gerichtete Ersuchen auf Anordnung der Haft zur Erzwingung der eidesstattlichen Versicherung abgewiesen.
Mit der vorliegenden Beschwerde begehrt der Kläger, gestützt auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die Zulassung der Revision gegen das vorinstanzliche Urteil wegen Divergenz. Hierzu bezieht er sich auf folgenden, angeblich vom FG aufgestellten Rechtssatz: "Ist der Vollstreckungsschuldner ohne ausreichende Entschuldigung in dem zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung anberaumten Termin vor der in § 284 Absatz 5 Satz 1 AO bezeichneten Vollstreckungsbehörde nicht erschienen oder verweigert er ohne Grund die Vorlage des Vermögensverzeichnisses oder die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, so kann die Vollstreckungsbehörde, die die Vollstreckung betreibt, das nach § 899 Abs. 1 der ZPO zuständige Amtsgericht um Anordnung der Haft zur Erzwingung der eidesstattlichen Versicherung ersuchen (vgl. § 284 Abs. 8 AO)."
Dieser Rechtssatz stünde im Widerspruch zu dem vom Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Beschluss vom 25. November 1997 VII B 188/97 (BFHE 184, 248, BStBl II 1998, 227) aufgestellten Rechtssatz: "Zu Recht hat das FG auch das Bestehen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts ... allein schon deswegen bejaht, weil das FA den Antragsteller vor Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung über den eingelegten Einspruch zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zwingen wollte. a) Wird gegen die Anordnung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ein Rechtsbehelf eingelegt und begründet und sind die erhobenen Einwendungen nicht bereits in einem früheren Verfahren unanfechtbar zurückgewiesen worden, so ist der Vollstreckungsschuldner erst nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung über den Rechtsbehelf zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet (§ 284 Abs. 5 Satz 2 und 3 AO 1977)."
Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die vom Kläger behauptete Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO jedenfalls nicht besteht.
Wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) gestützt, muss unter genauer Bezeichnung der Divergenzentscheidung(en) des BFH bzw. des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) kenntlich gemacht werden, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine Abweichung vorliegt. Der Beschwerdeführer muss dartun, dass das vorinstanzliche Gericht seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit der näher angeführten Rechtsprechung des BFH bzw. des BVerfG nicht übereinstimmt. Hierzu müssen in der Beschwerdebegründung abstrakte Rechtssätze des angefochtenen Urteils und der mutmaßlichen Divergenzentscheidung(en) herausgearbeitet und gegenübergestellt werden, so dass eine Abweichung erkennbar wird. Es muss sich jeweils um die Entscheidung tragende Rechtssätze handeln (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. die BFH-Beschlüsse vom 23. April 1992 VIII B 49/90, BFHE 167, 488, BStBl II 1992, 671, 672, und vom 7. Dezember 1994 II B 179/93, BFH/NV 1995, 695, jeweils m.w.N.).
Der Senat lässt dahinstehen, ob der Kläger diese Anforderungen an die Bezeichnung der Divergenz erfüllt hat. Die von der Beschwerde einander gegenübergestellten Rechtssätze des FG und des BFH, bei denen es sich im Übrigen im Kern nicht um Rechtssätze der bezeichneten Gerichte, sondern um solche des Gesetzes (FG: § 284 Abs. 8 Satz 1 der Abgabenordnung --AO 1977--; BFH: § 284 Abs. 6 Satz 2 und 3 AO 1977) handelt, stehen jedenfalls nicht in Widerspruch zueinander.
Der vom BFH zugrunde gelegte Rechtssatz des Gesetzes bezieht sich klar und eindeutig, wie sich auch aus der nachfolgenden weiteren Begründung dieses BFH-Beschlusses ergibt, auf den Fall des sog. qualifizierten Einspruchs (das ist ein Einspruch, der begründet worden ist, wobei die vorgebrachten Einwendungen nicht bereits in einem früheren Verfahren unanfechtbar zurückgewiesen worden sind). In diesem Fall --so der BFH-- darf die Finanzbehörde den Vollstreckungsschuldner nicht vor Unanfechtbarkeit der Entscheidung über den eingelegten Rechtsbehelf zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zwingen.
Inwiefern der vom FG angewandte Rechtssatz des Gesetzes (§ 284 Abs. 8 Satz 1 AO 1977) dazu in Widerspruch stehen sollte, ist nicht ersichtlich. Hat der Vollstreckungsschuldner nämlich einen qualifizierten Einspruch eingelegt, ist er ausreichend entschuldigt, wenn er in dem zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung anberaumten Termin nicht erscheint, bzw. verweigert er mit Grund die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. § 284 Abs. 8 Satz 1 AO 1977 kommt also nicht zur Anwendung, wenn ein qualifizierter Einspruch vorliegt, über den noch nicht unanfechtbar entschieden ist. Ein Widerspruch des § 284 Abs. 8 Satz 1 AO 1977 zu dem vom BFH angewandten Rechtssatz des § 284 Abs. 6 Satz 2 und 3 AO 1977 kann daher nicht bestehen, so dass auch die vom Kläger behauptete Divergenz nicht vorliegt.
Im Übrigen hat das FG nicht zu einem Fall des § 284 Abs. 6 Satz 2 und 3 AO 1977 entschieden, denn der Kläger hatte nach den vom FG getroffenen Feststellungen seinen Einspruch vom 18. Februar 1999 gegen die Aufforderung des FA vom 21. Januar 1999 zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im Termin vom 12. März 1999 nicht begründet. § 284 Abs. 6 Satz 2 AO 1977 steht daher der Anwendung des § 284 Abs. 8 Satz 1 AO 1977 im Streitfall nicht entgegen.
Einer weiteren Begründung bedarf diese Entscheidung nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs nicht.
Ende der Entscheidung
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