Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 08.12.2008
Aktenzeichen: VII B 179/08
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 116 Abs. 3 S. 1
FGO § 116 Abs. 3 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist wegen Steuerhinterziehung in 30 Fällen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. In der Verhandlung vor der Großen Strafkammer räumte er den Tatvorwurf, am Alkoholschmuggel nach Polen beteiligt gewesen zu sein, in vollem Umfang ein. Mit der Begründung, der Kläger habe mittäterschaftlich am Austausch der begleitenden Verwaltungsdokumente während der Beförderung des Branntweins durch das deutsche Steuergebiet mitgewirkt, nahm der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) den Kläger für die nach § 143 Abs. 1 des Gesetzes über das Branntweinmonopol (BranntwMonG) entstandene Branntweinsteuer in Anspruch.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) erachtete den Steuerbescheid als rechtmäßig. Die Steuer sei im Steuergebiet dadurch entstanden, dass die begleitenden Verwaltungsdokumente von den jeweiligen Lieferungen entfernt worden und die Waren keiner Ausgangszollstelle gestellt worden seien. Hinsichtlich der Funktion des verbrauchsteuerrechtlichen Begleitdokuments habe die unterlassene Angabe der Ausgangszollstelle in den Dokumenten nicht dazu geführt, dass die Steuer bereits mit der Entfernung der Ware aus einem in Luxemburg gelegenen Steuerlager entstanden sei. Aber selbst wenn von einer Steuerentstehung bereits in Luxemburg auszugehen sei, wäre im Übrigen die Steuer in Deutschland nach § 144 Abs. 2 BranntwMonG entstanden. In diesem Fall habe der Kläger die aus dem freien Verkehr in einem anderen Mitgliedstaat stammenden Waren im Steuergebiet zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten.

Der Kläger sei aufgrund seiner Tatherrschaft auch Steuerschuldner. Insoweit werde auf das umfassende Geständnis des Klägers und die entsprechenden Ausführungen im rechtskräftigen landgerichtlichen Urteil Bezug genommen. Die Inanspruchnahme des Klägers erweise sich auch nicht als ermessensfehlerhaft. Es begegne keinen Bedenken, dass das HZA den Kläger als Täter einer Steuerhinterziehung vorrangig vor dem Versender in Anspruch genommen habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sei die Ermessensausübung in solchen Fällen vorgeprägt. Es komme deshalb nicht darauf an, ob die Annahme des HZA, dass es die ausländischen Versender aus Rechtsgründen nicht in Anspruch nehmen könne, zutreffend sei.

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Zudem macht er Verfahrensmängel geltend (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Zu Unrecht habe das FG der fehlenden Angabe der Ausgangszollstelle im begleitenden Verwaltungsdokument keine Bedeutung beigemessen. Eine Überwachung des steuerlichen Versandverfahrens sei infolge der fehlenden Angaben unmöglich geworden, weshalb bereits in Luxemburg die Steuer entstanden sei. Daher habe das FG zu Unrecht die Besteuerungskompetenz Deutschlands angenommen. Auch die alternative Begründung des FG halte der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Er, der Kläger, habe weder unmittelbaren noch mittelbaren Besitz an den zur Ausfuhr bestimmten Waren erlangt. Nur die unbekannt gebliebenen Hintermänner hätten zumindest mittelbaren Besitz erlangen können. Darüber hinaus habe sich das FG zur Begründung der Steuerschuldnerschaft zu Unrecht allein auf das Strafurteil des Landgerichts (LG) gestützt. Der Vorsatz habe sich allein auf eine Steuerhinterziehung in Polen bezogen. Mit einer Steuerentstehung in Deutschland habe man nicht zu rechnen brauchen. Zudem habe es sich lediglich um ein Formal- bzw. Zweckgeständnis gehandelt, das ohne jeglichen Beweiswert sei. Verfahrensfehlerhaft habe das FG die gebotene Sachaufklärung --z.B. durch Beiziehung der Strafakten-- unterlassen. Schließlich erweise sich die Ermessensausübung des HZA als willkürlich und unhaltbar. Das HZA hätte an Stelle des Klägers die Versender des Branntweins in Anspruch nehmen müssen. Denn für deren Gutgläubigkeit fehlten jegliche Anhaltspunkte.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Kläger hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise dargelegt. Die behaupteten Verfahrensmängel liegen nicht vor.

1.

Für die nach § 116 Abs. 3 Satz 1 und 3 FGO zu fordernde Darlegung der Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) muss der Beschwerdeführer konkret auf eine Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen. Er muss zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Erforderlich ist darüber hinaus ein konkreter und substantiierter Vortrag, aus dem ersichtlich wird, warum im Einzelnen die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln, die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. Oktober 2003 VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232, und vom 2. Dezember 2002 VII B 203/02, BFH/NV 2003, 527, m.w.N.).

Diesen Anforderungen wird das Vorbringen des Klägers nicht gerecht. Eine konkrete Rechtsfrage, deren Klärung für die Allgemeinheit bedeutsam wäre, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen. Ohne eine solche zu formulieren wendet sich der Kläger gegen die vermeintlich rechtsfehlerhaften Schlussfolgerungen des FG, dass die Nichtangabe der Ausgangszollstelle im begleitenden Verwaltungsdokument nicht zur Entstehung der Branntweinsteuer in Luxemburg geführt habe und dass selbst bei Annahme einer solchen Steuerentstehung die Branntweinsteuer infolge der Besitzerlangung des Klägers auch im Steuergebiet entstanden sei. Dieses Vorbringen kann jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen. Denn etwaige Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen für sich gesehen nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2003 VII B 130/03, BFH/NV 2004, 215; Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 24 und § 116 Rz 34, jeweils m.w.N.).

2.

Soweit sich der Kläger gegen die vermeintlich unzureichende Sachaufklärung durch das FG wendet (§ 76 Abs. 1 FGO), liegt der behauptete Verfahrensmangel nicht vor. Das FG hat in seiner Urteilsbegründung ausdrücklich auf das umfassende Geständnis des Klägers Bezug genommen und sich diesbezüglich den Inhalt des Strafurteils zu eigen gemacht. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken (vgl. Senatsurteile vom 2. Dezember 2003 VII R 17/03, BFHE 204, 380, BFH/NV 2004, 597; vom 10. Januar 1978 VII R 106/74, BFHE 124, 305, BStBl II 1978, 311; vom 12. Januar 1988 VII R 74/84, BFH/NV 1988, 692). Zudem hat das FG nachvollziehbar begründet, warum aus seiner Sicht den Einlassungen des Klägers, nach denen ihm der Vorsatz für eine Steuerhinterziehung in Deutschland gefehlt habe, nicht gefolgt werden könne. Hierzu hat das FG ausgeführt, dass der Kläger von den Zeugen im Strafverfahren als im internationalen Alkoholhandel versiert beschrieben worden sei. Auch dem Vorbringen des Klägers, dass es sich nur um ein Zweckgeständnis gehandelt habe, ist das FG nicht gefolgt. In diesem Zusammenhang hat es darauf verwiesen, dass die vor dem LG getroffene prozessuale Absprache das Geständnis nicht entwertet habe. Aus Sicht des FG bestand somit von Amts wegen kein Anlass, die Akten des Strafverfahrens beizuziehen und in Bezug auf die inneren Vorstellungen des Klägers zum Zeitpunkt der angenommenen Steuerentstehung in Deutschland weitere Ermittlungen anzustellen.

3.

Soweit sich der Kläger gegen die Annahme der Besteuerungskompetenz Deutschlands sowie einer Gutgläubigkeit des Versenders wendet und die Ermessensausübung des HZA als willkürlich bezeichnet, lässt sich diesem Vorbringen die substantiierte Darlegung eines in § 115 Abs. 2 FGO aufgeführten Zulassungsgrundes --insbesondere die Darlegung einer grundsätzlich bedeutsamen Rechtsfrage-- nicht entnehmen. Vielmehr begehrt der Kläger eine "höchstrichterliche Abklärung" der Verwaltungsentscheidungen und des erstinstanzlichen Urteils. Im Kern seines Vorbringens setzt der Kläger seine Rechtsauffassung der vermeintlich unzutreffenden Rechtsansicht des FG entgegen. Dies kann jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen.

Ende der Entscheidung

Zurück