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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 27.02.2009
Aktenzeichen: VII B 186/08
Rechtsgebiete: EnergieStG


Vorschriften:

EnergieStG § 50 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
EnergieStG § 50 Abs. 4 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Für den Biokraftstoffanteil in den von ihr bezogenen Energieerzeugnissen nahm die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) in ihren Energiesteueranmeldungen für die Monate Mai und Juni 2007 eine Steuerentlastung nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) in Anspruch. Aufgrund einer bei der Antragstellerin durchgeführten Steueraufsichtsmaßnahme gelangte der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) zu der Auffassung, dass der Antragstellerin die von ihr in Anspruch genommene Steuerentlastung deshalb nicht zustehe, weil die bezogenen Energieerzeugnisse entgegen den in § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG festgelegten Voraussetzungen mit anderen Energieerzeugnissen als Biokraftstoffen vermischt gewesen seien. Dementsprechend änderte das HZA die Steueranmeldungen und setzte mit Steuerbescheid vom 30. Juli 2007 die Energiesteuer für die Monate Mai und Juni 2007 ohne Berücksichtigung des geltend gemachten Entlastungsbetrages fest. Sowohl das HZA als auch das Finanzgericht (FG) lehnten die Aussetzung der Vollziehung (AdV) des angefochtenen Steuerbescheides ab. Unter Hinweis auf den Senatsbeschluss vom 14. April 2008 VII B 216/07 (BFHE 221, 361, BFH/NV 2008, 1261) führte das FG aus, dass für Gemische aus Biokraftstoffen und anderen Energieerzeugnissen eine Steuerentlastung nicht in Betracht komme. Eine solche Begünstigung ergebe sich auch nicht aus § 50 Abs. 4 Satz 2 EnergieStG.

Mit ihrer (vom FG zugelassenen) Beschwerde begehrt die Antragstellerin die Aufhebung der Entscheidung des FG und die AdV des angefochtenen Energiesteuerbescheides. Mit der im Juli 2002 erfolgten Novellierung des Mineralölsteuergesetzes habe der Gesetzgeber Biokraftstoffgemische steuerlich begünstigt und massive Anreize für den Aufbau eines neuen Wirtschaftszweiges geschaffen. Im Gegensatz dazu habe er mit der Neufassung des EnergieStG die vollständige Abkehr von der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit von Biodiesel eingeleitet und stattdessen einen Beimischungszwang eingeführt. Dadurch sei unter Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes ein gesteigertes Vertrauen in den Fortbestand der steuerlichen Begünstigung enttäuscht worden. Die Annahme, der Gesetzgeber habe mit der Rückführung der Steuerbegünstigung "legitime Gemeinwohlziele" verfolgt, sei aus mehreren Gründen verfehlt. Die uneingeschränkte steuerliche Belastung stehe nicht in Einklang mit den Vorgaben der Richtlinie 2003/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Mai 2003 zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor --Biokraftstoffrichtlinie-- (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. 1 123/42). Das Hessische FG habe dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) in seinem Beschluss vom 8. Mai 2008 7 K 3015/07 (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2008, 215) u.a. die Frage vorgelegt, ob aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes ein auf mehrere Jahre angelegtes System steuerlicher Förderung nur bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Umstände während des festgeschriebenen Zeitraums zu Lasten der bisher begünstigten Unternehmen geändert werden dürfe. Die Entscheidung des EuGH stehe noch aus. Die Vollziehung des angefochtenen Bescheides sei daher zumindest solange auszusetzen, bis der EuGH die aufgeworfene Frage beantwortet habe.

Aus dem Wortlaut des § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG ergebe sich lediglich, dass der Biokraftstoff unvermischt zu sein habe, keineswegs aber das Energieerzeugnis als Ganzes. Eine steuerliche Entlastung sei folglich ausgeschlossen, wenn die Vorprodukte nur zum Teil aus Biomasse bestünden. In diese Richtung weise auch § 50 Abs. 4 Satz 2 EnergieStG, nach dem ein Energieerzeugnis --und nicht ein Biokraftstoff-- in der Höhe, in der es aus Biomasse hergestellt worden sei, als Biokraftstoff eingestuft werden müsse. Entscheidend sei die Herstellung aus Biomasse. Soweit das FG die Ansicht vertrete, dass § 50 Abs. 4 Satz 2 EnergieStG dann Anwendung finde, wenn die Vorprodukte, die zur Herstellung des Biokraftstoffes verwendet würden, nur zum Teil aus Biomasse bestünden, übersehe es die Regelung des § 37b des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG). Es könne keine Biokraftstoffe geben, die nur anteilig aus Biomasse hergestellt worden seien.

Schließlich ergebe sich eine unbillige Härte daraus, dass bei Vollstreckung des geschuldeten Abgabenbetrages die Insolvenz und damit verbunden die Entlassung von Mitarbeitern drohe. Ihr, der Antragstellerin, müsse vor der Vollstreckung die Möglichkeit gegeben werden, die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und die drohende Insolvenz durch Einreichung von Unterlagen darzulegen.

Das HZA ist der Beschwerde entgegengetreten. Es schließt sich der Auffassung des FG an. Eine Teilversteuerung nach § 50 Abs. 4 EnergieStG komme immer dann in Betracht, wenn die eingesetzten Vorprodukte zur Herstellung des Biokraftstoffes nur zum Teil aus Biomasse bestünden und in den Fällen des § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG das hergestellte Fertigerzeugnis nicht mit anderen Energieerzeugnissen vermischt werde. Im Streitfall sei das Fertigerzeugnis jedoch mit anderen Energieerzeugnissen vermischt worden, so dass eine Steuerentlastung nicht gewährt werden könne. Ein Verstoß gegen die Biokraftstoffrichtlinie liege entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin nicht vor.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Nach der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Prüfung bestehen an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Energiesteuerbescheides keine ernstlichen Zweifel.

1.

Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) soll das Gericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel sind anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsakts neben Umständen, die für die Rechtmäßigkeit sprechen, gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unsicherheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen.

2.

Solche gewichtigen Gründe sind für den Senat nicht ersichtlich. Es bestehen bei der Auslegung und Anwendung von § 50 EnergieStG keine Unsicherheiten von solchem Gewicht, dass eine AdV des angefochtenen Steuerbescheides geboten erschiene.

a)

Nach dem eindeutigen Wortlaut von § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG setzt eine Steuerentlastung voraus, dass es sich um vollversteuerte Biokraftstoffe handelt, die nicht mit anderen Energieerzeugnissen vermischt worden sind. Aufgrund einer entsprechenden Änderung des Energiesteuerrechts wird ab dem 1. Januar 2007 ein Steuervorteil nur noch für reine Biokraftstoffe gewährt. Nach den eigenen Angaben der Antragstellerin weisen die von ihr bezogenen Energieerzeugnisse einen Biokraftstoffanteil von 31% und 51% Fettsäuremethylester (FME) und von 81% FME auf. Da es sich somit nicht um reine Biokraftstoffe handelt, sind die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG, unter denen eine Steuerentlastung gewährt werden kann, nicht erfüllt.

Diesem Ergebnis kann entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin nicht entgegengehalten werden, das Erfordernis der Nicht-Vermischung mit anderen Energieerzeugnissen beziehe sich lediglich auf den Anteil an Biokraftstoffen in einem Kraftstoffgemisch. Einer solchen Auslegung stünde die Systematik der Vorschrift entgegen. Bei den in § 50 Abs. 1 EnergieStG aufgeführten Entlastungsgegenständen handelt es sich ausschließlich um Erzeugnisse, die als Fertigprodukte eingesetzt werden. Angesprochen werden nicht Anteile in Mischungen, sondern Energieerzeugnisse als solche. Darauf deutet die Entlastungsmöglichkeit für bestimmte Energieerzeugnisse hin, die (besonders förderungswürdige) Biokraftstoffe enthalten (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 4 und 5 EnergieStG). Einen der Bestimmung des § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG entsprechenden Zusatz, dass diese Biokraftstoffanteile mit anderen Energieerzeugnissen nicht vermischt sein dürfen, hat der Gesetzgeber in die anderen Tatbestandsalternativen nicht aufgenommen. Daraus erhellt, dass sich das Gebot der Reinheit des Biokraftstoffes auf das Fertigerzeugnis als solches und nicht lediglich auf den Biokraftstoffanteil bezieht. Infolgedessen regelt § 50 Abs. 4 Satz 2 EnergieStG nicht die Herstellung eines Energieerzeugnisses durch Mischen von verschiedenen Kraftstoffen, sondern nur die originäre Herstellung von Energieerzeugnissen unter nur anteiliger Verwendung von Biomasse. Durch eine Fiktion wird die steuerliche Förderung auch auf andere unvermischte Energieerzeugnisse als reine Biokraft- und Bioheizstoffe ausgedehnt. Eine andere Auslegung ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin aufgrund der Verwendung der Begriffe Biokraftstoffe und Energieerzeugnisse in § 37b BImSchG, der fast wörtlich mit § 50 Abs. 4 EnergieStG übereinstimmt, und Art. 2 Abs. 1 der Biokraftstoffrichtlinie nicht geboten. Das von der Antragstellerin bevorzugte Verständnis von § 50 Abs. 4 Satz 2 EnergieStG würde das Mischungsverbot in § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG unverständlich erscheinen lassen.

b)

Die Auffassung der Antragstellerin findet auch keine Stütze in den Materialien. Ausweislich der Gesetzesbegründung zum Biokraftstoffquotengesetz sollte aus Gründen des Vertrauensschutzes die nach den Regelungen des 2006 geänderten Energiesteuergesetzes geltende Steuerentlastung für reine Biokraftstoffe in bestimmtem Umfang bestehen bleiben (BTDrucks 16/2709). Ausdrücklich wird in der Begründung darauf hingewiesen, dass Beimischungen von Biokraftstoffen künftig nicht mehr steuerlich begünstigt sind. Unschädlich sei lediglich die Beimischung von anderen Biokraftstoffen oder Additiven der Position 3811 der Kombinierten Nomenklatur.

3.

Wie der Senat bereits entschieden hat, steht das Gemeinschaftsrecht der vom Gesetzgeber mit Wirkung vom 1. Januar 2007 getroffenen Regelung, die zur Besteuerung des Biokraftstoffanteils in Mischungen mit normalem Kraftstoff führt, nicht entgegen (Senatsbeschluss in BFHE 221, 361, BFH/NV 2008, 1261), so dass auch insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Energiesteuerbescheides nicht bestehen. Solche Zweifel werden nach Auffassung des Senats auch nicht durch die Vorlage des Hessischen FG an den EuGH begründet, mit der das Gericht seine von der Rechtsauffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) abweichende Rechtsansicht bekräftigt hat. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Präsident des EuGH mit Beschluss vom 3. Juli 2008 den Antrag des Hessischen FG, die Rechtssache C-201/08 dem beschleunigten Verfahren nach Art. 104a Abs. 1 der Verfahrensordnung zu unterwerfen, mit der Begründung abgelehnt hat, dass weder die Gefahr eines wirtschaftlichen Verlustes noch die wirtschaftliche Bedeutung des Ausgangsverfahrens eine außerordentliche Dringlichkeit ergeben könnten, zumal die für Biokraftstoffe bestehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten nach dem Vorbringen des Hessischen FG nicht nur auf die streitige Steuer, sondern auch auf gestiegene Rohstoffkosten zurückzuführen seien.

4.

Der Abbau der Steuersubvention greift auch nicht in verfassungswidriger Weise in geschützte Rechtspositionen der betroffenen Wirtschaftsbeteiligten ein. Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 25. Juli 2007 1 BvR 1031/07 (BFH/NV 2007, Beilage 4, 441) entschieden hat, sind selbst die in § 50 Abs. 1 Satz 4 und 5 EnergieStG getroffenen Regelungen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, mit denen Biokraftstoffe übergangslos in dem Umfang von der Steuerbefreiung ausgenommen werden, in dem sie zur Erfüllung der Beimischungsquote nach § 37a Abs. 3 BImSchG eingesetzt werden oder jedenfalls eingesetzt werden könnten. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat insoweit auf seine Entscheidung in BFHE 221, 361, BFH/NV 2008, 1261. Neue Gesichtpunkte, die eine andere verfassungsrechtliche Beurteilung geboten erscheinen ließen, sind dem Vorbringen der Antragstellerin nicht zu entnehmen.

5.

Eine AdV des angefochtenen Steuerbescheides ist auch nicht deshalb geboten, um der Antragstellerin erst die Möglichkeit zu verschaffen, durch die Vorlage von geeigneten Unterlagen eine drohende Insolvenz im Falle der Vollstreckung der Energiesteuerforderungen darzulegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin seit Bekanntgabe des Energiesteuerbescheides vom 30. Juli 2007 genaue Kenntnis von der Art und Höhe der Abgabenforderung hatte. Seitdem hatte die Antragstellerin ausreichend Zeit, ihre wirtschaftliche Lage durch präsente Beweismittel und entsprechende Berechnungen im Einzelnen zu belegen, so dass eine AdV allein aufgrund der bisher nicht wahrgenommenen Möglichkeiten zur Glaubhaftmachung der vermeintlichen Existenzbedrohung nicht gewährt werden kann. Im Übrigen setzt die AdV wegen unbilliger Härte nach der BFH-Rechtsprechung voraus, dass Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts nicht ausgeschlossen werden können (Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 69 FGO Rz 346, m.w.N.). Diese negative Voraussetzung einer AdV ist im Streitfall nicht erfüllt.

Ende der Entscheidung

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