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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 22.09.1998
Aktenzeichen: VII B 188/98
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO


Vorschriften:

AO 1977 § 284
AO 1977 § 1
AO 1977 § 284 Abs. 1 Satz 1
AO 1977 § 249 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
FGO § 118 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), der zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach § 284 der Abgabenordnung (AO 1977) aufgefordert worden ist, hat Gründe für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung mehrerer von ihm aufgeworfener Rechtsfragen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) gegen das klageabweisende Urteil der Vorinstanz nicht i.S. von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO dargetan.

Insbesondere ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) nicht ordnungsgemäß dargelegt, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage, ob es zu den Voraussetzungen einer eidesstattlichen Versicherung gehört, daß der Vollstreckungsgläubiger (hier das Finanzamt --FA--) bei Vorhandensein mehrerer Wohnungen des Vollstreckungsschuldners die Pfändung in allen Wohnungen des Vollstreckungsschuldners --insbesondere auch in der Wohnung im Ausland-- versucht haben muß, leicht und einwandfrei aus dem Gesetz selbst beantworten läßt (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 9, m.w.N.). Hierzu regelt § 1 AO 1977 eindeutig, daß die AO 1977 nur für Rechtsakte im Geltungsbereich des Grundgesetzes gilt. Dazu gehören auch die im Sechsten Teil der AO 1977 für die Vollstreckung der Ansprüche des Steuerfiskus festgelegten Vollstreckungsmaßnahmen (vgl. Klein/Gersch, Abgabenordnung, 6. Aufl., § 1 Anm. 9 und Klein/Brockmeyer, a.a.O., Vorbemerkungen zu § 249). Außerhalb dieses Geltungsbereichs kann die AO 1977 nicht Rechtsgrundlage für hoheitliche Maßnahmen der deutschen Steuerbehörden sein. Ein Vollstreckungsversuch in einer Wohnung im Ausland kommt daher, um § 284 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 Genüge zu tun, nicht in Betracht.

Auch zu der zweiten von der Beschwerde als rechtsgrundsätzlich bedeutsam herausgestellten Frage, ob eine Ermessensüberschreitung oder ein Ermessensfehlgebrauch vorliegt, wenn das FA als Vollstreckungsgläubiger vor Aufforderung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung den Vollstreckungsschuldner nicht zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses mit Richtigkeitsversicherung auffordert, fehlt es an der schlüssigen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit. Liegt zu dieser Rechtsfrage --wie im vorliegenden Fall-- bereits eine gefestigte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) vor, so hat die Beschwerde darzulegen, welche neuen Gesichtspunkte in der Rechtsprechung und steuerrechtlichen Literatur aufgeworfen worden sind, die der BFH bei seinen Entscheidungen noch nicht berücksichtigt hat, oder welche rechtlich bedeutsame Einzelfrage von allgemeinem Interesse der BFH noch nicht geklärt hat (vgl. Senatsbeschluß vom 26. August 1986 VII B 107/86, BFHE 147, 276, BStBl II 1986, 865, und BFH-Beschluß vom 26. September 1996 XI B 177/94, BFH/NV 1997, 192).

Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung im Hinblick auf die aufgeworfene Rechtsfrage nicht. Der Senat hat in seinen grundlegenden Entscheidungen vom 9. Mai 1989 VII B 205/88 (BFH/NV 1990, 79, 80) und vom 24. September 1991 VII R 34/90 (BFHE 165, 477, BStBl II 1992, 57) umfassend zur Ermessensausübung und zu den Ermessensgrenzen bei der Aufforderung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zur Bekräftigung eines Vermögensverzeichnisses Stellung genommen. Der Senat hat seitdem in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß --sofern die Finanzbehörde die Vermögensverhältnisse des Vollstreckungsschuldners nicht zuverlässig kennt oder weiß, daß dieser kein pfändbares Vermögen hat-- ein Ermessensfehler nicht vorliegt, wenn die Vollstreckungsbehörde die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verlangt, ohne vorher versucht zu haben, vom Vollstreckungsschuldner die Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und die Abgabe einer Richtigkeitsversicherung im Rahmen des § 249 Abs. 2 AO 1977 zu erlangen. Er hat den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch dann nicht für verletzt angesehen, wenn die aus § 284 AO 1977 folgende Eintragung des Vollstreckungsschuldners in das Schuldnerverzeichnis wirtschaftliche und berufsrechtliche Konsequenzen für den Vollstreckungsschuldner haben kann (vgl. Senatsbeschluß vom 10. Dezember 1991 VII B 219/91, BFH/NV 1992, 508, und Urteil vom 22. September 1992 VII R 96/91, BFH/NV 1993, 220). An dieser Rechtsprechung hat der BFH bislang uneingeschränkt festgehalten (vgl. Senatsbeschluß vom 17. Dezember 1996 VII B 217/96, BFH/NV 1997, 461, 462). Die Beschwerde legt in keiner Weise dar, aus welchen Gründen die gleiche Rechtsfrage einer nochmaligen oder weiteren Klärung durch den BFH bedarf. Der Hinweis auf zwei abweichende Literaturfundstellen, mit denen sich der Senat in seinen Entscheidungen bereits auseinandergesetzt hat, genügt zur Begründung der behaupteten Klärungsbedürftigkeit nicht (vgl. BFH-Beschluß vom 27. Januar 1995 VIII B 105/94, BFH/NV 1995, 808, 809).

Die dritte von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage, ob das FA einen im Ausland lebenden Vollstreckungsschuldner, der eine Wohnung im Inland hat, deshalb nur zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses mit Richtigkeitsversicherung und nicht zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung auffordern darf, weil konkrete Vollstreckungsmöglichkeiten im Ausland nicht bestehen, ist im Streitfall nicht klärungsfähig. Rechtsfragen, die sich nur stellen könnten, wenn von einem anderen als dem vom Finanzgericht (FG) festgestellten Sachverhalt ausgegangen wird, können im Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Der BFH ist als Revisionsgericht grundsätzlich an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, es werden in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Verfahrensrügen geltend gemacht (§ 118 Abs. 2 FGO; BFH-Beschlüsse vom 3. August 1993 VII B 29/93, BFH/NV 1994, 326, 327, und vom 14. Juni 1994 VII B 239/93, BFH/NV 1995, 89, 90).

Im Streitfall hat das FG ausschließlich Feststellungen zu den Vollstreckungsmaßnahmen in inländisches Vermögen getroffen und das Urteil darauf gestützt, daß die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Vollstreckungsschuldners zu keiner vollständigen Befriedigung geführt hat (§ 284 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Soweit die Beschwerde nunmehr die Rechtsfrage aufwirft, ob die eidesstattliche Versicherung deshalb ermessensfehlerhaft wäre, weil in Auslandsvermögen ohnehin nicht vollstreckt werden könnte, fehlt es an den zur Prüfung eines Ermessensfehlers erforderlichen Feststellungen, daß die Vollstreckungsbehörde die Vermögensverhältnisse des Vollstreckungsschuldners im Inland bereits zuverlässig kennt oder weiß, daß er hier pfändbares Vermögen nicht hat (BFH/NV 1990, 79, m.w.N.).

Einer weiteren Begründung bedarf die Entscheidung nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs nicht.

Ende der Entscheidung

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