Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 22.12.2005
Aktenzeichen: VII B 189/04
Rechtsgebiete: FGO, BGB


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 118 Abs. 2
BGB § 147 Abs. 1 Satz 1
BGB § 148
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) berühmt sich gegenüber dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) eines Anspruches auf Erstattung von Steuern aus abgetretenem Recht des Steuerpflichtigen P. Diesen und dessen Ehefrau hatte der Kläger gegenüber dem FA unter Vorlage einer umfassenden schriftlichen Vollmacht vertreten, wobei es insbesondere um die Duldung der Zwangsvollstreckung in ein Herrn P gehörendes Grundstück aufgrund von Lohnsteuerschulden seiner Ehefrau gegangen war. Kurz vor dem anberaumten Zwangsversteigerungstermin war der Kläger in dieser Sache beim FA vorstellig geworden, um einen freihändigen Verkauf des Grundstücks zu ermöglichen. Er legte dabei eine dem Anscheine nach von Herrn P unterzeichnete Kopie eines an das FA adressierten Schreibens vor, in dem sich Herr P mit der Verrechnung seiner steuerlichen Guthaben mit den Steuerrückständen seiner Ehefrau einverstanden erklärte. Diese Abrede hat der Sachgebietsleiter beim FA auch in einem --offenbar an den Kläger gerichteten-- Schreiben als Ergebnis der Besprechung bestätigt.

Nachdem das Guthaben des Herrn P entsprechend umgebucht worden war, meldete sich einige Monate später der Kläger, dem das Steuerguthaben inzwischen von Herrn P wegen rückständiger Honorare abgetreten worden war, beim FA und machte geltend, Herr P sei mit der Umbuchung seines Guthabens nicht einverstanden gewesen, diese sei nicht rechtmäßig. Deshalb forderte er das FA auf, das Guthaben von rd. 23 000 DM an ihn auszuzahlen.

Das FA hat hierüber den verfahrensgegenständlichen Abrechnungsbescheid vom 8. Juni 1999 erlassen, in dem es festgestellt hat, dass dem Kläger ein Guthaben aus abgetretenem Recht nicht zustehe. Denn es sei über dieses Guthaben vor der Abtretung ein Verrechnungsvertrag abgeschlossen worden.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage ist ohne Erfolg geblieben. Das Finanzgericht (FG) urteilte, selbst wenn --wie der Kläger geltend gemacht hat-- die Unterschrift unter der schriftlichen Einverständniserklärung des Herrn P mit der Verrechnung gefälscht gewesen sei, habe der Kläger namens und in Vollmacht des Herrn P jedenfalls bei der Besprechung an Amtsstelle ein Verrechnungsangebot gemacht, dass das FA spätestens durch die einige Monate später erfolgte Umbuchung entsprechend der darüber ergangenen Umbuchungsmitteilung angenommen habe.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des Klägers, mit der neben Verfahrensmängeln geltend gemacht wird, die Entscheidung des FG sei objektiv willkürlich (Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

II. Die Beschwerde (§ 116 Abs. 1 FGO) ist unbegründet. Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe (§ 115 Abs. 2 FGO) liegen, anders als der Kläger meint, nicht vor.

1. Die Rechtssauffassung des FG, es sei jedenfalls vom Kläger namens und in Vollmacht des Herrn P mündlich das Angebot zum Abschluss eines Verrechnungsvertrages abgegeben worden und das FA habe dieses Angebot durch den Vollzug dieses Vertrages (Umbuchung des Steuerguthabens des Herrn P auf die Steuerschulden seiner Ehefrau) wirksam angenommen, ist nicht willkürlich. Die Revision kann daher nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen werden, ohne dass der Streitfall Anlass gibt, die Voraussetzungen einer Zulassung nach dieser Vorschrift im Einzelnen näher zu erörtern. Es genügen hierzu vielmehr folgende Bemerkungen:

Soweit der Kläger sich gegen die Annahme des FG wendet, bei der Besprechung der Angelegenheit der Eheleute an Amtsstelle habe der Kläger (auch) im Namen des Herrn P (jedenfalls konkludent) ein Angebot zum Abschluss eines Verrechnungsvertrages gemacht, ist die Beurteilung des FG nicht nur nicht willkürlich, sondern eingehend und schlüssig begründet und nach Lage der Dinge nahe liegend. Was der Kläger dagegen vorbringt, sind jedenfalls allenfalls Angriffe gegen die tatrichterliche Würdigung des Geschehens, mit denen der Kläger in dem angestrebten Revisionsverfahren gemäß § 118 Abs. 2 FGO ohnehin nicht gehört werden könnte. Zu Unrecht meint die Beschwerde aber auch, das FG habe objektiv willkürlich entschieden, wenn es von einer wirksamen Annahme dieses Angebots des Herrn P durch den Vollzug der Umbuchung bzw. die Umbuchungsmitteilung ausgegangen ist. Zwar ist richtig, dass es sich bei diesem angeblichen Angebot aus Anlass der Besprechung an Amtsstelle um einen einem Anwesenden gemachten Antrag i.S. des § 147 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) handelt und ein solcher Antrag nach dieser Vorschrift nur "sofort" angenommen werden kann. Es mag auch dahinstehen, ob dem FA darin gefolgt werden könnte, dass § 147 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht eingreift, weil nach den Umständen davon auszugehen sei, dass dem FA gemäß § 148 BGB für die Annahme des Antrags eine Frist belassen worden ist und die Annahme innerhalb dieser Frist erfolgt ist. Denn die Entscheidung des FG, die Annahme des --jedenfalls vorliegenden-- mündlichen Angebots trotz § 147 Abs. 1 Satz 1 BGB als wirksam anzusehen, ist schon deshalb nicht willkürlich --ob sie zutreffend ist, ist hier nicht zu erörtern--, weil die vorgenannte vom Gesetz aufgestellte Regel Durchbrechungen kennt (vgl. nur Palandt/ Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 64. Aufl. 2005, §§ 147, 148 Rn. 3, mit Nachweisen), die hier ernstlich in Betracht kommen. So steht Schweigen auf ein Angebot der Annahme gleich, wenn die Ablehnung des Angebots nach Treu und Glauben ausdrücklich hätte erklärt werden müssen, das Angebot z.B. lediglich das Ergebnis von Vorverhandlungen bestätigt oder sonst mit seiner Annahme sicher gerechnet werden musste. Mit solchen Konstellationen ist der Streitfall insofern vergleichbar, als das FA im Zeitpunkt der Besprechung an Amtsstelle ganz genauso wie der Kläger selbst erkennbar davon ausging und davon ausgehen konnte, ein schriftliches Angebot des Herrn P zum Abschluss eines Verrechnungsvertrages in den Händen zu haben, so dass schwerlich damit gerechnet werden konnte, dass es sich aufgrund des § 147 Abs. 1 Satz 1 BGB genötigt sehen würde, den Verrechnungsvertrag sofort abzuschließen.

2. Die Revision ist auch nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO wegen Verfahrensmängeln, auf denen das Urteil des FG beruhen könnte, zuzulassen. Dabei mag auf sich beruhen, ob solche Verfahrensmängel überhaupt in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Weise von der Beschwerde dargelegt worden sind. Denn jedenfalls ist die Rüge, das FG habe einen Sachverhalt unterstellt, der nicht durch ausreichende tatsächliche Feststellungen belegt ist, unbegründet, wie sich aus dem eben Ausgeführten ergibt. Auch die Behauptung der Beschwerde, das FG habe den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt, weil es seinen Vortrag nicht in Erwägung gezogen habe, ist unzutreffend; es ist weder ein Anhaltspunkt dafür vorgetragen noch ersichtlich, dass das FG das, was der Kläger wortreich vorgebracht hat, nicht zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat, wenn es auch das Geschehen anders würdigt, als der Kläger für richtig hält.

Ende der Entscheidung

Zurück