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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 07.06.2001
Aktenzeichen: VII B 191/00
Rechtsgebiete: MinöStG 1993, MinöStV, FGO, GG


Vorschriften:

MinöStG 1993 § 4 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b
MinöStG 1993 § 25 Abs. 1 Nr. 4
MinöStG 1993 § 4 Abs. 1 Nr. 1
MinöStG 1993 § 4 Abs. 1 Nr. 2
MinöStG 1993 § 1 Abs. 2
MinöStG 1993 § 1
MinöStG 1993 § 1 Abs. 2 Nr. 4
MinöStG 1993 § 1 Abs. 2 Nr. 5
MinöStG 1993 § 1 Abs. 3 Nr. 3
MinöStG 1993 § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6
MinöStG 1993 § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7
MinöStG 1993 § 8 Abs. 2
MinöStG 1993 § 8 Abs. 3
MinöStG § 12
MinöStG § 25 Abs. 1 Nr. 4
MinöStV § 21 Abs. 1
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
GG Art. 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) lehnte mit Bescheid vom 15. März 1999 den Antrag der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) auf Vergütung der Mineralölsteuer für leichtes Heizöl ab, welches diese in den Jahren 1997 und 1998 in ihrem Ziegeleibetrieb zum Brennen von keramischen Produkten und damit --darüber besteht Einigkeit-- zu einem begünstigten Zweck ("zu anderen Zwecken als zum Verheizen") i.S. des § 4 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG 1993) i.d.F. von Art. 5 des Verbrauchsteuer-Binnenmarktgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I, 2150, 2185) verwendet hatte. Zur Begründung führte das HZA aus, § 25 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG 1993 sehe eine Vergütung für Heizöl, das zu begünstigten Zwecken verwendet worden sei, nicht vor. Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 25. November 1999) und anschließende Klage der Klägerin, mit der sie von dem beanspruchten Gesamtbetrag in Höhe von ... DM lediglich einen Teilbetrag in Höhe von 10 000 DM geltend machte, hatten keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) hielt die Ablehnung des Antrags der Klägerin durch das HZA für rechtens. § 25 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG 1993 habe für die Streitjahre 1997 und 1998 lediglich eine Vergütung der Mineralölsteuer für nachweislich versteuerte Erdgase, Flüssiggase und andere gasförmige Kohlenwasserstoffe, die zu den nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 MinöStG 1993 begünstigten Zwecken verwendet worden seien, vorgesehen, nicht jedoch auch für Heizöle (Schweröle). Eine gleichartige Vergünstigung für nachweislich versteuerte Schweröle sei erst durch Art. 2 Nr. 6 Buchst. a des Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuerreform vom 24. März 1999 (BGBl I, 378) mit Wirkung ab 1. April 1999 eingeführt worden. Eine rückwirkende Anwendung dieser Vorschrift auf die Jahre 1997 und 1998 komme nicht in Betracht, auch nicht im Wege einer Gesetzesanalogie. Dafür fehle es am Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke.

Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung). Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Rechtsfrage, ob dann, wenn das Gesetz für einen Sachverhalt ausdrücklich (zweifelsfrei) die steuerfreie Verwendung von Mineralöl vorschreibe, bewusst oder unbewusst aber Regelungen über Steuererstattung oder Steuervergütung unterlasse, die vorhandene Lücke mit Hilfe einer Gesetzesanalogie geschlossen werden müsse.

Das HZA ist der Beschwerde entgegengetreten. Es hat darauf hingewiesen, dass die Klägerin in den Genuss einer Steuerbefreiung gekommen wäre, wenn sie eine entsprechende Erlaubnis gemäß § 12 MinöStG zur Verwendung steuerbegünstigten leichten Heizöls beantragt hätte. Eine Regelungslücke liege daher nicht vor.

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Maßgeblich für die Prüfung der Zulässigkeit der Beschwerde sind noch die bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften, da die angefochtene Entscheidung vor dem 1. Januar 2001 verkündet worden ist (Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze --2.FGOÄndG-- vom 19. Dezember 2000, BGBl I, 1757).

2. Der Senat kann offen lassen, ob die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) der von ihr aufgeworfenen Rechtsfrage gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO hinreichend dargelegt hat, denn dieser Rechtsfrage kommt ersichtlich eine grundsätzliche Bedeutung nicht zu. Sie wäre in dem von der Klägerin angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 115 Rz. 10, m.w.N.). Die von der Klägerin angenommene Lücke im Gesetz, die sie mit einer Gesetzesanalogie geschlossen haben möchte, besteht in Wirklichkeit nicht. Folglich wäre die von der Klägerin aufgeworfene Frage in einem künftigen Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich.

a) Zunächst ist entgegen der von der Klägerin gewählten Formulierung klarzustellen, dass das Gesetz keine steuerfreie Verwendung von Mineralöl vorschreibt, sondern eine solche in bestimmten Fällen lediglich ermöglicht. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b MinöStG 1993 darf Mineralöl i.S. des § 1 Abs. 2 MinöStG 1993 --§ 1 MinöStG 1993 in der für den Streitfall maßgeblichen Fassung des Art. 5 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen und des EG-Amtshilfe-Gesetzes vom 12. Juli 1996, BGBl I, 962, 971-- vorbehaltlich des § 12 MinöStG 1993 steuerfrei verwendet werden, wenn es zu anderen Zwecken als zum Verheizen oder zur Herstellung von Heizstoffen eingesetzt wird. Mineralöl in diesem Sinne ist auch leichtes Heizöl oder Gasöl (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 MinöStG 1993: Waren der Pos. 2710 der Kombinierten Nomenklatur (KN); hier Unterpos. 2710 0069). Das Brennen von keramischen Produkten im Ziegeleibetrieb der Klägerin stellt --davon kann nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten ausgegangen werden-- kein Verheizen dar, erfüllt also einen begünstigten Zweck i.S. des § 4 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b MinöStG 1993. Folglich hätte die Klägerin in den Streitjahren das in ihrem Betrieb zum Brennen von keramischen Produkten eingesetzte leichte Heizöl ohne Anfall der Mineralölsteuer (§ 1 Abs. 3 Nr. 2, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 MinöStG 1993) steuerfrei beziehen und verwenden können, wenn sie beim HZA um eine Einzelerlaubnis zur steuerfreien Verwendung nach § 12 MinöStG i.V.m. § 21 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes (MinöStV) vom 15. September 1993 (BGBl I, 1602) nachgesucht hätte. Diese war erforderlich, weil diese Verwendung nicht allgemein genehmigt war (vgl. Anlage 1 Nr. 2.2 zu § 21 Abs. 1 MinöStV i.d.F. der Verordnung vom 23. Juli 1996, BGBl I, 1101). Die Klägerin hat eine solche Einzelerlaubnis aber nicht beantragt.

Daraus folgt, dass die Klägerin nicht auf Grund einer Regelungslücke im Gesetz, sondern auf Grund ihres eigenen Verhaltens nicht in den Genuss der Steuerbefreiung gekommen ist. Schon aus diesem Grund, weil die Klägerin die ihr zu Gebote stehenden tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten nicht ausgeschöpft hat, kann der von ihr aufgeworfenen Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung zukommen (vgl. Senatsbeschluss vom 20. April 2000 VII B 25/99, BFH/NV 2000, 1366).

b) Eine Gesetzeslücke, die mit einer Gesetzesanalogie zu schließen wäre, ist auch nicht etwa darin zu sehen, dass der Gesetzgeber für den Fall, dass das leichte Heizöl zur Verwendung zu einem i.S. des § 4 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b MinöStG 1993 begünstigten Zweck nicht mit einer Erlaubnis steuerfrei, sondern versteuert bezogen worden ist, keine Erstattungs- oder Vergütungsregelung hinsichtlich der Mineralölsteuer vorgesehen hat. Denn auf welche Weise und mit welchen Mitteln der Gesetzgeber eine Steuersubvention gewährt, ist der Entscheidung des Gesetzgebers überlassen. Die von ihm getroffene Entscheidung, die Subvention beim Einsatz von Gasöl nur im Wege eines unter Erlaubnisvorbehalt gestellten steuerfreien Bezugs des Gasöls zu gewähren, stellt für die Klägerin ersichtlich --Gegenteiliges hat sie nicht vorgebracht-- auch keine unverhältnismäßige Belastung gegenüber der von ihr beanspruchten Art und Weise einer Subventionierung mittels eines nachträglichen Erstattungs- bzw. Vergütungsanspruchs dar.

Richtig ist, dass der Gesetzgeber für Erdgase, Flüssiggase und andere gasförmige Kohlenwasserstoffe zusätzlich zu der Möglichkeit der steuerfreien Verwendung unter Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b MinöStG 1993 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 5 und Abs. 3 Nr. 3, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 MinöStG 1993 bei Einsatz zu einem begünstigten Zweck auch eine nachträgliche Erstattung/Vergütung der für diese Mineralöle nachweislich entrichteten Steuer vorgesehen hat (§ 25 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG). Aus dieser zusätzlich eingeräumten Möglichkeit kann aber nicht, wie die Klägerin möchte, auf eine gesetzliche Lücke beim Einsatz von Gasöl für denselben begünstigten Zweck geschlossen werden. Denn der Gesetzgeber hat diese zusätzliche Art und Weise der Subventionierung für gasförmiges Mineralöl mit Art. 1 Nr. 14 Buchst. b des Verbrauchsteueränderungsgesetzes 1988 vom 20. Dezember 1988 (BGBl I, 2270), wie das HZA zutreffend vorgetragen hat, ganz bewusst eingeführt, um die Verwender auch in solchen Fällen begünstigen zu können, bei denen der Gasbezug aus einem Rohrleitungsnetz mit unversteuertem Gas technisch nicht möglich ist und infolgedessen nur ermäßigt versteuertes Gas zur Verfügung steht.

Dies wird im Übrigen durch die Gesetzesbegründung bestätigt. Dort (vgl. BTDrucks 11/2970, 13, zu Nr. 14 --§ 11 MinöStG--, zu Buchst. b) heißt es: "Es wird die Möglichkeit eröffnet, für Erdgas und andere gasförmige Kohlenwasserstoffe aus dem Gasleitungsnetz, die zum ermäßigten Steuersatz nach § 8 Abs. 2 versteuert wurden, die Steuer zu erstatten oder zu vergüten, wenn diese zu einem nach § 8 Abs. 3 begünstigten Zweck verwendet worden sind." Dieses ohne Zweifel bestehende praktische Bedürfnis für diese zusätzliche Möglichkeit, letztlich in den Genuss der Steuerfreiheit zu gelangen, besteht beim Einsatz von Gasöl, wie im Falle der Klägerin, ersichtlich nicht, weil bei Gasöl ohne weiteres ein steuerfreier Bezug vor der Verwendung zu dem begünstigten Zweck möglich und zumutbar ist. Da mithin ein sachlicher Grund für eine Differenzierung besteht, kann sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg auf Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes berufen, ganz abgesehen davon, dass die Klägerin diesen Einwand erst im Schriftsatz vom 24. August 2000 und damit nach Ablauf der Begründungsfrist für ihre Nichtzulassungsbeschwerde vorgetragen hat.

c) Ohne Bedeutung für den Streitfall ist schließlich die Einführung der von der Klägerin für die Streitjahre 1997 und 1998 vergeblich reklamierten Möglichkeit der nachträglichen Entsteuerung durch Gewährung eines Erstattungs- bzw. Vergütungsanspruchs u.a. auch für leichtes Heizöl (Schweröl i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 MinöStG 1993) infolge einer Änderung des § 25 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG durch Art. 2 Nr. 6 Buchst. a des Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuerreform mit Wirkung ab 1. April 1999 (Art. 3 Satz 2 dieses Gesetzes). Zur Gewährung dieser zusätzlichen Art und Weise der Entsteuerung war der Gesetzgeber, wie ausgeführt, nicht aus Rechtsgründen verpflichtet. Eine woraus auch immer abgeleitete Rückwirkung dieser Regelung kommt daher nicht in Betracht. Nach der Gesetzesbegründung war mit der Regelung eine Erleichterung für Verwender bezweckt, die leichtes Heizöl --neben dem Verheizen-- auch zu steuerbefreiten Zwecken einsetzen, aber nur einen Lagertank für diese Mineralölart zur Verfügung haben (vgl. BTDrucks 14/40, 31, zu Nr. 5 --§ 25-- Buchst. a; s. auch Bastein/Soyk, Das Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform, Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern 1999, 218, 227).



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