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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 19.11.1998
Aktenzeichen: VII B 196/98
Rechtsgebiete: StBerG, FGO
Vorschriften:
StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4 | |
StBerG § 46 Abs. 1 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 | |
FGO § 118 Abs. 2 |
Gründe
Der Beklagte und Beschwerdegegner (die Finanzbehörde) hat die Bestellung des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) als Steuerberater wegen Vermögensverfalls widerrufen. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen. Der Kläger befinde sich in Vermögensverfall. Es sei nicht auszuschließen, daß Mandanteninteressen dadurch gefährdet sind. Im übrigen sei im Laufe des Verfahrens die Sequestration seines Vermögens angeordnet worden. Die Widerrufsverfügung werde daher auch durch § 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) getragen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des Klägers, mit der grundsätzliche Bedeutung geltend gemacht wird. Das Spannungsverhältnis zwischen StBerG und Konkursordnung (KO) sei von allgemeinem Interesse. Von grundsätzlicher Bedeutung sei hier die Frage, ob eine Interessenabwägung zwischen den Konkursgläubigern und den Auftraggebern des Steuerberaters vorzunehmen sei und ob sie im konkreten Fall tatsächlich und sachgerecht vorgenommen wurde. Aus Gläubigerinteresse komme ein Widerruf der Bestellung als Steuerberater nur als ultima ratio in Betracht, weil die Steuerberaterpraxis, die sonst veräußert werden könne, durch den Widerruf schlagartig ihren Vermögenswert verliere. Auch im Hinblick auf § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG bestehe ein Spannungsverhältnis zwischen dem Zweck dieses Gesetzes und dem Zweck der KO. Es stehe eine Entscheidung darüber aus, ob das StBerG der Konkursmasse den Vermögenswert der Steuerberaterpraxis entziehen könne.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache, wenn sich auf der Grundlage der vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen in dem angestrebten Revisionsverfahren voraussichtlich eine Rechtsfrage stellen würde, deren Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) im Interesse der Allgemeinheit an der Bewahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts liegt. Das ist im allgemeinen nur bei solchen Rechtsfragen der Fall, deren richtige Beantwortung nicht allein anhand des Gesetzes zweifelsfrei vorgenommen werden kann und zu denen sich in der bereits vorliegenden Rechtsprechung des BFH keine Antwort findet.
Das Urteil des FG beruht auf § 46 Abs. 2 Nr. 5 StBerG, also darauf, daß der Kläger in Vermögensverfall geraten und nicht auszuschließen sei, daß dadurch Mandanteninteressen gefährdet sind. Die dazu von der Beschwerde formulierte angebliche Grundsatzfrage versteht der beschließende Senat dahin, es solle geklärt werden, welche Anforderungen an den Begriff der Gefährdung von Mandanteninteressen angesichts der kollidierenden, im Falle eines Widerrufs der Bestellung als Steuerberater gefährdeten Gläubigerinteressen zu stellen sind. Diese Frage ist nicht klärungsbedürftig, soweit sie sich in dem angestrebten Revisionsverfahren stellen würde. Der erkennende Senat hatte zwar bisher keinen Anlaß, grundsätzlich zu den Voraussetzungen Stellung zu nehmen, unter denen davon ausgegangen werden kann, daß Mandanteninteressen nicht i.S. des § 46 Abs. 2 Nr. 5 StBerG gefährdet sind. In seinem Beschluß vom 11. Oktober 1994 VII B 129/94 (BFH/NV 1995, 441) hat er jedoch erkannt, daß sich allein daraus, daß der in Vermögensverfall geratene Steuerberater nicht mit Fremdgeld in Berührung komme, jedenfalls dann nicht die Nichtgefährdung der Interessen von Mandanten ergebe, wenn feststehe, daß er in eigenen Steuerangelegenheiten nachlässig sei und es deshalb naheliege, daß er auch die Interessen seiner Mandanten dadurch gefährde, daß er deren Steuererklärungen nicht oder verspätet abgebe und dadurch für seine Mandanten nachteilige Maßnahmen des Finanzamts veranlasse. Aus diesen Ausführungen des Senats ergibt sich ohne weiteres, daß § 46 Abs. 2 Nr. 5 StBerG nicht --wie die Beschwerde anzunehmen scheint-- allein darauf abstellt, ob Mandanteninteressen gefährdet werden können, weil Treuhandkonten geführt werden oder der Steuerberater sonst Zugriff auf Vermögen seiner Mandanten hat. Die Gefährdung der Interessen von Mandanten ist vielmehr nur dann ausnahmsweise ausgeschlossen, wenn aufgrund der gesamten Umstände des einzelnen Falles festgestellt werden kann, daß der Steuerberater voraussichtlich trotz Vermögensverfalls die Interessen seiner Mandanten in jeder Hinsicht sorgfältig und zuverlässig wahrnehmen wird --z.B. auch hinsichtlich pünktlicher Abgabe von Steuererklärungen und korrekter Honorarabrechnung--, ohne daß ihn davon die wirtschaftlichen Schwierigkeiten (Vermögensverfall) abhalten werden, in denen er sich befindet. Die in § 46 Abs. 2 Nr. 5 StBerG getroffene Regelung geht allerdings davon aus, daß im Regelfall --ebenso wie bei einer gerichtlich angeordneten Verfügungsbeschränkung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG-- bei Vermögensverfall eine potentielle (abstrakte) Gefährdung der Auftraggeberinteressen anzunehmen ist; es bedarf daher des Nachweises außergewöhnlicher Umstände, wenn trotz Vermögensverfalls eine Gefährdung von Mandanteninteressen soll ausgeschlossen werden können.
Das FG, das sinngemäß von genau dieser rechtlichen Bedeutung der vorgenannten Vorschrift ausgegangen ist, hat festgestellt, daß die Gefährdung im Falle des Klägers nicht ausgeschlossen werden kann. Diese Feststellung ist aufgrund der vom FG dafür angeführten Indizien nachvollziehbar oder zumindest möglich; die insbesondere aufgrund mehrerer beruflicher Verfehlungen im Zusammenhang mit dem eingetretenen Vermögensverfall (vgl. Urteil des Senats vom 3. November 1992 VII R 95/91, BFH/NV 1993, 624) beim FG geweckten berechtigten Zweifel an der Zuverlässigkeit des Klägers schlagen zu dessen Ungunsten aus, auch wenn die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe nicht zu strafrechtlichen oder berufsrechtlichen Sanktionen geführt haben mögen. Zulässige und begründete Verfahrensrügen gegen die betreffenden Feststellungen des FG sind nicht erhoben worden; der BFH wäre deshalb gemäß § 118 Abs. 2 FGO an die im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegende Würdigung des FG gebunden. Der BFH könnte in dem angestrebten Revisionsverfahren nur prüfen, ob das FG bei der von ihm getroffenen Feststellung von einem zutreffenden Begriff der Gefährdung von Mandanteninteressen ausgegangen ist. Abgesehen davon, daß diese Frage, wie sich aus den vorstehenden Darlegungen ergibt, ohne weiteres zu bejahen ist, stellt sie keine rechtliche Grundsatzfrage dar, sondern betrifft lediglich die Richtigkeit der vom FG getroffenen Entscheidung.
Beruht die angefochtene Entscheidung --wie hier-- auf mehreren selbständig tragenden Begründungen, so ist ein Grund für die Zulassung der Revision im übrigen nur gegeben, wenn jede dieser Begründungen eine klärungsbedürftige Grundsatzfrage aufwirft oder zu einem anderen, in § 115 Abs. 2 FGO genannten Zulassungsgrund führt. Schon im Hinblick auf § 46 Abs. 2 Nr. 5 StBerG, der das Urteil des FG selbständig trägt, fehlt es aber, wie ausgeführt, an einem Grund für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO. Daher bedarf es keiner abschließenden Erörterung, daß die Rechtssache auch im Hinblick auf § 46 Abs. 1 Nr. 4 StBerG nicht die ihr von der Beschwerde zugemessene grundsätzliche Bedeutung hat. Es ist freilich nach dem Wortlaut des Gesetzes ohnehin eindeutig, daß § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG lediglich darauf abstellt, daß der Steuerberater durch eine anderweit getroffene gerichtliche Anordnung in der Verfügung über sein Vermögen beschränkt ist, nicht darauf, ob diese Anordnung, wie die Beschwerde offenbar für den Streitfall meint, mit Rücksicht auf Gläubigerinteressen hätte unterbleiben müssen. Die Auffassung der Beschwerde von der Rangordnung zwischen den Interessen der Gläubiger eines Steuerberaters und den Interessen der Allgemeinheit an der Bewahrung einer funktionsfähigen Steuerrechtspflege, die den Widerruf der Bestellung von Steuerberatern verlangt, von denen eine zuverlässige Berufsausübung nicht (mehr) erwartet werden kann, steht eindeutig in Widerspruch zum Gesetz.
Ende der Entscheidung
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