Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 06.10.2003
Aktenzeichen: VII B 199/03
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
AO 1977 § 254 Abs. 1
AO 1977 § 332 Abs. 1 Satz 3
AO 1977 § 332 Abs. 2 Satz 1
AO 1977 § 332 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hat dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nach erfolgloser Aufforderung zur Abgabe der Gewerbesteuererklärungen für 1994, 1995 und 1996 und zur Abgabe der Erklärungen über die gesonderte Gewinnfeststellung für die gleichen Jahre mit Schreiben vom 26. August 1999 für sämtliche Aufforderungen zur Abgabe von Steuererklärungen jeweils die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von je ... DM verbunden mit einer erneuten Aufforderung zur Abgabe der benannten Steuererklärungen bis zum 21. September 1999 angedroht. Nach fruchtlosem Fristablauf setzte das FA mit Schreiben vom 28. September 1999 die angedrohten Zwangsgelder fest, die vor Erklärungsabgabe auch entrichtet worden sind.

Die nach erfolglosen Einsprüchen gegen die Zwangsgeldandrohungen und die Festsetzungen erhobenen Klagen hat das Finanzgericht (FG) u.a. mit der Begründung abgewiesen, dass sowohl die Zwangsgeldandrohungen als auch die -festsetzungen ermessensfehlerfrei erfolgt seien, da der Kläger seinen Erklärungspflichten nicht nachgekommen sei. Die gegen die zunächst als Gerichtsbescheid ergangene Entscheidung des FG im Schriftsatz des Klägers vom 1. April 2003 vorgetragenen Einwendungen gäben keinen Anlass, von der im Gerichtsbescheid dargelegten Auffassung abzuweichen.

Mit der gegen dieses Urteil erhobenen Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision beantragt der Kläger die Zulassung der Revision "entweder nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 oder Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung".

II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil in der Beschwerdebegründung keiner der Gründe, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, ausdrücklich benannt und entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dargelegt worden ist.

1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, deren Beantwortung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortbildung und Handhabung des Rechts berührt. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605), die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. die Hinweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., 2002, § 115 Rz. 23). Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache muss in der Beschwerdeschrift schlüssig dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Dazu ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer eine konkrete Rechtsfrage formuliert und substantiiert auf ihre Klärungsbedürftigkeit, ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung sowie darauf eingeht, weshalb von der Beantwortung der Rechtsfrage die Entscheidung über die Rechtssache abhängt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479, und Senatsbeschluss vom 13. März 2003 VII B 373/02, nicht veröffentlicht).

Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Es fehlt bereits an der Formulierung einer oder mehrerer konkreter Rechtsfragen, denen nach Auffassung des Klägers grundsätzliche Bedeutung zukommen soll.

a) Bei der der Beschwerdebegründung allenfalls zu entnehmenden Frage, "ob die allgemeine Vollstreckungsschutzfrist des § 254 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) von einer Woche für Zwangsgeldandrohungen gilt", ist nicht ersichtlich, auf welchen Zeitpunkt und auf welche Rechtshandlung die Beschwerde diese Wochenfrist beziehen will. So wird in der Beschwerdebegründung selbst ausgeführt: "Dies könnte eine Woche nach der Zwangsgeldandrohung vom 26. August 1999 oder aber auch eine Woche nach der am 21. September 1999 fälligen Leistung (gemeint ist wohl die Aufforderung zur Abgabe der Erklärungen) sein." Für die Beantwortung einer derart unklaren Frage fehlt indes das Rechtsschutzinteresse. Das abstrakte Interesse eines Beteiligten an der höchstrichterlichen Klärung einer alternativ gestellten abstrakten Rechtsfrage begründet ein solches nicht (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., Vor § 115 Rz. 21). Im Übrigen bestimmt § 332 Abs. 1 Satz 3 AO 1977 lediglich, dass zur Erfüllung der Verpflichtung eine angemessene Frist zu bestimmen ist. Dass das FA zwischen den Aufforderungen zur Erklärungsabgabe, der Androhung des Zwangsgeldes mit erneuter Aufforderung zur Erklärungsabgabe und der schließlich erfolgten Zwangsgeldfestsetzung jeweils mehr als eine Woche Frist gewährt hat, ergibt sich bereits aus den oben bezeichneten Verfügungen.

b) Soweit der Kläger unter Hinweis auf ein (rechtskräftig gewordenes) Urteil des FG Bremen vom 28. März 2000 299355K 2 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2000, 720) meint, der BFH solle in einem Revisionsverfahren die Anforderungen an die von der Finanzbehörde in der Einspruchsentscheidung anzustellenden Ermessenserwägungen im Falle der Anfechtung einer Zwangsgeldandrohung und -festsetzung bei zwischenzeitlich erlassenen Schätzungsbescheiden weiter klären, fehlt in der Beschwerdebegründung jegliche Darlegung zur grundsätzlichen Bedeutung (§ 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

c) Die für klärungsbedürftig gehaltene Rechtsfrage, in welcher Form die getrennten Aufforderungen zur Abgabe der Erklärungen, der Androhung des Zwanggeldes für jede Nichterfüllung der geforderten Erklärungsabgabe und die Festsetzung der Zwangsgelder für jede nicht erfüllte Verpflichtung zu ergehen haben, lässt sich aus dem Gesetz bestimmen. So schreibt § 332 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 vor, dass die Androhung des Zwangsmittels mit dem Verwaltungsakt verbunden werden kann, durch den die Handlung, die Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird. In § 332 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 ist weiter bestimmt, dass sich die Androhung auf ein bestimmtes Zwangsmittel beziehen und in bestimmter Höhe für jede einzelne Verpflichtung getrennt ausgewiesen werden muss. Das bedeutet nach dem Gesetzeswortlaut jedoch nicht, dass jede Androhung in einem gesonderten Schriftstück zu erfolgen hat. Vielmehr können getrennte Androhungen z.B. im Falle der Nichtabgabe mehrerer Steuererklärungen in einem Schreiben zusammengefasst werden, wenn in Bezug auf jede Verpflichtung jeweils ein gesondertes Zwangsmittel angedroht wird. Entscheidend ist, dass aus der Verfügung eindeutig ersichtlich ist, welches Zwangsmittel sich auf welche Verpflichtung bezieht (s. § 332 Abs. 2 Satz 2 AO 1977; gl.A. die überwiegende Auffassung im Schrifttum; vgl. Hohrmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 332 AO 1977 Rz. 17; Tipke/ Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 332 AO 1977 Rz. 10; Dumke in Schwarz, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 332 AO 1977 Rz. 2 a, 3 a). Dass im Schrifttum vereinzelt jeweils separate Schriftstücke für jede Androhung eines Zwangsgeldes für notwendig gehalten werden (Brockmeyer in Klein, Abgabenordnung, 8. Aufl., § 332 Rz. 4; Wolf in Koch/ Scholtz, Abgabenordnung, 5. Aufl., § 332 Rz. 5), verleiht der Frage, ob jeweils ein gesondertes Schriftstück erteilt werden muss, noch keine grundsätzliche Bedeutung. Ausführungen dazu, weshalb die Frage, ob für jede Androhung eines Zwangsgeldes ein gesondertes Schreiben notwendig ist, im konkreten Fall klärungsbedürftig sein soll und worin deren über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung liegen soll, enthält die Beschwerdebegründung nicht.

2. Hat die Rechtssache danach keine grundsätzliche Bedeutung, so gibt sie, was aus den oben näher erläuterten Gründen folgt, auch keinen Anlass, eine höchstrichterliche Entscheidung zur Fortbildung des Rechts herbeizuführen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).

3. Die Rüge des Verfahrensmangels einer Überraschungsentscheidung, weil das Urteil des FG nicht ausdrücklich zu der Frage Stellung genommen habe, ob die Aufforderung zur Abgabe von Steuererklärungen für bestimmte Streitjahre noch verlangt werden durfte, obwohl (nach Auffassung des Klägers) zwischenzeitlich die Festsetzungsverjährung eingetreten sei, ist nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt. So fehlt es an jeglichen Ausführungen, inwiefern eine weitere Auseinandersetzung mit dieser Frage auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunktes des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. Senatsurteil vom 6. Juni 2000 VII R 72/99, BFHE 192, 390; BFH-Beschluss vom 25. Juni 2002 X B 199/01, BFH/NV 2002, 1332). Der Beschwerdebegründung ist hierzu nichts zu entnehmen, obwohl das FG mit seinem ausdrücklichen Hinweis auf den Schriftsatz des Klägers vom 1. April 2003 dessen Inhalt und damit auch diesen Sachverhalt zur Kenntnis genommen hat, die Erklärungsanforderung durch das FA aber dennoch --wie bereits in dem dem Urteil vorangegangenen Gerichtsbescheid-- für ermessensfehlerfrei gehalten und keinen Anlass gesehen hat, wegen des Vortrages des Klägers in dem bezeichneten Schriftsatz hiervon abzuweichen.

4. Soweit der Kläger sich gegen die materielle Richtigkeit der Entscheidung wendet, kann dies nicht zur Zulassung der Revision führen, weil hiermit kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO dargetan wird (BFH-Beschluss vom 4. Juli 2002 IX B 169/01, BFH/NV 2002, 1476).

Ende der Entscheidung

Zurück