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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 22.06.2009
Aktenzeichen: VII B 204/08
Rechtsgebiete: AO, FGO, ZPO


Vorschriften:

AO § 131 Abs. 1
AO § 284
FGO § 76
FGO § 102
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 155
ZPO § 227 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Nach vergeblichen Vollstreckungsversuchen forderte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 284 der Abgabenordnung (AO) auf. Im erfolglosen Einspruchs- und nachfolgenden Klageverfahren machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, die angefochtenen Verfügungen seien rechtswidrig, da dem FA nach einer erfolglosen Wohnungsdurchsuchung, der Pfändung sämtlicher Konten und einer mittlerweile bestandskräftigen Gewerbeuntersagung bekannt sei, dass pfändbare Erwerbseinkünfte nicht bestünden. Unmittelbar vor dem vom Finanzgericht (FG) anberaumten Verhandlungstermin bat der Vertreter der Klägerin im Hinblick auf einen weiteren erfolglosen Vollstreckungsversuch des FA am Freitag vor dem Verhandlungstag per Fax um Vertagung. Dem gab das FG nicht statt und verhandelte ohne die Klägerin. Die Klage blieb erfolglos. Die Vertagung sei nicht geboten, da die Klägerin insoweit keine erheblichen Gründe vorgetragen habe. Der weitere Vollstreckungsversuch könne die Vertagung nicht rechtfertigen, da es für das Gericht gemäß § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung ankomme und die Auswirkungen dieser Maßnahmen in der mündlichen Verhandlung hätten besprochen und geklärt werden können. Die Klage sei unbegründet, da die vom FA insbesondere in der Einspruchsentscheidung dargelegten Ermessenserwägungen nicht zu beanstanden seien.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde rügt die Klägerin, das Urteil des FG beruhe auf Verfahrensmängeln i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Die unterlassene Vertagung stelle eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dar und das Urteil beruhe auf einem im Hinblick auf vorhandenes bzw. unpfändbares Vermögen unvollständig ermittelten Sachverhalt sowie auf einer diesbezüglich unzulässig vorweggenommenen Beweiswürdigung.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor.

1. Zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs muss ein Termin zur mündlichen Verhandlung verlegt werden, wenn erhebliche Gründe i.S. der § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung für eine Terminsänderung vorliegen (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. Februar 2007 III B 105/06, BFH/NV 2007, 1163). Einen solchen erheblichen Grund hat die Klägerin nicht bezeichnet. Aus dem allein für die Vertagung geltend gemachten Umstand, dass das FA kurz vor dem Verhandlungstermin einen weiteren Vollstreckungsversuch bei der Klägerin unternommen hat, kann sich keine Notwendigkeit für weiteren Vortrag ergeben. Denn wie der Senat bereits entschieden hat, sind für die gerichtliche Überprüfung einer behördlichen Ermessensentscheidung die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der letztinstanzlichen Verwaltungsentscheidung auch dann maßgebend, wenn --wie im Streitfall-- die Anordnung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch nicht vollzogen ist. Die Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse nach Ergehen der letzten Verwaltungsentscheidung ist im finanzgerichtlichen Verfahren gegen eine noch nicht vollzogene Anordnung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht berücksichtigungsfähig. Dem Betroffenen ist bei veränderter Sachlage zuzumuten, ein neues Verwaltungsverfahren in Gang zu setzen und wegen evtl. veränderter Verhältnisse die Aufhebung des im Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßigen Verwaltungsaktes gemäß § 131 Abs. 1 AO zu beantragen (Senatsbeschluss vom 26. März 1991 VII R 66/90, BFHE 164, 7, BStBl II 1991, 545).

2. Mit der Beschwerde ist auch nicht schlüssig dargelegt, dass das Urteil des FG auf einer unzureichenden Sachaufklärung und damit auf einer Verletzung des § 76 FGO beruht. Die Klägerin hätte darlegen müssen, inwieweit das Urteil --ausgehend von der sachlich-rechtlichen Auffassung des FG-- auf der unterbliebenen weiteren Aufklärung ihrer Vermögenssituation beruhen kann (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 6. Februar 2007 X B 89/06, BFH/NV 2007, 958). Der Beschwerde ist sinngemäß nur zu entnehmen, dass das FA aufgrund der erfolglosen Vollstreckungsmaßnahmen in der Vergangenheit vollständige Kenntnis von der Vermögenslage der Klägerin gehabt habe und das FG die Ermessensentscheidung des FA deshalb nicht ohne weiteres habe bestätigen dürfen. Sie verkennt dabei, dass das FA das Verfahren nach § 284 AO nach der --zutreffenden (vgl. Grundsatzentscheidung des Senats vom 24. September 1991 VII R 34/90, BFHE 165, 477, BStBl II 1992, 57)-- Rechtsauffassung des FG nach erfolglosen Vollstreckungsmaßnahmen ermessensfehlerfrei betreiben darf, weil diese --anders als das unter dem psychologischen Druck des Verfahrens nach § 284 AO erwirkte Vermögensverzeichnis-- regelmäßig keine zuverlässige Kenntnis über die Vermögensverhältnisse bringen. Das FG hatte dabei nicht aufzuklären, ob bei der Klägerin noch pfändbares Vermögen vorhanden war, sondern lediglich die Ausübung des Ermessens des FA im Rahmen des § 102 FGO zu überprüfen. Dies hat es zutreffend getan.

3. Aus dem Vorhalt einer unzulässig vorweggenommenen Beweiswürdigung, weil das FG in der Annahme einer Verzögerungsabsicht der Klägerin "Ergebnisse (unterstellt habe), die bei ordnungsgemäßem Verfahrensablauf mit der gebotenen Sachaufklärung und Tatsachenwürdigung zumindest zweifelhaft erscheinen", ergibt sich schon deshalb kein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO, weil die vermeintlich gebotene Sachaufklärung und Tatsachenwürdigung für die Entscheidung des FG nicht entscheidungserheblich war.



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