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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 13.02.2003
Aktenzeichen: VII B 215/02
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 63 Abs. 1
FGO § 110 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) ist die Rechtsnachfolgerin der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft X. Das Landratsamt A forderte die Klägerin mit Schreiben vom 30. Oktober 1990 auf, die Abschlagszahlung auf die ökonomische Abgabe nach § 4 Abs. 3 der Anordnung über die Erhebung einer ökonomischen Abgabe von den Genossenschaften und genossenschaftlichen und volkseigenen Betrieben der Landwirtschaft vom 19. Juni 1990 (Gesetzblatt der DDR I 1990, Nr. 1111/10) für das dritte Quartal 1990 abzuführen. Dem kam die Klägerin nach und überwies dem Landratsamt A am 2. November 1990 100 000 DM.

Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 18. Februar 1991 beim Landratsamt A die Erstattung des gezahlten Betrags, weil der von ihr aufgestellte Jahresabschluss für 1990 entgegen der ursprünglichen Erwartung keinen Gewinn ausweise. Das Landratsamt A lehnte dies mit Schreiben vom 22. Juli 1992 unter Hinweis darauf ab, dass der von der Klägerin gezahlte Betrag ordnungsgemäß im Haushalt 1990 verausgabt worden sei.

Die Klägerin erhob am 11. März 1994 vor dem Verwaltungsgericht Klage, mit der sie u.a. beantragte, den "Freistaat Sachsen Landratsamt A" zu verurteilen, 100 000 DM an sie zu zahlen. Das Verwaltungsgericht hielt den Verwaltungsrechtsweg für nicht gegeben und verwies den Rechtsstreit an das Finanzgericht (FG). Das FG nahm an, dass sich die Klage gegen das Landratsamt B --den Beklagten-- als "Organ" des Beschwerdeführers, der Rechtsnachfolger des durch Gesetz aufgelösten Landkreises A geworden sei, zu richten habe. Das FG verurteilte den Beklagten, der Klägerin 100 000 DM (51 130 EUR) zu erstatten. Zur Begründung führte das FG im Wesentlichen aus, der Beklagte sei als die eine Erstattung ablehnende Behörde richtiger Klagegegner für die von der Klägerin erhobene allgemeine Leistungsklage. Dabei sei es unerheblich, ob der Beklagte als Landesbehörde oder Selbstverwaltungsorgan tätig werden solle. Die Klägerin könne die Erstattung der 100 000 DM beanspruchen, weil der rechtliche Grund für die Einbehaltung der Abschlagszahlung auf die ökonomische Abgabe entfallen sei. Die Klägerin habe für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 1990 einen Verlust von 108 350,38 DM errechnet, so dass die hierauf zu entrichtende ökonomische Abgabe 0 DM betrage.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Beschwerdeführers, mit der er Verfahrensmängel geltend macht.

Die Klägerin ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde ist unzulässig. Der Beschwerdeführer ist nicht befugt, wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des FG Beschwerde einzulegen.

Zur Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde sind nur die in der Vorinstanz Beteiligten berechtigt (§ 115 Abs. 1 i.V.m. § 57 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Maßgebend ist insoweit die tatsächliche Beteiligung (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. Oktober 1990 IX R 124/90, BFH/NV 1991, 545, 546; vom 14. Dezember 2000 VIII B 66/00, BFH/NV 2001, 792). Wer Beteiligter am Verfahren ist, ergibt sich grundsätzlich aus dem Rubrum des angefochtenen Urteils (vgl. Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 115 FGO Rz. 41).

a) Nach dem Rubrum des Urteils des FG waren neben der Klägerin und dem Beklagten die Oberfinanzdirektion C als Beigeladene an dem erstinstanzlichen Verfahren beteiligt. Der Beschwerdeführer war hingegen nicht beteiligt. Hierbei handelt es sich auch nicht um eine offensichtliche Falschbezeichnung im Rubrum der Vorentscheidung. Denn in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils hat das FG ausgeführt, die Klage habe sich gegen den Beklagten als die eine Erstattung ablehnende Behörde zu richten.

Der Beschwerdeführer ist mit dem Beklagten des erstinstanzlichen Verfahrens nicht identisch. Nach § 63 Abs. 1 FGO ist die Klage im finanzgerichtlichen Verfahren grundsätzlich gegen die handelnde Behörde und nicht gegen die öffentlich-rechtliche Körperschaft zu richten, der die beteiligte Behörde angehört (vgl. BFH-Urteil vom 31. Oktober 1990 I R 3/86, BFHE 163, 478, 480, BStBl II 1991, 610, 612; Senatsbeschluss vom 8. Januar 1998 VII B 102/97, BFH/NV 1998, 729, 730). Der Beschwerdeführer ist eine rechtsfähige Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 2 der Landkreisordnung für den Freistaat Sachsen --KrO-- vom 19. Juli 1993, Gesetz- und Verordnungsblatt 1993, 577) und war als solcher an dem erstinstanzlichen Verfahren nicht beteiligt. Dies war vielmehr der Beklagte als Behörde des Beschwerdeführers (§ 1 Abs. 4 KrO).

b) Aus § 110 Abs. 1 Satz 2 FGO folgt nichts anderes. Hiernach wirken die gegen eine Behörde ergangenen Urteile auch gegenüber der öffentlich-rechtlichen Körperschaft, der die beteiligte Behörde angehört. § 110 Abs. 1 Satz 2 FGO betrifft die Frage der subjektiven Rechtskraftwirkung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 163, 478, 480, BStBl II 1991, 610, 612; Senatsbeschluss in BFH/NV 1998, 729, 730). Diese Bestimmung ändert jedoch nichts an der Beteiligteneigenschaft der beklagten Behörde, sondern setzt gerade voraus, dass die öffentlich-rechtliche Körperschaft, der die Behörde angehört, selbst nicht beteiligt ist (vgl. Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 110 FGO Rz. 87; Brandt in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 110 FGO Rz. 136). Soweit der Senat in seinem Beschluss in BFH/NV 1998, 729, 730 ausgeführt hat, die öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft und die Finanzbehörde dieser Körperschaft würden prozessual als identischer Beteiligter angesehen, bezog sich dies auf die subjektive Rechtskraftwirkung nach § 110 Abs. 1 Satz 2 FGO.

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