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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 23.11.1998
Aktenzeichen: VII B 215/98
Rechtsgebiete: FGO, StBerG
Vorschriften:
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 | |
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO | |
StBerG § 32 Abs. 3 Satz 2 |
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH, die seit 1987 eine Anerkennung besitzt. Ihr alleiniger Gesellschafter ist H. H besitzt keine Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen. Er war zunächst auch zum Geschäftsführer bestellt worden, wurde jedoch aufgrund von Bedenken der Steuerberaterkammer alsbald abberufen und erhielt Prokura zur Vertretung der Klägerin zusammen mit einem Geschäftsführer. Zeitweise besaß er auch Einzelprokura.
Im Oktober 1997 hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzministerium) die Anerkennung der Klägerin widerrufen. Die dagegen erhobene Klage ist ohne Erfolg geblieben. Das Finanzgericht (FG) führt in seinem Urteil im wesentlichen folgendes aus:
H habe in der Vergangenheit erhebliche, eindeutig gesetzwidrige Anstrengungen unternommen, um Einfluß auf die Geschäftsführung ausüben zu können. Er habe es daran fehlen lassen, sich von seiner gesellschaftsrechtlichen Machtstellung zu trennen und sei außerdem weiterhin als Angestellter der Klägerin auf dem Sektor der Hilfeleistung in Steuersachen tätig. Es bestehe auch nach inzwischen erfolgter Übernahme der Geschäftsführung durch die Steuerberaterin K das deutlich wahrnehmbare Risiko mangelnder Eigenverantwortlichkeit der Geschäftsführung. Das Gericht habe sich nicht überzeugen können, daß H nunmehr keinerlei Einfluß mehr auf die Geschäftsführung nehmen werde und damit die freie Berufsausübung der Steuerberater-Geschäftsführerin nicht mehr mit Risiken belastet wäre.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde der Klägerin, mit der grundsätzliche Bedeutung geltend gemacht und sinngemäß vorgetragen wird: Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sei darin zu sehen, daß unterschieden werden müsse zwischen Einflüssen und Weisungsmöglichkeiten auf die steuerberatende Tätigkeit einerseits und andererseits der kaufmännischen Tätigkeit sowie der betriebswirtschaftlichen Gestaltung der Führung der Gesellschaft. Letztere seien völlig unschädlich für die steuerberatende Tätigkeit des Geschäftsführers; von ihnen könne keine Gefährdung von dessen Eigenverantwortlichkeit ausgehen. Man könne sie weitestgehend einem Bürokaufmann oder einem Betriebswirt übertragen. Diese Unterscheidung sei vom FG nicht vorgenommen worden.
Ferner sei von grundsätzlicher Bedeutung, daß nicht nur auf den berufsfremden Gesellschafter, sondern in besonderem Maße auf den Steuerberater-Geschäftsführer abgestellt werden müsse. Gerade bei einem berufsfremden Alleingesellschafter könne dieser einer Einflußnahme ohne weiteres entgegentreten, weil ohne ihn die Gesellschaft nicht fortbestehen könnte. Es müsse höchstrichterlich Klarheit darüber geschaffen werden, daß bei einer solchen Gesellschaft eingehend zu prüfen sei, ob eine Einflußnahme möglich und zu erwarten ist.
II. Die Beschwerde ist unzulässig. In ihr ist der geltend gemachte Zulassungsgrund, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), nicht dargelegt, wie dies § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sich auf der Grundlage der vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen in dem angestrebten Revisionsverfahren voraussichtlich eine Rechtsfrage stellen würde, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit an der Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts liegt, weil sich ihre richtige Beantwortung nicht ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt, sie insbesondere in der Rechtsprechung oder im Schrifttum umstritten und bisher vom Bundesfinanzhof nicht beantwortet worden ist. Liegt zu einer Rechtsfrage Rechtsprechung oder Schrifttum vor, so ist in der Beschwerdebegründung darzustellen, inwiefern die betreffende Rechtsfrage dort unterschiedlich beantwortet wird oder warum sich dort eine überzeugende Beantwortung der Frage nicht findet. Die in der Beschwerdeschrift sinngemäß bezeichnete Rechtsfrage ist indes durch die Rechtsprechung des erkennenden Senats, mit der sich auseinanderzusetzen die Klägerin versäumt hat, geklärt, soweit sie losgelöst von den konkreten Umständen des einzelnen Falles grundsätzlich geklärt werden kann; sie ist auch im Schrifttum, auf das die Beschwerde ebenfalls nicht eingeht, nicht strittig.
§ 32 Abs. 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes macht die Anerkennung einer Steuerberatungsgesellschaft von dem Nachweis abhängig, daß "die Gesellschaft" von Steuerberatern verantwortlich geführt wird (vgl. Meurers in Kuhls/Meurers/Maxl/Schäfer/ Goez, Steuerberatungsgesetz, § 50 Rdnr. 8). Es genügt also nicht, wenn die eigentliche steuerberatende Tätigkeit Steuerberatern obliegt; ihr maßgeblicher Einfluß muß sich vielmehr auf die Angelegenheiten der Gesellschaft als Ganzes erstrecken (vgl. Späth in Bonner Handbuch der Steuerberatung, § 50 StBerG Rdnr. B 723; Gehre, Steuerberatungsgesetz, 3. Aufl. 1995, § 50 Rdnr. 3). Allerdings hat der beschließende Senat bereits in dem Urteil vom 26. März 1981 VII R 14/78 (BFHE 133, 322, BStBl II 1981, 586, 590) auf die Schwierigkeit hingewiesen, die genaue Grenze zwischen an sich zulässiger Einflußnahme der berufsfremden Kapitalseite einerseits und der Eigenverantwortlichkeit des geschäftsführenden Steuerberaters andererseits zu ziehen. Er hat hervorgehoben, daß jedenfalls nicht nur die "eigentliche" Beratungstätigkeit keinen fremden Weisungen unterliegen dürfe, sondern daß auch "Art, Weise und Umfang der steuerberatenden Aktivitäten, z.B. die Auswahl der Kunden" maßgeblich von dem Steuerberater bestimmt werden müßten. Dabei ist dem Umstand Rechnung zu tragen, daß zwischen der "eigentlichen" steuerberatenden Tätigkeit und der Erledigung der sonstigen für den Geschäftsbetrieb erforderlichen Angelegenheiten in der Regel enge, im Einzelfall nicht ohne weiteres faßbare Wechselwirkungen bestehen. Auch darauf hat der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 29. April 1997 VII R 44/96 (BFH/NV 1997, 712) sinngemäß hingewiesen. Er hat deshalb in diesem Urteil erhöhte Anforderungen an den Nachweis der eigenverantwortlichen Führung der Gesellschaft durch den Steuerberater gestellt, wenn die Steuerberatungsgesellschaft gesellschaftsrechtlich ganz von Berufsfremden beherrscht wird. Gerade in einem solchen Fall ist das Gesamtbild der Verhältnisse nach den wirtschaftlichen, persönlichen und rechtlichen Beziehungen zwischen Gesellschafter und Geschäftsführer maßgebend, wobei auch Anhaltspunkte für eine künftig zu erwartende Einflußnahme des Gesellschafters --gleichsam prognostisch-- zu berücksichtigen sind (Urteile des Senats vom 26. September 1989 VII R 54/89, BFH/NV 1990, 328, und vom 29. August 1989 VII R 60/88, BFH/NV 1990, 265).
Mit dieser Rechtsprechung, von der abzurücken der Senat keinen Anlaß hat, ist die Auffassung der Beschwerde unvereinbar, die --bestimmende-- Einflußnahme des Gesellschafters auf die "betriebswirtschaftliche Gestaltung der Führung der Gesellschaft" und die "kaufmännische Tätigkeit" sei völlig unschädlich und von einer Einflußnahme auf die steuerberatende Tätigkeit streng zu unterscheiden.
Ferner ergibt sich aus der angeführten Rechtsprechung die Notwendigkeit einer besonders eingehenden Prüfung der Eigenverantwortlichkeit des Steuerberaters in dem Falle, daß der alleinige Gesellschafter berufsfremd ist. Bei dieser Prüfung ist allerdings nicht, wie die Beschwerde offenbar meint, von der Vermutung auszugehen, daß die tatsächlichen Gegebenheiten den rechtlichen Erfordernissen entsprechen, die Eigenverantwortlichkeit des Steuerberaters also deshalb anzunehmen ist, weil ohne sie die Anerkennung der Gesellschaft nicht aufrechterhalten werden dürfte. Denn es besteht kein Erfahrungssatz, daß das tatsächliche Maß der Eigenverantwortlichkeit des Geschäftsführers einer Steuerberatungsgesellschaft im allgemeinen dem entspricht, was das Gesetz insoweit verlangt. Überdies handelt es sich dabei aber ohnehin nicht um eine rechtliche Grundsatzfrage, die Anlaß zur Zulassung der Revision bieten könnte.
Die Beschwerdebegründung enthält keinerlei Ausführungen dazu, welche Grundsatzfrage trotz der durch diese Rechtsprechung verdeutlichten Rechtsgrundsätze noch klärungsbedürftig wäre und im Streitfall geklärt werden könnte. Mit ihren Ausführungen, insbesondere mit ihrer Rüge, das FG habe zwischen der steuerberatenden Tätigkeit und sonstigen Angelegenheiten der Gesellschaft nicht ausreichend unterschieden, wendet sie sich in Wirklichkeit lediglich gegen die sachlich-rechtliche Richtigkeit des Urteils des FG und die von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen, insbesondere gegen seine Prognose über das zukünftige Verhalten des Gesellschafters der Klägerin. Abgesehen davon, daß das FG insofern von der Rechtsprechung des erkennenden Senats ausgegangen ist und aus dieser überzeugende Konsequenzen für den Streitfall gezogen hat, vermöchten selbst berechtigte Einwände gegen die Richtigkeit seiner Schlußfolgerungen die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht zu rechtfertigen.
Ende der Entscheidung
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