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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 28.04.2004
Aktenzeichen: VII B 238/03
Rechtsgebiete: StBerG, AO 1977, FGO
Vorschriften:
StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4 | |
StBerG § 164a Abs. 1 | |
AO 1977 § 130 Abs. 3 | |
AO 1977 § 131 Abs. 2 Satz 2 | |
FGO § 115 Abs. 2 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative | |
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3 |
Gründe:
I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen den Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes --StBerG--) durch den Bescheid der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Steuerberaterkammer) als unbegründet abgewiesen. Das FG hat die Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung als Steuerberater als gegeben angesehen, da sich der Kläger in Vermögensverfall befinde und er auch nicht habe nachweisen können, dass durch den Vermögensverfall eine Gefährdung der Interessen der Auftraggeber ausgeschlossen sei. Die Steuerberaterkammer habe auch die für den Widerruf geltende Frist gemäß § 164a Abs. 1 StBerG i.V.m. § 131 Abs. 2 Satz 2, § 130 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) gewahrt, da sie von den Grundlagen für die Beurteilung der Widerrufsvoraussetzungen erst durch eine Stellungnahme der Oberfinanzdirektion (OFD) vom ... Kenntnis erhalten habe.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf die Zulassungsgründe der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative und Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt. Die Entscheidung des FG, dass die Steuerberaterkammer die einjährige Frist für den Widerruf gewahrt habe, stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH); außerdem habe das FG insoweit den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt. Hinsichtlich einer durch den Vermögensverfall bestehenden Gefährdung von Auftraggeberinteressen sei das FG ausschließlich von einer potenziellen Gefährdung ausgegangen, ohne den von ihm (dem Kläger) erbrachten Beweis zu würdigen, dass im Streitfall eine konkrete Gefährdung von Auftraggeberinteressen nicht gegeben sei.
II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil in der Beschwerdeschrift die vom Kläger geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt.
1. Der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO erfasst zunächst die Fälle der sog. Divergenzrevision und erfordert darüber hinaus auch dann eine Entscheidung des BFH, wenn die einheitliche Beantwortung einer Rechtsfrage nur durch eine Entscheidung des BFH gesichert werden kann. Wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf Divergenz gestützt, erfordert die nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO notwendige Darlegung der Zulassungsvoraussetzungen, dass die Entscheidung des BFH, von der nach der Behauptung des Beschwerdeführers das Urteil des FG abweicht, genau bezeichnet wird und dass kenntlich gemacht werden muss, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine Abweichung vorliegen soll. Dem ist nur genügt, wenn abstrakte Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und abstrakte Rechtssätze der Divergenzentscheidung(en) des BFH so genau bezeichnet und gegenüber gestellt werden, dass eine Abweichung erkennbar wird (BFH-Beschlüsse vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479, 480, m.w.N.; vom 29. Juni 1987 X B 26/87, BFH/NV 1988, 239).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Sie führt lediglich eine Reihe die Vorschrift des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG betreffende Senatsentscheidungen an, ohne einen abstrakten Rechtssatz herauszuarbeiten, auf dem das FG-Urteil beruht und der jenen Senatsentscheidungen zugrunde liegenden Rechtssätzen widerspricht.
Insbesondere wird die behauptete Divergenz des angefochtenen FG-Urteils zu dem Senatsbeschluss vom 1. August 2002 VII B 35/02 (BFH/NV 2002, 1499) nicht schlüssig dargelegt und sie besteht auch offensichtlich nicht, da das FG --in Übereinstimmung mit jenem Senatsbeschluss-- davon ausgegangen ist, dass die für den Widerruf geltende Frist gemäß § 164a Abs. 1 StBerG i.V.m. § 131 Abs. 2 Satz 2, § 130 Abs. 3 AO 1977 nicht bereits mit der Kenntnis der Steuerberaterkammer vom Eintritt des Vermögensverfalls zu laufen beginnt, sondern erst dann, wenn die Steuerberaterkammer zu der Überzeugung gelangt ist, dass dem betroffenen Steuerberater der Nachweis nicht gelungen ist, dass Interessen seiner Auftraggeber durch den Vermögensverfall nicht gefährdet sind. Wenn das FG im Streitfall geurteilt hat, dieser Zeitpunkt des Fristbeginns sei der Zeitpunkt der Kenntnisnahme der Steuerberaterkammer von der Stellungnahme der OFD vom ... gewesen, und die Beschwerde demgegenüber meint, dass dieses Schreiben keine neuen Gesichtspunkte aufgezeigt und die Frist deshalb zu einem früheren Zeitpunkt zu laufen begonnen habe, so wendet sie sich gegen die Richtigkeit der Würdigung der Verhältnisse des Einzelfalls durch den Tatrichter und damit gegen die materielle Richtigkeit der Entscheidung des FG, was jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen kann, weil damit kein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 FGO dargetan wird (BFH-Beschluss vom 4. Juli 2002 IX B 169/01, BFH/NV 2002, 1476, m.w.N.).
2. Die in diesem Zusammenhang gerügte Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) durch das FG wird ebenfalls nicht in schlüssiger Weise dargelegt, wenn die Beschwerde insoweit vorträgt, dass das FG hinsichtlich der Frage des Fristablaufs nicht ausreichend ermittelt habe und dadurch zu einem falschen Ergebnis gekommen sei. Es wird mit dem Beschwerdevorbringen bereits keine konkrete Tatsache bezeichnet, deren Aufklärung das FG unterlassen hat, obwohl sich ihre Klärungsbedürftigkeit dem FG nach seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen. Mit der Behauptung, dass das FG die eindeutigen Bestimmungen des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG missachtet habe, wird entgegen der Ansicht der Beschwerde kein Verfahrensmangel schlüssig gerügt, sondern wiederum geltend gemacht, dass das angefochtene Urteil materiell unrichtig sei.
3. Auch soweit § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG den Widerruf der Bestellung als Steuerberater in Fällen ausschließt, in denen trotz des Vermögensverfalls des Steuerberaters Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet sind, wird von der Beschwerde weder eine Divergenz des FG-Urteils zu einer Entscheidung des BFH durch Gegenüberstellung voneinander abweichender abstrakter Rechtssätze aufgezeigt noch sonst schlüssig dargelegt, weshalb die einheitliche Beantwortung einer Rechtsfrage nur durch eine Entscheidung des BFH gesichert werden kann. Auch zur Darlegung dieser Zulassungsvoraussetzung ist es jedenfalls erforderlich, dass das Urteil, von dem die Vorinstanz abgewichen ist, und der Rechtssatz, den sie falsch angewandt oder ausgelegt hat, bezeichnet werden (BFH-Beschluss vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837). Hieran fehlt es jedoch im Streitfall.
Nach dem Senatsurteil vom 3. November 1992 VII R 95/91 (BFH/NV 1993, 624), auf welches sich die Beschwerde insoweit bezieht, folgt aus dem Wortlaut des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG, dass im Regelfall die Bestellung zu widerrufen ist, wenn der Steuerberater in Vermögensverfall geraten ist. Nur in Ausnahmefällen ("es sei denn") kann von dem Widerruf abgesehen werden, wenn die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet werden. Das Gesetz geht damit beim Vorliegen des Vermögensverfalls grundsätzlich davon aus, dass die Interessen der Auftraggeber des Steuerberaters potenziell gefährdet sind. Wenn demgegenüber die Vorschrift dem betroffenen Steuerberater den Nachweis gestattet, dass Auftraggeberinteressen in seinem Fall trotz des Vermögensverfalls nicht gefährdet sind, bezieht sich diese mögliche Feststellung einer Nichtgefährdung von Auftraggeberinteressen auf die konkrete Gefährdungssituation für die Mandanten des in Vermögensverfall geratenen Steuerberaters.
Im Streitfall behauptet die Beschwerde lediglich, dass das angefochtene Urteil von diesen rechtlichen Voraussetzungen abweiche, da das FG es bei der wegen der Insolvenz vermuteten potenziellen Gefährdung der Auftraggeberinteressen belassen habe. Diese Behauptung wird jedoch von der Beschwerde nicht belegt und sie trifft auch offensichtlich nicht zu. Vielmehr hat das FG in dem angefochtenen Urteil ausgeführt, dass § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG zwar den Nachweis gestatte, dass durch den Vermögensverfall des Steuerberaters eine Gefährdung der Interessen seiner Auftraggeber "im konkreten Fall" nicht gegeben sei, dass aber das Vorbringen des Klägers nicht geeignet sei, die Vermutung auszuräumen, dass "sein Vermögensverfall" die Interessen "seiner Auftraggeber" gefährde und dass deshalb auch eine "konkrete Gefährdung" der Auftraggeberinteressen gegeben sei.
Wenn sich die Beschwerde gegen die Ansicht des FG wendet, dass der Kläger nicht habe nachweisen können, dass durch den Vermögensverfall Interessen seiner Auftraggeber nicht gefährdet seien, und demgegenüber die Ansicht vertritt, dass der Kläger in verschiedenen Schriftsätzen während des finanzgerichtlichen Verfahrens sowie in vorbereitenden Schriftsätzen an die Steuerberaterkammer Beweise erbracht habe, wonach die Kriterien für eine Nichtgefährdung von Mandanteninteressen in seinem Fall erfüllt seien, so macht sie in Wahrheit eine ihrer Ansicht nach unzureichende bzw. unzutreffende Tatsachenwürdigung durch das FG geltend, womit jedoch --wie bereits ausgeführt-- ein Grund für die Zulassung der Revision nicht dargelegt werden kann. Während das FG im Fall des Klägers eine konkrete Gefährdung von Auftraggeberinteressen im Wesentlichen damit begründet hat, dass dieser in der Vergangenheit nicht nur seine eigene Steuer nicht pünktlich und vollständig entrichtet habe, sondern auch in beträchtlichem Umfang die von den Arbeitslöhnen seiner Mitarbeiter einbehaltene Lohnsteuer nicht abgeführt habe, setzt die Beschwerde dieser tatrichterlichen Feststellung lediglich ihre Behauptung entgegen, dass der Kläger für die Jahre 1996 bis 1998 Bilanzen und Steuererklärungen fristgerecht bzw. nur unter geringfügiger Fristüberschreitung abgegeben habe.
4. Soweit sich die Beschwerde auf weitere finanzgerichtliche Entscheidungen beruft, ist dieses Beschwerdevorbringen nach Ablauf der Begründungsfrist erfolgt und kann daher nicht mehr berücksichtigt werden. Im Übrigen gilt aber auch insoweit, dass die Beschwerde keinen diesen Entscheidungen zu entnehmenden Rechtssatz bezeichnet, den die Vorinstanz im Streitfall falsch ausgelegt oder angewandt hat.
Ende der Entscheidung
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