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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 29.11.2007
Aktenzeichen: VII B 24/06
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat im zweiten Halbjahr 1995 mit mehreren Ausfuhranmeldungen Rinder (Marktordnungs-Warenlistennummer 0102 9071 0000) in die Türkei ausgeführt. Ab 1. Juli 1995 war der Anspruch auf Ausfuhrerstattung von der Vorlage einer Ausfuhrlizenz mit Vorausfestsetzung der Erstattung abhängig (vgl. Verordnung (EG) Nr. 1384/95 der Kommission vom 19. Juni 1995 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 insbesondere hinsichtlich der Anpassungen zur Umsetzung des Übereinkommens über die Landwirtschaft im Rahmen der Uruguay-Runde --Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABlEG) Nr. L 134/14--, durch welche mit Geltung ab 1. Juli 1995 Art. 2a in die Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 --VO Nr. 3665/87-- der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen --ABlEG Nr. L 351/1-- eingefügt worden ist). Der Klägerin waren solche Lizenzen für die vorgenannten Waren mit der unverbindlichen Bestimmung "Libanon" vor dem 1. Juli 1995 erteilt worden, die, wie in der Verordnung (EG) Nr. 1182/95 (VO Nr. 1182/95) der Kommission vom 24. Mai 1995 mit bestimmten Übergangsmaßnahmen zur Anwendung des im Rahmen der Uruquay-Runde geschlossenen Übereinkommens über die Landwirtschaft im Sektor Rindfleisch (ABlEG Nr. L 118/45) geregelt, jedoch erst ab 1. Juli 1995 galten.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) hat der Klägerin auf ihre Anträge Ausfuhrerstattungen gewährt, jedoch dabei den vor dem 1. Juli 1995 für die Türkei geltenden Erstattungssatz von 60 ECU/100 kg statt des für den Libanon und seit Juli 1995 auch für die Türkei geltenden Satzes von 90 ECU/100 kg zugrunde gelegt. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage, die das Finanzgericht (FG) im Wesentlichen mit folgender Begründung abgewiesen hat:

Das HZA habe in den angefochtenen Bescheiden zu Recht den Erstattungssatz angewandt, der am Tag der Abgabe des Lizenzantrages für das --später gewählte-- Bestimmungsland Türkei gegolten hat. Der Erstattungssatz, der im Zeitpunkt der Ausfuhr gegolten habe, könne entgegen der Ansicht der Klägerin nicht angewandt werden. Dass das Bestimmungsland in der Ausfuhrlizenz nicht verbindlich festgelegt worden sei, sei für die Frage des Erstattungssatzes ohne Bedeutung.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde der Klägerin, mit der geltend gemacht wird, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die Fragen,

"- ob für die Frage der Höhe des Erstattungssatzes der Tag der Eintragung des Empfängerlandes bzw. der Ländergruppe in Feld 7 der Lizenz maßgebend ist, oder der Tag des Exports, bzw.

- ob insbesondere dann, wenn vom Exporteur das in Feld 7 der Lizenz angegebene Land bzw. die angegebene Ländergruppe als "unverbindlich" bezeichnet wird, der Tag der Eintragung in die Lizenz oder aber der Tag des Exports für die Höhe des Erstattungssatzes maßgebend ist, so dass

- dann, wenn das tatsächliche Empfängerland zwar nicht am Tag des Eintrags des zunächst beabsichtigten Empfängerlands in die Lizenz zur gleichen Ländergruppe gehörte, jedoch am Tag des Exports, gleichwohl der Erstattungssatz für die Ländergruppe, die in der Lizenz angegeben wurde, festzusetzen ist, sowie

- ob die Regelung des Artikel 20 Abs. 3 Unterabs. 1 lit b Beistrich 2 der VO Nr. 3665/87 verfassungskonform ist (gleiches gilt für Artikel 6 Abs. 1 b der VO (EG) Nr. 1182/95), bzw. falls dies vom Senat bejaht wird, die Sanktion generell, und damit insbesondere auch dann verfällt, wenn das tatsächliche Empfängerland zwar nicht im Zeitpunkt der Eintragung des Empfängerlands/der Ländergruppe in Feld 7 der Lizenz zu der betreffenden Ländergruppe gehört, jedoch im Zeitpunkt des Exports".

Die Beschwerde trägt dazu zusammengefasst vor, das FG habe bei seiner Entscheidung die Präambel der VO Nr. 1182/95 nicht ausreichend berücksichtigt. Zudem sei seine Entscheidung nicht zutreffend, weil die Lizenz für die Ausfuhr in eine Ländergruppe erteilt worden sei, zu der die Türkei bei der Ausfuhr gehört habe, und überdies die angegebene Ländergruppe nur unverbindlich festgelegt worden sei. Die Richtigkeit der Rechtsansicht, dass der am Tage der Ausfuhr geltende Erstattungssatz anzuwenden sei, werde auch dadurch bestätigt, dass der Anspruch auf Ausfuhrerstattung nicht bei Erteilung der Lizenz, sondern frühestens bei Durchführung des Exports entstehe; solange jedoch ein Anspruch nicht entstanden sei, könne auch nicht festgestellt werden, in welcher Höhe er entstanden ist. Außerdem komme die Besonderheit hinzu, dass die der Klägerin erteilten Lizenzen erst ab 1. Juli 1995 Gültigkeit gehabt hätten. Schließlich beruft sich die Klägerin auf Art. 4 Abs. 6 der Verordnung (EWG) Nr. 565/80 (VO Nr. 565/80) des Rates vom 4. März 1980 über die Vorauszahlung von Ausfuhrerstattungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse (ABlEG Nr. L 62/5), wonach Anpassungen des Erstattungssatzes auch bei seiner Vorausfestsetzung möglich seien, sowie auf die Präambel der VO Nr. 1182/95, wonach die in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b vorgesehene Sanktion einem "systematischen Missbrauch" vorbeugen solle, von dem im Streitfall nicht gesprochen werden könne.

Ferner trägt die Beschwerde zu der vom HZA mit gesondertem Bescheid (Aktenzeichen des Bundesfinanzhofs --BFH-- VII B 25/06) vorgenommenen 20 %-igen Kürzung des Erstattungsbetrages vor, es handele sich um eine Strafregelung, für welche der Kommission die Gesetzgebungskompetenz fehle und die nicht verschuldensunabhängig bzw. jedenfalls nicht ohne eine Differenzierung zwischen den einzelnen Verschuldensmaßstäben habe geregelt werden dürfen.

Das HZA hält die Beschwerde für unbegründet. Es verweist auf den eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Vorschriften und das Ziel der einschlägigen Regelungen, die im Rahmen der sog. Uruquay-Runde eingegangenen internationalen Verpflichtungen zur Begrenzung der Exportvergünstigungen bei der Ausfuhr landwirtschaftlicher Produkte zu erfüllen, was insbesondere zur Einfügung des Art. 2a in die VO Nr. 3665/87 geführt habe. Diese Zielsetzung würde unterlaufen, wenn der Exporteur statt des im Voraus festgesetzten Anspruchs infolge Zeitablaufs und Bestimmungsänderung der Ware einen höheren Erstattungssatz erlangen könnte. Die VO Nr. 565/80 sei im Streitfall nicht einschlägig, weil die Klägerin eine Vorfinanzierung der Ausfuhrerstattung nicht in Anspruch genommen habe.

II. Die Beschwerde (§ 116 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) ist unbegründet. Die Revision ist nicht zuzulassen, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und erfordert auch keine Entscheidung des BFH zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO).

Wie das FG zutreffend unter Bezeichnung der einschlägigen Rechtsvorschriften dargelegt hat, war für die von der Klägerin getätigte Ausfuhr eine Ausfuhrlizenz vorzulegen und der Erstattungssatz unbeschadet der Angabe eines anderen Bestimmungslandes in dieser Lizenz nach Maßgabe der tatsächlichen Bestimmung der Ausfuhrware und des am Tage der Abgabe des Lizenzantrags hierfür geltenden Satzes festzulegen. Warum diese, wie das FG ebenfalls eingehend und zutreffend ausgeführt hat, den Zielen des Verordnungsgebers entsprechende Regelung (s. dazu auch Satz 2 des 2. Erwägungsgrundes der VO Nr. 1182/95) dahin auslegungsfähig sein soll, dass der am Tage der Ausfuhr geltende Erstattungssatz anzuwenden ist, erschließt sich dem Senat trotz der eingehenden Darlegungen der Beschwerde nicht. Selbst wenn man den diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerde eine den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügende Darlegung von Auslegungsschwierigkeiten und höchstrichterlich klärungsbedürftigen Zweifeln an der wahren Bedeutung der vom FG in diesem Zusammenhang angeführten Vorschriften sollte entnehmen können, wäre die Revision jedenfalls nicht zuzulassen, weil die diesbezüglich von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen nur so beantwortet werden können, wie es das FG getan hat.

Soweit die Beschwerde hingegen dahin zu verstehen sein sollte, dass sich ungeachtet der grundsätzlichen Richtigkeit der insofern vom FG seiner Entscheidung zugrunde gelegten Auslegung für den Streitfall Abweichendes ausnahmsweise aus der VO Nr. 1182/95 ergebe, könnte die Revision --abgesehen davon, dass auch dies für den beschließenden Senat nicht nachvollziehbar ist-- schon deshalb nicht zugelassen werden, weil es sich insofern um ausgelaufenes Recht handelt, das grundsätzlich nicht geeignet ist, einer Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne der Revisionszulassungsvorschriften zu verschaffen.

Es bedarf ebenso wenig einer Zulassung der Revision, um zu klären, ob die Regelung eines 20 %-igen Abschlags auf die Erstattung mit Grundsätzen höherrangigen Rechts vereinbar ist. Denn auch diese Frage lässt sich nur, wie es das FG mit Recht getan hat, bejahen, wozu der Hinweis auf das bereits vom FG angeführte Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 11. Juli 2002 Rs. C-210/00 (EuGHE 2002, I-6453) genügt, aus dem sich insbesondere unschwer folgern lässt, dass diese Reduzierung der Erstattung, anders als die Klägerin meint, keine der Rechtsetzungskompetenz der Kommission entzogene "Strafe" darstellt.

Zu einer eingehenderen Auseinandersetzung mit den von der Beschwerde vorgetragenen Argumenten besteht kein Anlass (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).

Ende der Entscheidung

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