Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.03.2007
Aktenzeichen: VII B 251/06
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erzielte im schriftlichen Teil der Steuerberaterprüfung 2004 und in der mündlichen Prüfung die Prüfungsgesamtnote 4,47, woraus sich das Nichtbestehen der Steuerberaterprüfung ergab. Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage machte sie zum einen geltend, dass sie am Tag der mündlichen Prüfung aus gesundheitlichen Gründen weder physisch noch psychisch in der Lage gewesen sei, an dieser Prüfung teilzunehmen. Zum anderen habe der Prüfer A mit seiner Äußerung, sie habe eine Antwort "fraulich-emotional aus dem Bauch" heraus gegeben, den Grundsatz der Chancengleichheit verletzt und der Vorsitzende des Prüfungsausschusses habe sich durch seine an sie gerichtete Bemerkung am Ende der Prüfung "Sie können eben nicht beraten" als ihr gegenüber befangen erwiesen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab und urteilte, dass die Klägerin unter Berufung auf ihre Erkrankung von der Prüfung hätte zurücktreten können; sie könne sich dagegen nicht im Nachhinein auf ihre gesundheitliche Beeinträchtigung am Tag der Prüfung berufen. Die angebliche Äußerung des Prüfers A könne nicht als ursächlich für eine das Prüfungsergebnis beeinflussende Leistungsminderung der Klägerin angesehen und aus der angeblichen Bemerkung des Vorsitzenden könne kein Grund für eine Besorgnis der Befangenheit hergeleitet werden.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie auf die Zulassungsgründe der Fortbildung des Rechts sowie des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt.

II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe schlüssig dargelegt ist, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert.

1. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) ist in Fällen erforderlich, in denen über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, so beispielsweise, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen; insoweit gelten die zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. höchstrichterlich entwickelten Anforderungen fort (BFH-Beschluss vom 12. Dezember 2001 III B 103/01, BFH/NV 2002, 652). Auch zur Darlegung des Zulassungsgrundes des § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO sind somit substantiierte und konkrete Angaben dazu erforderlich, weshalb eine Entscheidung des Revisionsgerichts zu einer bestimmten Rechtsfrage aus Gründen der Rechtsklarheit oder der Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse liegt (BFH-Beschluss vom 10. Oktober 2002 I B 147/01, BFH/NV 2003, 197).

Auch an solchen Darlegungen fehlt es im Streitfall. Die Beschwerde bezeichnet keine Rechtsfrage, deren Klärung aus Gründen der Rechtsklarheit oder der Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse liegt. Ob der Vorsitzende des Prüfungsausschusses am Ende seines Prüfungsabschnitts gegenüber der Klägerin die Bemerkung "Sie können eben nicht beraten" hätte machen dürfen, ist keine solche Rechtsfrage. Die Vorschriften über das Prüfungsverfahren verbieten es einem Prüfer zweifellos nicht, die Leistung eines Bewerbers zu würdigen und dazu entsprechende Äußerungen abzugeben. Fraglich kann insoweit allenfalls sein, ob dies in einer Weise geschieht, die die Besorgnis der Befangenheit des Prüfers gegenüber dem betreffenden Bewerber begründet oder die herabwürdigend ist und den Bewerber derart verunsichert, dass seine Chancen im Vergleich zu den anderen Bewerbern gemindert sind. Hierbei handelt es sich jedoch um Fragen der Tatsachenwürdigung im Einzelfall, deren Beantwortung dem Tatrichter vorbehalten ist und die revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar sind.

Dementsprechend ergibt sich aus der Beschwerdebegründung, dass sich die Klägerin in Wahrheit gegen die Würdigung des FG wendet, wonach die angebliche Bemerkung des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses keine Befangenheit gegenüber der Klägerin erkennen lasse, da sie allenfalls als vorweggenommenes Resümee aus den vorangegangenen bereits benoteten Prüfungsabschnitten verstanden werden könne. Mit dem Vorbringen der Klägerin, dass die Bemerkung des Vorsitzenden die Annahme rechtfertige, dass er die notwendige Distanz und sachliche Neutralität ihr gegenüber nicht habe aufbringen können, stellt sie der richterlichen Tatsachenwürdigung lediglich ihre eigene Würdigung entgegen. In einem Revisionsverfahren zu klärende Rechtsfragen werden damit indes nicht bezeichnet.

Soweit sich die Klägerin gegen die Ansicht des FG wendet, dass sie mit ihrer Teilnahme an der mündlichen Prüfung trotz vorhandener physischer und psychischer Beeinträchtigungen eine ihr zurechenbare Risikoentscheidung getroffen habe, ist die mit der Beschwerde bezeichnete Frage, ob diese Ansicht auch für den Fall einer lebensbedrohenden Erkrankung gelten könne, die vor allem in psychischer Hinsicht zu einem der Geschäftsunfähigkeit vergleichbaren Ausnahmezustand führe, jedenfalls nicht klärungsfähig, weil das FG entsprechende Feststellungen im Streitfall nicht getroffen hat. Vielmehr ist das FG davon ausgegangen, dass die Klägerin etwa einen Monat vor der Prüfung von ihrer Erkrankung erfahren hatte, dass sie sich im Hinblick auf die bevorstehende Prüfung Gedanken über einen Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen hätte machen und sich mit dem behandelnden Arzt hätte beraten können und dass es auch nicht ersichtlich sei, dass sie krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sei, entsprechende Überlegungen anzustellen.

2. Zur schlüssigen Darlegung des Verfahrensmangels eines vom FG übergangenen Beweisantrags gehört nach ständiger Rechtsprechung (u.a.) auch der Vortrag, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 20. April 1989 IV R 299/83, BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727, und BFH-Beschluss vom 17. November 1997 VIII B 16/97, BFH/NV 1998, 608). Die Klägerin hat insoweit zwar mit ihrer Beschwerde vorgetragen, sich in der mündlichen Verhandlung vor dem FG auf ihre Beweisanträge aus dem Schriftsatz vom ... bezogen zu haben. Allerdings findet sich in jenem Schriftsatz kein Beweisantrag betreffend die umstrittene Äußerung des Prüfers A. Die Klägerin hat am Ende jenes Schriftsatzes den Sachvortrag der Gegenseite "bestritten, soweit er nicht unstreitig ist" und hat angefügt "Beweis: meine Mitprüflinge, die ich namentlich nicht benennen kann". Dies ist kein zulässiger Beweisantrag. Jedenfalls ist aber der Verfahrensmangel nicht schlüssig dargelegt, weil das FG unterstellt hat, dass die fragliche Äußerung des Prüfers wie von der Klägerin dargestellt gefallen ist, und es somit von einer entsprechenden Beweiserhebung absehen konnte. Nach der Auffassung des FG war nämlich nicht erkennbar, dass durch diese Äußerung des Prüfers die Leistungsfähigkeit der Klägerin derart beeinträchtigt worden ist, dass dies als kausal für das Nichtbestehen der Prüfung angesehen werden konnte. Soweit die Klägerin diese Auffassung des FG für unzutreffend und es nicht für ausgeschlossen hält, dass sie ohne diese Äußerung des Prüfers A die Prüfung hätte bestehen können, wendet sie sich gegen die Tatsachenwürdigung durch das FG, legt aber keinen Verfahrensmangel dar.



Ende der Entscheidung

Zurück