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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 21.01.2004
Aktenzeichen: VII B 252/03
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 71 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist amerikanischer Staatsangehöriger und war bis zum 7. August 1984 Mitglied der in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) stationierten US-Streitkräfte. Am 7. August 1984 meldete er sich mit Hauptwohnsitz in X an. Am 31. August 1984 beantragte er bei der Kreisverwaltung Y die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, wobei er als Einreisedatum den 7. August 1984 und als Aufenthaltszweck eine "Arbeitsaufnahme evtl. im November 1984" angab. Über den Antrag wurde in der Folgezeit nicht mehr entschieden, weil die Kreisverwaltung Y auf Grund der Vorlage einer Berechtigungskarte (ID-Card) davon ausging, dass der Kläger nicht mehr den ausländerrechtlichen Bestimmungen unterlag.

Im Juni 1985 trat der Kläger eine Stelle beim Central Texas College in Z an. Ab dem 22. Juni 1990 war er beim Big Bend Community College (BBCC) in Y beschäftigt. Hierbei handelt es sich um eine Organisation nichtwirtschaftlichen Charakters i.S. des Art. 71 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut vom 3. August 1959 --Zusatzabkommen-- (BGBl II 1961, 1218).

Mit Bescheid vom ... Dezember 1992 setzte das Hauptzollamt A, dessen Zuständigkeit zwischenzeitlich auf den Beklagten und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) übergegangen ist, gegen den Kläger Einfuhrumsatzsteuer fest, weil er unter anderem im November 1991 11 Gewehre aus der Schweiz vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht habe.

Nach insoweit erfolglosem Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 15. Juli 1998) wies das Finanzgericht (FG) die vom Kläger erhobene Klage ab. Zur Begründung führte das FG im Wesentlichen aus, die Gewehre seien bei ihrer Einfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft zwar gestellt und zur nicht vorübergehenden Zollgutverwendung abgefertigt worden. Da die Bedingungen für die Überführung der Gewehre in dieses Zollverfahren jedoch nicht vorgelegen hätten, sei die Zollschuld nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung (EWG) Nr. 2144/87 des Rates vom 13. Juli 1987 über die Zollschuld (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 201/15) entstanden. Denn der Kläger sei im November 1991 weder Angehöriger der US-Streitkräfte noch Mitglied eines zivilen Gefolges gewesen. Er sei bereits im August 1984 aus der Armee ausgeschieden. Nach der Beendigung seiner Tätigkeit bei den Streitkräften sei er gemäß Art. I Abs. 1 Buchst. b des Abkommens zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen vom 19. Juni 1951 --NatoTrStat-- (BGBl II 1961, 1190) nicht Mitglied eines zivilen Gefolges gewesen, weil er seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik begründet habe. Wegen Art. X Abs. 1 Satz 1 NatoTrStat komme es darauf an, ob der Kläger seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik ausschließlich infolge eines Dienstverhältnisses bei einer Einrichtung der Streitkräfte begründet habe. Dies sei bereits im Hinblick auf den zeitlichen Ablauf nach seinem Ausscheiden aus der Armee zum 7. August 1984 nicht der Fall gewesen. Er sei erst ab Juni 1985 als ziviler Angestellter beim Central Texas College tätig gewesen. In der Folgezeit habe der Kläger sich nicht allein auf Grund seiner Tätigkeit beim BBCC in der Bundesrepublik aufgehalten. Dort habe er in dem Zeitraum von 1990 bis 1992 nur Zeitverträge auf Stundenbasis über einige Monate erhalten, die mehrfach verlängert worden seien. Es sei deshalb auch zu Unterbrechungen des Beschäftigungsverhältnisses gekommen. Der Kläger sei 1990 12,15 Wochen, 1991 31 Wochen und 1992 18 Wochen beim BBCC beschäftigt gewesen und habe für seine Tätigkeit ein Gehalt bezogen, das jedenfalls in den Jahren 1990 und 1992 nicht ausgereicht habe, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Er habe eingeräumt, militärische Fahrzeuge und sonstige Gegenstände an Dritte abgegeben zu haben. Dies lasse den Schluss zu, dass er seinen Lebensunterhalt jedenfalls auch mit dem Handel mit diesen Gegenständen bestritten habe. Er habe zudem angegeben, seine Lebensinteressen lägen in der Bundesrepublik, wo er seine Arbeit, seine Freundin und seine Wohnung habe. Unerheblich sei hiernach, dass der Kläger im Besitz einer ID-Card gewesen sei.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers. Er trägt vor, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, weil die Rechtsfrage nach seiner Stellung als Mitglied des zivilen Gefolges i.S. des NatoTrStat und des Zusatzabkommens noch nicht höchstrichterlich entschieden sei. Das FG habe das Verwaltungsabkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Rechtsstellung des "Big Bend Community College" in der Bundesrepublik Deutschland vom 9. Juni 1972 --Verwaltungsabkommen-- (BGBl II 1972, 701) nicht berücksichtigt. Hiernach sei er als Angestellter des BBCC wie ein Mitglied des zivilen Gefolges zu behandeln. Die Vorentscheidung weiche überdies von den Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. November 1969 III R 95/68 (BFHE 97, 425, BStBl II 1970, 153) und vom 19. Mai 1971 I R 55/69 (BFHE 102, 499, BStBl II 1971, 659) ab. Danach habe das FG feststellen müssen, ob er sich in dem Zeitraum von Dezember 1991 bis Dezember 1992 allein wegen seiner Tätigkeit für das BBCC in der Bundesrepublik aufgehalten habe. Soweit das FG seine Angaben gegenüber einem Beamten des Zollfahndungsamts verwertet habe, sei die Ermittlungsakte nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil in der Beschwerdeschrift ein Grund, der zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) führen könnte, nicht schlüssig dargelegt ist, wie dies § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert.

1. Für die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) muss der Beschwerdeführer eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen; erforderlich ist ferner ein substantiierter Vortrag, warum im Einzelnen die Klärung der Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Fortentwicklung des Rechts im allgemeinen Interesse liegt, also ein Vortrag zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit (vgl. Senatsbeschluss vom 2. April 2002 VII B 66/01, BFH/NV 2002, 1308; BFH-Beschluss vom 27. Mai 2002 VIII B 150/01, BFH/NV 2002, 1463).

Diesen Anforderungen wird das Vorbringen des Klägers nicht gerecht. Der Kläger formuliert in seiner Beschwerdebegründung keine abstrakte Rechtsfrage. Soweit er geltend macht, seine Stellung als Mitglied des zivilen Gefolges i.S. des NatoTrStat und des Zusatzabkommens sei höchstrichterlich noch nicht entschieden, handelt es sich nicht um eine abstrakte Rechtsfrage, sondern um eine lediglich für die Entscheidung des konkreten Streitfalls vermeintlich erhebliche Frage. Auch mit seinem Hinweis auf das Verwaltungsabkommen wendet sich der Kläger nur gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung. Dies kann indessen nicht zur Zulassung der Revision führen, weil hiermit kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO dargetan wird (vgl. BFH-Beschlüsse vom 6. Oktober 2000 III B 16/00, BFH/NV 2001, 202; vom 4. Juli 2002 IX B 169/01, BFH/NV 2002, 1476). Im Übrigen ergibt sich aus Nr. 3 des vom Kläger zitierten Verwaltungsabkommens i.V.m. Art. 71 Abs. 6 Buchst. d und Abs. 5 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut klar, dass der Kläger, der nach den Feststellungen des FG seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet begründet hatte, nicht wie ein Mitglied des zivilen Gefolges zu behandeln ist.

2. Der Kläger hat auch den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) nicht schlüssig dargelegt.

Um eine Divergenz schlüssig darzulegen, muss der Beschwerdeführer einen tragenden und abstrakten Rechtssatz aus der Vorentscheidung einerseits sowie aus der behaupteten Divergenzentscheidung andererseits herausarbeiten und einander derart gegenüberstellen, dass eine Abweichung erkennbar wird (vgl. BFH-Beschlüsse vom 4. Dezember 2000 V B 15/00, BFH/NV 2001, 819, 820; vom 25. April 2002 II B 24/01, BFH/NV 2002, 1311, 1312; vom 7. Oktober 2003 X B 52/03, BFH/NV 2004, 80).

Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Kläger stellt keinen tragenden und abstrakten Rechtssatz aus der Vorentscheidung dar, der von einem Rechtssatz aus den von ihm genannten Urteilen des BFH abweicht. Er rügt vielmehr, das FG habe die Reichweite des BFH-Urteils in BFHE 102, 499, BStBl II 1971, 659 verkannt. Ferner werde die Vorentscheidung diesem BFH-Urteil nicht gerecht. Mit dem Vorbringen, das FG habe die vom BFH entwickelten Rechtsgrundsätze unzutreffend auf den im Streitfall zu beurteilenden Sachverhalt angewendet, wird jedoch keine Divergenz i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 31. August 1995 VIII B 21/93, BFHE 178, 379, 381, BStBl II 1995, 890, 891; vom 26. April 2000 III B 47/99, BFH/NV 2000, 1451).

3. Soweit der Kläger rügt, das FG habe seine Angaben gegenüber dem Zollfahndungsamt verwertet, obwohl die Ermittlungsakte nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sei, hat er einen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) nicht schlüssig dargelegt. Das FG hat in seinem Urteil hinsichtlich der von ihm verwerteten Angaben des Klägers gegenüber einem ermittelnden Beamten auf einen entsprechenden Vermerk in der Ermittlungsakte des HZA Bezug genommen. Da sich dieser Vermerk in den vom HZA nach § 71 Abs. 2 FGO vorgelegten Akten befand, musste er nicht mehr gesondert zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht oder gar verlesen werden, um ordnungsgemäß in das Verfahren eingeführt zu werden (vgl. BFH-Urteil vom 15. Juli 1987 X R 19/80, BFHE 150, 459, 469, BStBl II 1987, 746, 751; Senatsbeschluss vom 1. Oktober 2002 VII B 91/02, BFH/NV 2003, 192, 194).

Ende der Entscheidung

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