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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.12.2005
Aktenzeichen: VII B 254/05
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 76
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erzielte im schriftlichen Teil der Steuerberaterprüfung 2003 für die Aufsichtsarbeiten "Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete" die Note 4,5, "Steuern vom Einkommen und Ertrag" die Note 5 und "Buchführung und Bilanzwesen" die Note 5, woraus sich die Gesamtnote 4,83 und damit das Nichtbestehen der Steuerberaterprüfung ergab.

Die hiergegen erhobene Klage, mit der der Kläger sich im Wesentlichen gegen den Bewertungsmaßstab der Prüfer wandte und geltend machte, dass die Prüfungsanforderungen überspannt gewesen seien, wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FG urteilte, dass im Rahmen der dem Gericht möglichen Prüfung, ob der Prüfungsausschuss allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet habe oder sich von sachfremden Erwägungen habe leiten lassen, die Überspannung der Prüfungsanforderungen zwar eine Rolle spielen könne, dass aber im Streitfall eine solche Außerachtlassung allgemein gültiger Bewertungsmaßstäbe durch den Prüfungsausschuss bzw. seine Orientierung an sachfremden Erwägungen nicht vorliege. Es habe sich weder feststellen lassen, dass bei der Bewertung der Aufsichtsarbeiten der Gleichbehandlungsgrundsatz missachtet oder gegen das Willkürverbot verstoßen worden sei noch dass die Bewertung nicht mit den Zielen der Steuerberaterprüfung übereinstimme.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt. Das FG habe nur unzureichend geklärt, ob die Prüfungsanforderungen bei den Aufsichtsarbeiten überspannt gewesen seien und habe insbesondere die insoweit gestellten Beweisanträge abgelehnt.

II. Die Beschwerde ist nicht begründet, weil die geltend gemachten Verfahrensmängel z.T. nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert, jedenfalls aber nicht vorliegen.

1. Soweit der Kläger auf die hohe Durchfallquote bei der Prüfung verweist, ergibt sich aus seinem Beschwerdevorbringen kein Verfahrensmangel. Das FG hat den Sachverhalt insoweit nicht etwa ungeklärt gelassen, sondern ist von einer --auch nach seiner Ansicht-- sehr hohen Quote von 58 % nicht erfolgreicher Bewerber ausgegangen. Wenn die Beschwerde meint, das FG wäre verpflichtet gewesen, "im Rahmen der Amtsermittlung nach weiteren Anhaltspunkten für die Verletzung allgemein gültiger Bewertungsmaßstäbe zu forschen", legt sie keinen Verfahrensfehler dar.

Soll die Verletzung der dem FG von Amts wegen obliegenden Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) gerügt werden, erfordert eine schlüssige Verfahrensrüge Angaben, welche Tatsachen das FG mit welchen Beweismitteln noch hätte aufklären sollen und weshalb sich dem FG eine Aufklärung unter Berücksichtigung seines --insoweit maßgeblichen-- Rechtsstandpunktes hätte aufdrängen müssen, obwohl der Kläger selbst keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat; schließlich, welches genaue Ergebnis die Beweiserhebung hätte erwarten lassen und inwiefern dieses zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können (vgl. Senatsurteil vom 5. Oktober 1999 VII R 152/97, BFHE 191, 140, BStBl II 2000, 93). Im Streitfall fehlt es bereits an der Bezeichnung konkreter Tatsachen, deren Klärung das FG unterlassen hat.

2. Eine beantragte Beweiserhebung kann das FG ablehnen, wenn es auf das Beweismittel für die Entscheidung nicht ankommt, das Gericht die Richtigkeit der durch das Beweismittel zu beweisenden Tatsachen zugunsten der betreffenden Partei unterstellt, das Beweismittel nicht erreichbar ist oder völlig ungeeignet ist, den Beweis zu erbringen (Senatsbeschluss vom 27. Juni 2002 VII B 268/01, BFH/NV 2002, 1595, m.w.N.). Danach hat das FG im Streitfall unter Zugrundelegung seiner --insoweit maßgebenden-- Rechtsauffassung, dass die Prüfungsentscheidung nicht wegen des Umfangs der Aufgabenstellung als rechtswidrig angesehen werden könne, sondern der Umfang und Schwierigkeitsgrad der Aufgabenstellung bei der individuellen Leistungsbemessung des Prüflings durch die Prüfer zu berücksichtigen sei, die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob die Aufsichtsarbeiten in der vorgegebenen Zeit im vollen Umfang hätten bewältigt werden können, ohne einen Verstoß gegen Verfahrensvorschriften abgelehnt.

3. Hinsichtlich der Frage der Notenverteilung hat das FG die Ansicht vertreten, dass das behauptete Fehlen durchschnittlicher, guter und sehr guter Noten bei der schriftlichen Prüfung die Außerachtlassung allgemein gültiger Bewertungsmaßstäbe nicht begründen könne, weil es keine Pflicht der Prüfer gebe, die vorgegebene Notenskala gleichmäßig auszuschöpfen. Auch insoweit wird daher allein mit dem Beschwerdevorbringen, dass das FG "aus der Amtsermittlungspflicht des § 76 FGO heraus" die Notenverteilung hätte erforschen müssen, nicht dargelegt, weshalb sich dem FG eine weitere Sachaufklärung unter Berücksichtigung seines Rechtsstandpunktes hätte aufdrängen müssen.

4. Auch auf die Bewertung der Aufsichtsarbeiten in anderen Bundesländern kam es nach Ansicht des FG hinsichtlich der Beurteilung der Prüfungsleistungen des Klägers nicht an, da das FG insoweit die Meinung vertrat, dass es das höchstpersönliche Werturteil des betreffenden Prüfers bzw. Prüfungsausschusses sei, den Schwierigkeitsgrad einer Aufgabe einzuschätzen und seinen Beurteilungsmaßstab unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes für alle von ihm zu beurteilenden Kandidaten daran auszurichten. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung stellt es sich nicht als verfahrensfehlerhaft dar, dass das FG den Beweisanträgen des Klägers zu der Frage, in welchem Umfang und aus welchen Gründen die Aufsichtsarbeiten in anderen Bundesländern aufgewertet worden seien, nicht entsprach.

5. In gleicher Weise hat das FG zu den vom Kläger angeführten Meinungsäußerungen der sog. "Berliner Persönlichkeiten des Steuerrechts" die zutreffende Ansicht vertreten, dass diese vom Kläger benannten Zeugen für die Beurteilung, ob im konkreten Fall der Bewertung der Klausuren des Klägers allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe außer Acht gelassen worden seien, nichts beitragen könnten und ihre Stellungnahmen für die Entscheidung des Streitfalls unerheblich seien. Die unterlassene Vernehmung dieser Zeugen ist kein Verfahrensmangel.

6. Der Kläger ist offenbar der Ansicht, dass der Schwierigkeitsgrad einer Prüfungsaufgabe vom Gericht --ggf. durch Einholung von Sachverständigengutachten oder aufgrund von Indizien-- voll überprüft werden könne und dass das Gericht, falls es feststelle, dass besonders hohe Prüfungsanforderungen im Rahmen der Bewertung der Prüfungsleistung durch die Prüfer keine Berücksichtigung gefunden hätten, zwingend annehmen müsse, dass die Prüfer allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verletzt hätten. Damit legt der Kläger aber keinen Verfahrensmangel dar, sondern wendet sich gegen die Rechtauffassung des FG, das bei der Beurteilung des Streitfalls von anderen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen ist. Im Übrigen misst der Kläger mit dieser Betrachtungsweise dem Merkmal der Überspannung der Prüfungsanforderungen einen eigenständigen Wert bei und hält dieses Merkmal einer isolierten gerichtlichen Überprüfung zugänglich, was aber der Rechtsauffassung des beschließenden Senats widerspricht (vgl. Senatsurteil vom 30. Januar 1979 VII R 13/78, BFHE 127, 290, BStBl II 1979, 417). Auch die Einordnung des Schwierigkeitsgrades der Aufgabenstellung fällt in den der gerichtlichen Überprüfung entzogenen Bewertungsspielraum des Prüfers (Senatsurteil in BFHE 191, 140, BStBl II 2000, 93). Erst wenn sich im Rahmen der Überprüfung der bei der Prüfungsbewertung angelegten Bewertungsmaßstäbe feststellen lässt, dass die Prüfungsanforderungen nicht an dem Ziel und Zweck der Prüfung (§ 37 Abs. 1 i.V.m. § 33 des Steuerberatungsgesetzes) orientiert waren, insbesondere die Absicht verfolgten, den Zugang zum Beruf des Steuerberaters zahlenmäßig zu beschränken, liegen sachfremde Erwägungen und eine Verletzung der Bewertungsmaßstäbe vor. Dass im Streitfall Anhaltspunkte für derartige in den Prüfungsanforderungen versteckte Zugangsbeschränkungen erkennbar sind, hat das FG aber ausdrücklich verneint.

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