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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 13.07.1999
Aktenzeichen: VII B 259/98
Rechtsgebiete: FGO
Vorschriften:
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 | |
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3 |
Gründe
Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) überführte aufgrund vereinfachter Zollanmeldung vom ... April 1994 totgebranntes Magnesit der Unterposition 2519 90 30 der Kombinierten Nomenklatur mit chinesischem Ursprung in den zollrechtlich freien Verkehr der Gemeinschaft. In der Sammelzollanmeldung vom ... Mai 1994 legte die Klägerin eine Warenrechnung ihres inländischen Lieferanten P vor, nach der ihr die Ware zum Preis von ... DM/t cif Rotterdam verkauft worden war. Da der Mindestpreis von 120 ECU/t überschritten war, wurde bei der Klägerin kein Antidumpingzoll erhoben. Aufgrund einer bei P durchgeführten Außenprüfung stellte der Beklagte und Beschwerdeführer (das Hauptzollamt --HZA--) eine Unterschreitung des Mindestpreises fest. Mit Bescheid vom ... 1997 forderte das HZA Antidumpingzoll in Höhe von ... DM von der Klägerin nach, weil für das von der Klägerin eingeführte totgebrannte Magnesit mit chinesischem Ursprung als "Nettopreis frei Grenze der Gemeinschaft" nicht der ihr vom Vorlieferanten P berechnete Verkaufspreis von ... DM/t cif Rotterdam zugrunde zu legen sei, sondern der Preis, der dem ersten in der Gemenschaft ansässigen Käufer, nämlich P, in Rechnung gestellt worden sei. Dieser Preis sei niedriger als der Mindestpreis und löse daher den Antidumpingzoll aus.
Die gegen den Bescheid von der Klägerin erhobene Sprungklage war erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) war der Auffassung, daß der Zollwert der Waren, der von der Klägerin als Transaktionswert angemeldete Kaufpreis, der maßgebliche "Nettopreis frei Grenze der Gemeinschaft" sei und nicht der von ihrem Lieferanten an den chinesischen Ausführer bezahlte Preis. Bei Zugrundelegung dieser Auffassung sei gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3386/93 des Rates vom 6. Dezember 1993 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhr von totgebranntem Magnesit mit Ursprung in der Volksrepublik China (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 306/16) kein Antidumpingzoll zu erheben.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des HZA, mit der die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht wird. Nach der Auffassung des HZA ist der Begriff "Nettopreis frei Grenze der Gemeinschaft" klärungsbedürftig, da unterschiedliche Rechtsauffassungen von den Finanzgerichten vertreten würden. Die Klärung der Auslegung des Begriffs sei von grundsätzlicher Bedeutung, weil der Begriff nicht nur bei dem Streitfall, sondern bei der überwiegenden Anzahl der Antidumpingregelungen vorkomme.
Die Beschwerde ist unzulässig, weil in ihr die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) nicht in einer den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Weise dargelegt worden ist.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache muß in der Beschwerdeschrift dargelegt werden. Insoweit ist die schlüssige und substantiierte Darlegung der Voraussetzungen für das Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung erforderlich. Dazu muß die Beschwerde konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen. Insbesondere sind Ausführungen erforderlich, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. Oktober 1996 VIII B 2/96, BFH/NV 1997, 411, m.w.N.). Hat sich die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits mit dem Problemkreis befaßt, in dessen Zusammenhang die von dem Beschwerdeführer für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Rechtsfrage steht, reicht es nicht aus, darauf hinzuweisen, daß von den Finanzgerichten unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten werden. Die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit im Interesse der Allgemeinheit erfordert vielmehr, daß sich das HZA mit der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinandersetzt (vgl. BFH-Beschluß vom 10. August 1994 II B 54/94, BFH/NV 1995, 140) und darlegt, wieso diese Rechtsprechung nicht zu einer Klärung der Rechtsfrage geführt hat (BFH-Beschluß vom 23. Januar 1996 VIII B 57/95, BFH/NV 1996, 492).
Der Vortrag des HZA, die Auslegung des Begriffs "Nettopreis frei Grenze der Gemeinschaft" sei von grundsätzlicher Bedeutung, weil es sich nicht um einen Einzelfall, sondern um einen bei der überwiegenden Anzahl der Antidumpingregelungen zu berücksichtigenden Begriff handele, genügt zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nicht. Die Beschwerdeschrift enthält insbesondere keine Auseinandersetzung mit der in der Entscheidung angeführten umfangreichen Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zur Auslegung des o.g. Begriffs, auf die sich das FG wesentlich gestützt hat und die es letztlich auch veranlaßt hat, von der Zulassung der Revision abzusehen.
Bereits im Jahr 1990 hat der EuGH (vgl. Urteil vom 27. März 1990 Rs. C-189/88 --Cartarobica SpA--, EuGHE 1990, I-1269) entschieden, daß der "Nettopreis frei Grenze der Gemeinschaft" dem bei der fraglichen Einfuhr tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis entspricht, einschließlich der bis zur Verbringung der Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft angefallenen Kosten und unter Ausschluß der auf diesem Gebiet fällig werdenden Zölle und Abgaben. Da der EuGH überdies zu mehreren Antidumpingverordnungen entschieden hat, daß der "Nettopreis frei Grenze der Gemeinschaft" anhand der festgelegten Kriterien für die Berechnung des Zollwertes (vgl. EuGH-Urteile vom 7. Mai 1991 Rs. C-69/89 --Nakajima/Rat--, EuGHE 1991, I-2069, 2196, und vom 29. Mai 1997 Rs. C-93/96 --ICT--, EuGHE 1997, I-2881) festzusetzen ist, hätte sich die Beschwerde mit dieser Rechtsprechung des EuGH auseinandersetzen und aufzeigen müssen, welche ungeklärten und rechtsgrundsätzlich bedeutsamen Fragen die Streitsache aufwirft und warum der Begriff "Nettopreis frei Grenze der Gemeinschaft" im Streitfall anders als in den vom EuGH entschiedenen Fällen auszulegen ist. Zu diesen Darlegungen hätte um so mehr Anlaß bestanden, als sich das FG ausdrücklich auf die umfangreiche Rechtsprechung des EuGH und dessen Auslegung des streitgegenständlichen Begriffs gestützt hat.
Ende der Entscheidung
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