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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 17.03.2000
Aktenzeichen: VII B 271/99
Rechtsgebiete: BGB, AnfG, FGO, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1093
AnfG § 3 Abs. 1 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 96 Abs. 2
FGO § 71 Abs. 2
FGO § 78 Abs. 1 Satz 1
FGO § 155
FGO § 76 Abs. 1 Satz 1
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
ZPO § 295
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Finanzgericht (FG) erkannt, dass der gegen die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) erlassene Bescheid vom 13. Juni 1996 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 15. August 1996 auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das ihr von ihren Eltern mit notariellem Vertrag zu je einem halben Anteil übertragene Anwesen Gemarkung..., Gebäude und Freifläche ... nebst Zubehör (Hausrat), rechtmäßig ist. Die Übertragung erfolgte gegen Übernahme der auf dem Hausgrundstück zugunsten der Sparkasse lastenden Grundschulden, die laut Zweckerklärung der Sparkasse mit noch insgesamt 680 000 DM valutiert waren, und im Übrigen unentgeltlich unter Anrechnung auf den jeweiligen Erbteil der Klägerin im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, wobei sich die Eltern ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht im Haus gemäß § 1093 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) vorbehielten.

Das FG hielt alle Voraussetzungen für eine Anfechtung der Grundstücksübertragung nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 des Anfechtungsgesetzes vom 20. Mai 1898 (AnfG) für erfüllt. Die Eltern der Klägerin schuldeten dem Land ... ausweislich des Duldungsbescheids Steuern und steuerliche Nebenleistungen in Höhe von insgesamt ... DM. Die Rückstände seien fällig und vollstreckbar; vorgängige Vollstreckungsversuche in das Schuldnervermögen seien ergebnislos geblieben. Auch habe die Klägerin die Unzulänglichkeit des Schuldnervermögens nicht bestritten. Infolge der Übertragung des Hausgrundstücks durch die Eltern auf ihre Tochter, die Klägerin, sei das FA als Steuergläubiger benachteiligt worden, weil die Klägerin bei einem Verkehrswert des Grundstücks von mindestens 800 000 DM und des Hausrats von ca. 50 000 DM und übernommenen Grundschulden in Höhe von 680 000 DM im Ergebnis eine Zuwendung in Höhe eines Betrags von 170 000 DM erhalten habe, um den die Zugriffsmasse des FA beeinträchtigt worden sei. Dabei legte das FG der Berechnung des Verkehrswerts des Hausgrundstücks das im vorgängigen Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten des hauseigenen Bausachverständigen des FA zugrunde. Selbst wenn man jedoch die von der Klägerin angeführte Wertermittlungs- und Beleihungsfestsetzung der Sparkasse heranziehe und dementsprechend von einem Bauwert von 605 740 DM ausgehe, müsse ein unter Zugrundelegung des Bodenrichtwerts nach dem Richtwertverzeichnis (ruhige Lage am Ortsrand) korrigierter Bodenwert von zumindest 200 000 DM angesetzt werden, d.h. es wäre ebenfalls von einem Verkehrswert des Hausgrundstücks von zumindest 800 000 DM auszugehen. Die Klägerin habe auch nicht bewiesen, dass ihr im Zeitpunkt der Grundstücksübertragung die Benachteiligungsabsicht ihrer Eltern nicht bekannt gewesen sei. Infolge der im Grundbuch eingetragenen Zwangssicherungshypothek zugunsten des FA und aufgrund der gesamten Umstände der Übertragung, derzufolge sich ihre Eltern pfandlos gemacht hätten, müsse ihr vielmehr bekannt gewesen sein, dass ihre Eltern Steuerschulden hätten und das FA durch diese Vertragsgestaltung benachteiligen wollten. Schließlich sei auch die Anfechtungsfrist des § 3 Abs. 1 Nr. 2 AnfG gewahrt.

Gegen dieses Urteil des FG richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, die im Wesentlichen auf den Verfahrensfehler der Verletzung rechtlichen Gehörs gestützt wird. Die Klägerin trägt hierzu vor, das FA habe ihr das Gutachten, welches es dem Duldungsbescheid zugrunde lege, zu keinem Zeitpunkt überlassen. In der Klageerwiderung werde auch nicht darauf Bezug genommen und der Sachverständige lediglich als Zeuge benannt. Ausführungen über die Art der Wertermittlung seien vom FA nicht gemacht worden, so dass sie auch die vom FG geforderten substantiierten Einwendungen nicht habe machen können. Da das FG seinem Urteil das ihr nie übermittelte Gutachten des hauseigenen Sachverständigen des FA zugrunde lege, liege ein Verfahrensmangel vor, der so gravierend sei, dass er eine Verletzung des rechtlichen Gehörs bedeute. Das FG hätte, wie von ihr beantragt, ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Schließlich sei die Rechtssache auch von grundsätzlicher Bedeutung, da die Bewertungsprinzipien für eine Vielzahl von Fällen relevant und noch nicht entschieden seien.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Soweit die Klägerin rügt, das FA habe ihr das dem Duldungsbescheid zugrunde gelegte Gutachten des hauseigenen Sachverständigen nicht zugänglich gemacht und damit ihr Recht auf Gehör verletzt, kann sie im vorliegenden Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht gehört werden. Denn als mögliche Verfahrensfehler, bei deren Vorliegen die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) begehrt werden kann, kommen nur solche Verfahrensfehler in Betracht, die dem FG im gerichtlichen Verfahren unterlaufen sind, nicht aber auch solche, die möglicherweise das FA im Verwaltungsverfahren begangen hat (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. Mai 1996 X B 129/95, BFH/NV 1996, 835, m.w.N.).

2. Soweit die Klägerin ausführt, diese Gehörsverletzung sei auch dem FG unterlaufen, weil auch dieses sein Urteil auf das betreffende Gutachten gestützt habe, kann dahinstehen, ob die Klägerin die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO) durch das FG schlüssig erhoben hat, denn diese Rüge ist jedenfalls unbegründet.

Nach Lage der Akten kann der Senat nicht nachvollziehen, weshalb es der Klägerin nicht möglich gewesen sein soll, sich bei Gericht das vermisste rechtliche Gehör zu verschaffen. Die fachkundig vertretene Klägerin musste schon aufgrund der vom FA gegebenen Begründung des Duldungsbescheids wissen, dass sich das FA entscheidungserheblich auf die von seinem hauseigenen Sachverständigen durchgeführte Wertermittlung stützte und dass diese Wertermittlung Bestandteil der Vollstreckungsakten, die dem FG vorzulegen waren (§ 71 Abs. 2 FGO), geworden ist. Auch aus der Klageerwiderung des FA ergibt sich eindeutig, dass sich das Gutachten des Bausachverständigen, auf welches das FA mittelbar über die beantragte Einvernahme des Bausachverständigen als Zeugen Bezug genommen hat, im "Hefter für den Duldungsbescheid." befand und mithin als Teil der Vollstreckungsakten dem FG vorlag. Schon daher musste die Klägerin damit rechnen, dass sich das FG mit dem Inhalt des Gutachtens in seinem Urteil befassen würde und es infolge dessen geboten war, wollte sie prozessuale Nachteile vermeiden, substantiierte Einwendungen gegen diese Wertermittlung beim FG vorzubringen. Ist es zutreffend, wie die Klägerin vorbringt, dass das FA ihr das Gutachten im Verwaltungsverfahren nicht zur Kenntnis übermittelt hat, so hätte es der fachkundig vertretenen Klägerin im Rahmen ihrer prozessualen Mitwirkungspflicht oblegen, beim FG Akteneinsicht zu beantragen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 FGO) und sich auf diesem Weg Gewissheit über den genauen Inhalt des Wertgutachtens zu verschaffen und sich dadurch in die Lage zu versetzen, substantiierte Einwendungen hiergegen vorzubringen. Da die Klägerin dies unterlassen hat, ist davon auszugehen, dass sie durch ihr Verhalten insoweit auf ihr Recht auf Gehör verzichtet hat (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozeßordnung). Insbesondere durfte sich die Klägerin auch nicht darauf verlassen, das FG werde seinem Urteil ohne weiteres das von ihr beigebrachte und sich ebenfalls bei den Vollstreckungsakten befindliche Wertermittlungsgutachten der Sparkasse zugrunde legen.

3. Die Rüge der Klägerin, das FG habe gegen seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verstoßen, weil es ihrem Beweisangebot auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht nachgekommen sei, ist nicht schlüssig vorgetragen. Zur "Bezeichnung" des Verfahrensmangels eines übergangenen Beweisantrags i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört nämlich auch der Vortrag, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der nächsten mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 20. April 1989 IV R 299/83, BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727; BFH-Beschlüsse vom 12. Dezember 1994 X B 222/94, BFH/NV 1995, 787, und vom 17. November 1997 VIII B 16/97, BFH/NV 1998, 608). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz --wie auch das Recht auf Gehör-- eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter --ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge-- verzichten kann, hat die unterlassene rechtzeitige Rüge den endgültigen Rügeverlust, so z.B. auch zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde, zur Folge.

4. Auch der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), den die Klägerin schließlich noch geltend macht, ist nicht ordnungsgemäß dargelegt i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Klägerin hat nicht einmal, wie erforderlich, eine konkrete Rechtsfrage formuliert, die angeblich von grundsätzlicher Bedeutung sein soll.

Ende der Entscheidung

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