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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 13.07.2006
Aktenzeichen: VII B 274/05
Rechtsgebiete: AnfG 1999, FGO


Vorschriften:

AnfG 1999 § 3 Abs. 1
AnfG 1999 § 3 Abs. 1 Nr. 1 a.F.
AnfG 1999 § 3 Abs. 1 Satz 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Wegen erheblicher Abgabenrückstände des Steuerpflichtigen D aus den Jahren 1989 bis 1998 richtete der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) am 12. Oktober 1998 eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung an die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin), ein Kreditinstitut, bei der zu diesem Zeitpunkt nur die von D getrennt lebende Ehefrau Kundin war. In der Drittschuldnererklärung gab die Klägerin dementsprechend an, dass sie mit D nicht in Geschäftsbeziehungen stehe und D nicht Kontoinhaber des angegebenen Kontos sei.

Zur Absicherung eines seiner Ehefrau eingeräumten Kontokorrentkredits hatte D zuvor gegenüber der Klägerin eine Bürgschaft über 30 000 DM übernommen. Der Kredit belief sich am 31. Oktober 1998 auf 45 226 DM. Am 3. November 1998 trat D der Klägerin zur Sicherung aller Forderungen gegen seine Ehefrau seine Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag zunächst in Höhe von 30 000 DM, nach Erhöhung des Kreditrahmens auf 50 000 DM mit weiteren Verträgen vom 3. und 20. Mai 1999 in Höhe von 50 000 DM und schließlich nach Aufnahme eines Umschuldungskredits mit Vertrag vom 17. August 1999 in Höhe von 65 000 DM ab.

Das FA focht die Abtretung von Rechten aus der Lebensversicherung des D mit Duldungsbescheiden vom 3. Mai und 20. September 2001 gemäß § 3 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes 1999 (AnfG 1999) gegenüber der Klägerin an. Die Einsprüche dagegen blieben erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Abgesehen davon, dass es für keinen Fall der Abtretungen von einem so genannten inkongruenten Deckungsgeschäft ausging, weil die Klägerin als Gegenleistung einen entsprechenden Kredit gewährt habe, sah das FG keine Anhaltspunkte für eine Kenntnis der Klägerin über die Steuerschulden und eine eventuelle Gläubigerbenachteiligungsabsicht des D.

Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht das FA das Erfordernis der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend. Es ist der Auffassung, das FG habe die Kenntnis der Klägerin vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des D i.S. von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG a.F. bzw. § 3 Abs. 1 Satz 1 AnfG 1999 deshalb verneint, weil nicht die mit der angefochtenen Rechtshandlung beschäftigte Kreditabteilung, sondern nur die Rechtsabteilung der Klägerin anlässlich der Bearbeitung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung positive Kenntnis von dem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des D.R. erlangt habe. Da es diese Kenntnis der Rechtsabteilung der Klägerin nicht zugerechnet habe, weiche das FG von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) im Urteil vom 1. März 1984 IX ZR 34/83 (Neue Juristische Wochenschrift 1984, 1953) ab.

II. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet. Der vom FA gerügte Widerspruch der Entscheidung des FG zum zitierten Urteil des BGH liegt nicht vor. Denn --abgesehen davon, ob das FA insoweit seiner Darlegungspflicht genügt hat-- war die vom FA formulierte Rechtsfrage, ob im Rahmen einer Anfechtung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG a.F. bzw. § 3 Abs. 1 Satz 1 AnfG 1999 einer Bankfiliale die Kenntnisse ihrer Rechtsabteilung zuzurechnen sind, wenn die angefochtene Handlung gegenüber ihrer Kreditabteilung vorgenommen wurde, für die Entscheidung des FG nicht erheblich.

Entgegen der Annahme des FA beruht die Entscheidung des FG nicht darauf, dass es eine Kenntnis der Rechtsabteilung der Klägerin von den Steuerschulden und damit der Gläubigerbenachteiligungsabsicht des D mangels entsprechender Kenntnis der Kreditabteilung nicht hat ausreichen lassen. Entscheidendes Kriterium gegen die Annahme, die Klägerin habe den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gekannt oder wenigstens kennen müssen, ist nach den vom FG getroffenen Feststellungen vielmehr, dass die Klägerin nach den --mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit revisionsrechtlich bindenden-- Feststellungen des FG bei der Bearbeitung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 12. Oktober 1998 offensichtlich keine Beziehung zu der Kreditgewährung an die Ehefrau des D erkannt hat. Dem FG kam es ersichtlich nicht darauf an, ob die Kenntnis von Tatsachen und Umständen, die eine Abteilung einer Bank erlangt hat, einer anderen zuzurechnen ist, sondern darauf, dass allein der Zugang einer Pfändungs- und Überweisungsverfügung bei der Klägerin, die den Schuldner nicht als Kunden führt und deshalb eine Personenidentität zwischen dem Steuerschuldner und dem Inhaber des vom FA angegebenen Bankkontos nicht feststellen kann, nicht den Schluss erlaubt, sie habe --in welcher Abteilung auch immer-- Kenntnis von einer Gläubigerbenachteiligungsabsicht eines Sicherungsgebers gehabt. Dementsprechend stellte das FG bei der Prüfung der Abtretung vom 17. August 1999 ergänzend fest, dass "sich keine der Klägerin bekannten Tatsachen feststellen (ließen), die für eine Zahlungseinstellung oder eine unlautere Willensrichtung des D sprechen könnten und die eine Anfechtung rechtfertigende Schlüsse zum Nachteil der Klägerin bezüglich ihrer Kenntnis von der Zahlungseinstellung und Gläubigerbenachteiligungsabsicht (erlaubten)".

Da die Beschwerde ausschließlich auf den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gestützt ist, ist der Senat gehindert zu prüfen, ob die Zulassung der Revision aus sonstigen Gründen gerechtfertigt wäre (vgl. Gräber/Ruban, FGO, 6. Aufl. § 116 Rz 55, m.w.N.).

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