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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 08.06.2007
Aktenzeichen: VII B 280/06
Rechtsgebiete: AO, FGO, EStG, ZPO
Vorschriften:
AO § 34 | |
AO § 35 | |
AO § 69 | |
AO § 69 Abs. 2 Satz 2 | |
AO § 69 Abs. 3 Satz 1 | |
AO § 69 Abs. 3 Satz 3 | |
AO § 71 | |
AO § 75 | |
AO § 191 | |
FGO § 102 Satz 2 | |
FGO § 132 | |
FGO § 155 | |
EStG § 42d | |
ZPO § 572 Abs. 3 |
Gründe:
I. Seit Mitte der neunziger Jahre veranlasste S die Gründung einer Reihe von Unternehmen --überwiegend in der Rechtsform einer GmbH--, die zur so genannten "S-Gruppe" mit insgesamt nicht mehr als 14 Mitarbeitern zusammengefasst waren. Das Stammkapital übernahmen bei der Mehrzahl der Gesellschaften die Ehefrau des S oder seine beiden 1989 und 1993 geborenen Söhne. Das Stammkapital der 1997 gegründeten TS GmbH, die seit Oktober 1999 ausschließlich mit fabrikneuen Fahrzeugen der Marke X handelte, hielt als alleiniger Gesellschafter der in der S-Gruppe bisher als Kraftfahrer und später als Disponent beschäftigte Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller), in Höhe von ... DM treuhänderisch für die Söhne des S. Der Antragsteller übernahm zugleich formell die Funktion des Geschäftsführers der TS GmbH.
Von der X-AG erwarb die TS GmbH --ebenso wie drei weitere Gesellschaften der S-Gruppe-- in den Jahren 1999 bis 2001 insgesamt 1 060 Fahrzeuge und verkaufte davon zwischen Juli 2000 und Juli 2001 478 PKW an die P GmbH mit Sitz in Österreich. Deren Geschäfte führte bis zu ihrer Auflösung im Januar 2002 neben dem Alleingesellschafter und formellen Geschäftsführer A der mehrfach vorbestrafte F, beide wohnhaft in Deutschland. Die P GmbH veräußerte die Fahrzeuge weiter an einen Autohändler. Im Auftrag und für Rechnung der P GmbH wurden die Fahrzeuge von einer Spedition beim Herstellerwerk oder einem Vertragshändler abgeholt und gemäß Weisung des Autohändlers unmittelbar zu dessen Abnehmern transportiert, die die Fahrzeuge überwiegend über den Hamburger Freihafen an Käufer außerhalb der Europäischen Gemeinschaft verschifften. Auf Drängen von A und F stellte der Geschäftsführer der Spedition zur Verschleierung der tatsächlichen --nur innerdeutschen-- Fahrstrecke unrichtige Lieferscheine und Verbringungsnachweise --über Österreich-- aus.
Die TS GmbH behandelte die Umsätze mit der P GmbH als umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Der Antragsteller gab als Geschäftsführer unter anderem für das I. Quartal 2001 und die Monate April bis Juli 2001 Umsatzsteuer-Voranmeldungen ab, die zu Erstattungen in Höhe von mehr als ... DM führten.
Nachdem die Steuerfahndungsstelle des Antragsgegners und Beschwerdeführers (Finanzamt --FA--) im September 2001 das Strafverfahren wegen Verdachts der Steuerhinterziehung gegen S und den Antragsteller eingeleitet und die Staatsanwaltschaft das Verfahren an sich gezogen hatte, stellte die TS GmbH ihren Geschäftsbetrieb ein; im März 2004 wies das Amtsgericht den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse ab.
Das Landgericht verurteilte S, weil es ihn als faktischen (Mit-)Gesellschafter ansah, und den Antragsteller unter anderem wegen Umsatzsteuerhinterziehung. Die Angeklagten hätten zumindest damit gerechnet, dass die von ihnen an die P GmbH verkauften Fahrzeuge nicht nach Österreich verbracht würden und die Lieferungen deshalb der Umsatzsteuer zu unterwerfen seien. Mit Beschluss vom 9. Juni 2004 5 StR 136/04 bestätigte der Bundesgerichtshof (BGH) die Verurteilung wegen Umsatzsteuerhinterziehung.
Das FA änderte zunächst die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen und erließ am 19. Juli 2004 bzw. 6. August 2004 die Umsatzsteuer-Jahresbescheide 2000 und 2001. Die Einsprüche der TS GmbH wurden als unbegründet zurückgewiesen, die dagegen erhobene Klage ist noch anhängig.
Das FA nahm S und den Antragsteller für die nicht entrichtete Umsatzsteuer für das III. Quartal 2000, das I. Quartal 2001 und April bis Juli 2001 in Höhe von ... € gemäß § 71 und gemäß § 69 i.V.m. § 34 bzw. § 35 der Abgabenordnung (AO) in Haftung. Dagegen erhoben S und der Antragsteller Klage und beantragten Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Haftungsbescheide.
Das Finanzgericht (FG) hat dem Aussetzungsantrag des Antragstellers stattgegeben. Es lässt dahingestellt, ob schon die gegen die strafgerichtlichen Feststellungen vorgebrachten Einwendungen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der auf §§ 69, 71 AO gestützten Inhaftungnahme begründeten. Bei summarischer Prüfung sprächen jedenfalls gewichtige Gesichtspunkte dafür, dass das FA das ihm eingeräumte Ermessen nicht fehlerfrei betätigt habe. Nach den vorliegenden Akten habe das FA nicht erkennbar erwogen, die am Tatgeschehen Beteiligten A und F und den Geschäftsführer der Spedition in Haftung zu nehmen. Es bestehe keine Rangordnung der Inanspruchnahme der Haftenden, so dass in die Ermessenserwägungen alle Personen einzubeziehen seien, die für dieselbe Steuer hafteten. Die Behörde müsse daher schon im Hinblick auf den Gesamtschuldnerausgleich das Für und Wider abwägen und spätestens in der Einspruchsentscheidung zum Ausdruck bringen, warum sie gerade den Rechtsbehelfsführer anstelle anderer ebenfalls für die Haftung in Betracht kommender Personen in Anspruch nehme. Dies sei insbesondere dann unabdingbar, wenn alle für die Haftung in Betracht kommenden Personen den Haftungstatbestand in derselben Verschuldensform verwirklicht hätten. Im Streitfall sei wenig zweifelhaft, dass A und F zur Steuerstraftat des Antragstellers vorsätzlich Beihilfe geleistet und somit den Haftungstatbestand des § 71 AO ebenfalls in der Verschuldensform des Vorsatzes erfüllt hätten. Davon gehe auch die Staatsanwaltschaft aus, die von einer diesbezüglichen Verfolgung der A und F lediglich im Hinblick auf weitere strafrechtliche Anklagepositionen abgesehen habe. Auch der Geschäftsführer der Spedition habe sich der Beihilfe durch die Ausstellung unrichtiger Lieferscheine und Verbringungsnachweise schuldig gemacht; er habe davon ausgehen müssen, dass die Belege allein dem Zweck dienten, eine Steuerhinterziehung vorzubereiten.
Die Ermessensunterschreitung hinsichtlich der Teilnehmer der Steuerstraftat führe zur Rechtswidrigkeit des Haftungsbescheids. Diese zwingende Rechtsfolge werde nicht dadurch beeinflusst, dass die Ermessensentscheidung im Falle einer vorsätzlichen Steuerverkürzung oder einer Beihilfe hierzu dem Grunde und der Höhe nach vorgeprägt sei. Durch die Vorprägung werde lediglich eine Begründung der Ermessensentscheidung spätestens in der Einspruchsentscheidung entbehrlich. Sei jedoch nicht erkennbar, ob die Behörde überhaupt eine Ermessensentscheidung habe treffen wollen, entfalle die Annahme einer stillschweigend sachgerechten Ermessensausübung. Eine Nachholung der teilweise unterbliebenen Ermessensbetätigung im finanzgerichtlichen Verfahren scheide aus. § 102 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erlaube der Behörde nur bereits angestellte Ermessenserwägungen zu vertiefen, so verbreitern oder zu verdeutlichen, gebe aber nicht die Befugnis, sie erstmals anzustellen.
Gegen diesen Beschluss hat das FA die vom FG zugelassene Beschwerde eingelegt. Die Aufhebung der Vollziehung sei auf unzutreffende tatsächliche Feststellungen und rechtliche Folgerungen gestützt. So seien die von der Staatsanwaltschaft an sich gezogenen Ermittlungsverfahren gegen A, F und den Geschäftsführer der Spedition zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung im September 2004 noch nicht abgeschlossen gewesen. Weder der Steuerfahndungsbericht noch der Tatbestand des Strafurteils betreffend S und den Antragsteller vom 11. August 2003 hätten Tatsachenfeststellungen enthalten, mit denen die vom FG vermutete Möglichkeit der Teilnahme der drei Genannten an Steuerhinterziehungen des S und des Antragstellers hätte begründet werden können. Nach den Feststellungen des Strafurteils sei es auch eher unwahrscheinlich, dass der Geschäftsführer der Spedition durch die Ausstellung der unrichtigen Lieferscheine und Verbringungsnachweise Beihilfe zur Haupttat des S und des Antragstellers geleistet habe. Vielmehr könne darin allenfalls das Geständnis einer für eine Inhaftungnahme gemäß § 71 AO nicht ausreichenden Begünstigung liegen.
Das FA beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des Beschlusses des FG den Antrag auf Aufhebung der Vollziehung des Haftungsbescheids vom 21. März 2003 abzuweisen.
Der Antragsteller beantragt unter Bezugnahme auf die Ausführungen des FG, die Beschwerde zurückzuweisen. Ergänzend weist er darauf hin, dass ein weiterer Tatbeteiligter, nämlich derjenige, der für die Lieferkette X AG/TS GmbH/ P GmbH im Interesse seines Arbeitgebers, der X AG, und in Kenntnis des direkten Transportweges zum Hamburger Hafen verantwortlich zeichnete, in die Ermessenserwägungen des FA hätte einbezogen werden müssen.
II. Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des FG und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur erneuten Entscheidung des FG über den Antrag auf Aufhebung der Vollziehung des Haftungsbescheids.
Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht die Vollziehung einer angefochtenen Entscheidung ganz oder teilweise aussetzen und die Wirkungen der Vollziehung aufheben, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen. Ernstliche Zweifel sind anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung neben Umständen, die für die Rechtmäßigkeit sprechen, gewichtige Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Tatfragen auslösen (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Februar 2002 VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891).
Nach § 71 AO haftet für verkürzte Steuern, wer eine Steuerhinterziehung begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt. Er kann gemäß § 191 AO durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden.
1. Der Senat teilt nicht die Auffassung des FG, dass der Haftungsbescheid bereits deshalb rechtswidrig ist, weil das FA das ihm in § 191 AO eingeräumte (Auswahl-)Ermessen nicht fehlerfrei betätigt hat, indem es nicht erkennbar erwogen hat, die möglichen Tatbeteiligten A, F und den Geschäftsführer der Spedition ebenfalls in Haftung zu nehmen.
a) Wegen der Befugnis und Verpflichtung des Gerichts zur Überprüfung behördlicher Ermessensentscheidungen, die dem Gericht keinen Raum für eigene Ermessenserwägungen lässt, trifft die Auffassung des FG grundsätzlich zu, dass die Ermessensentscheidung der Verwaltung im Haftungsbescheid, spätestens aber in der Einspruchsentscheidung getroffen und begründet werden muss (vgl. § 121 Abs. 1, § 126 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 AO), anderenfalls sie fehlerhaft ist. Dabei muss die Behörde im Regelfall zum Ausdruck bringen, warum sie den Haftungsschuldner anstelle anderer ebenfalls für die Haftung in Betracht kommender Personen in Anspruch nimmt --Auswahlermessen-- (vgl. Senatsurteil vom 29. Mai 1990 VII R 81/89, BFH/NV 1991, 283). Entgegen der Auffassung des FG kann aber auf eine ausdrückliche Begründung der Ermessensentscheidung des FA bezüglich der Haftungsinanspruchnahme des Haupttäters einer Steuerstraftat verzichtet werden, wenn neben dem Haupttäter auch ein oder mehrere Gehilfen bei der Steuerstraftat als Haftungsschuldner in Betracht kommen. Dann kann die Auswahlentscheidung --von Besonderheiten des Einzelfalls, die dem FA bekannt sein müssen, abgesehen-- jedenfalls nicht zu dem Ergebnis führen, den Haupttäter nicht in Anspruch zu nehmen.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass nicht nur das Entschließungs-, sondern auch das Auswahlermessen der Finanzbehörde im Falle einer vorsätzlich begangenen Steuerstraftat in der Weise vorgeprägt ist, dass die Abgaben gegen den Steuerstraftäter festzusetzen sind und dass es einer besonderen Begründung dieser Ermessensentscheidung nicht bedarf (Senatsbeschlüsse vom 14. Februar 2006 VII B 119/05, BFH/NV 2006, 1246; vom 4. März 2005 VII B 154/04, BFH/NV 2005, 1240, jeweils m.w.N.). Daran kann entgegen der Auffassung des FG auch der Umstand nichts ändern, dass weitere an der Hinterziehung möglicherweise Beteiligte den Haftungstatbestand in der gleichen Verschuldensform verwirklicht haben könnten. Der Grad des Verschuldens ist nur dann ein die Ausübung des Ermessens erforderndes Kriterium, wenn nicht schon durch die Art der Tatbeteiligung ein Stufenverhältnis zwischen den als Haftungsschuldner in Betracht kommenden Personen vorgegeben ist, wie es bei Tätern und Gehilfen der Fall ist. Dieses Stufenverhältnis ergibt sich daraus, dass der Täter einer Steuerhinterziehung die Tatherrschaft oder wenigstens den Willen zur Tatherrschaft hat. Gemessen am Grad des eigenen Interesses am Taterfolg und am Umfang der Tatbeteiligung hat er grundsätzlich ein engeres Verhältnis zur Tat als der Gehilfe (BGH-Urteil vom 30. Juni 2005 5 StR 12/05, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2006, 617, m.w.N.). Der demgemäß gewichtigere Anteil des Täters am Taterfolg rechtfertigt es, ihn unbeschadet der Prüfung in Anspruch zu nehmen, ob Beihilfe zur Hinterziehung geleistet wurde und welcher Gehilfe gegebenenfalls neben dem Täter als weiterer Haftungsschuldner in Betracht kommt.
Mit dieser Beurteilung setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu den vom FG zitierten Ausführungen, wonach eine nicht mehr korrigierbare Ermessensunterschreitung vorliege, wenn das FA nicht spätestens in der Einspruchsentscheidung begründet hat, warum es neben der in Haftung genommenen Person nicht weitere als Haftungsschuldner in Betracht kommende Personen in Anspruch genommen hat. In keiner der vom FG genannten Entscheidungen hatte der Senat über die Notwendigkeit der Betätigung des Auswahlermessens bei der Haftungsinanspruchnahme von Täter und Gehilfen einer Steuerstraftat zu befinden. Es ging vielmehr um die Inanspruchnahme eines oder mehrerer Geschäftsführer gemäß §§ 69, 34 bzw. 35 AO (Senatsurteile vom 11. März 2004 VII R 52/02, BFHE 205, 14, BStBl II 2004, 579; vom 30. Juni 1995 VII R 87/94, BFH/NV 1996, 3; in BFH/NV 1991, 283; vom 24. November 1987 VII R 82/84, BFH/NV 1988, 206; Beschluss vom 19. Juli 1988 VII B 39/88, BFH/NV 1989, 145), um die Erwerberhaftung nach § 75 AO neben der Geschäftsführerhaftung nach § 69 AO (Senatsurteil vom 22. September 1992 VII R 73, 74/91, BFH/NV 1993, 215) und um die Arbeitgeberhaftung nach § 42d des Einkommensteuergesetzes neben der Geschäftsführerhaftung wegen Lohnsteuerhinterziehung (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. August 2002 VI R 41/96, BFHE 200, 200, BStBl II 2003, 160). In diesen Fällen sind die Haftungsschuldner prinzipiell gleichrangig (Senatsbeschluss vom 7. Oktober 2004 VII B 46/04, BFH/NV 2005, 827). Deshalb kann es nur aufgrund einer einzelfallbezogenen Abwägung gerechtfertigt sein, nur einen der gleichrangig Haftenden in Anspruch zu nehmen, einen anderen dagegen nicht. In den Fällen, in denen der Senat über die Haftung wegen Steuerhinterziehung nach § 71 AO geurteilt hat, ging es entweder um die Heranziehung mehrerer Täter (Senatsurteile vom 2. Dezember 2003 VII R 17/03, BFHE 204, 380; vom 26. Februar 1991 VII R 3/90, BFH/NV 1991, 504; Beschlüsse in BFH/NV 2005, 1240; vom 22. Februar 2005 VII B 213/04, BFH/NV 2005, 1217) oder um die Rechtmäßigkeit der Heranziehung des Gehilfen neben allen weiteren in Betracht kommenden Haftungsschuldnern (BFH-Urteil vom 8. September 2004 XI R 1/03, HFR 2005, 293; Senatsbeschluss in BFH/NV 2006, 1246). Der Senat hatte demzufolge keine Veranlassung, den im Streitfall entscheidenden Gesichtspunkt der Ermessensreduzierung auf Null im Falle der Heranziehung nur des Täters, nicht aber der Gehilfen zu erwägen.
Allerdings ist diesen Entscheidungen bereits die grundsätzliche Aussage zu entnehmen, dass das Entschließungs- und Auswahlermessen der Finanzbehörde im Falle einer vorsätzlich begangenen Steuerstraftat in der Weise vorgeprägt ist, dass die Abgaben gegen den Straftäter festzusetzen sind, ohne dass es einer besonderen Begründung dieser Ermessensentscheidung bedarf. Der Senat hat ausdrücklich hervorgehoben, dass diese Vorprägung des Ermessens uneingeschränkt und ausnahmslos gilt. Wenn auch diese Feststellung sachverhaltsbedingt nicht auf die Entbehrlichkeit der Ausübung des Auswahlermessens bezogen war, so ist ihr doch zu entnehmen, dass auf die Heranziehung eines vorsätzlich an einer Steuerstraftat Beteiligten grundsätzlich nicht verzichtet werden kann. Dieses Postulat wäre entwertet, wenn die Haftung eines vorsätzlichen Steuerstraftäters in das freie Ermessen des FA gestellt wäre, sobald von anderen Personen zur Tat Beihilfe geleistet worden ist.
Die Nichtberücksichtigung eines weiteren Haftungsschuldners könnte die Ermessensausübung nur dann als fehlerhaft erscheinen lassen, wenn die Einbeziehung dieses Gesamtschuldners in die vorzunehmende Abwägung wahrscheinlich dazu geführt hätte, dass dieser vorrangig in Anspruch zu nehmen gewesen wäre und dass der eigentliche Haupttäter von einer Haftung hätte freigestellt werden müssen (Senatsurteil in BFHE 204, 380, 390). Eine solche besondere Konstellation ist im Streitfall nicht ersichtlich.
b) Im Streitfall ergibt sich aus den Feststellungen des FG, dass A, F und der Geschäftsführer der Spedition an der durch rechtskräftiges Strafurteil festgestellten Steuerhinterziehung der Geschäftsführer der TS GmbH jedenfalls nicht als Mittäter beteiligt waren. Das Auswahlermessen des FA betreffend die Heranziehung des Antragstellers als Haftungsschuldner war deshalb entsprechend vorgeprägt, Ermessenserwägungen insoweit waren im Haftungsbescheid entbehrlich.
2. Der auf einer anderen Rechtsauffassung beruhende Beschluss des FG wird aufgehoben. Der Senat entscheidet nicht selbst über den Aussetzungsantrag, sondern verweist die Sache an das FG zurück. Eine Zurückverweisung ist auch im Beschwerdeverfahren betreffend die AdV zulässig. Die Befugnis zur Zurückverweisung der Sache ergibt sich aus den §§ 132, 155 FGO i.V.m. § 572 Abs. 3 der Zivilprozessordnung (BFH-Beschluss vom 23. Juli 2002 X B 209/01, BFH/NV 2002, 1487, m.w.N.). Die Zurückverweisung erscheint im Streitfall deshalb zweckmäßig, weil das FG die Vollziehung des Haftungsbescheids allein wegen der vermeintlichen Ermessensunterschreitung des FA aufgehoben und für die Folgezeit ausgesetzt hat und deshalb offengelassen hat, ob die vom Antragsteller gegen die strafgerichtlichen Feststellungen vorgebrachten Einwendungen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids begründen. Es erscheint sachgerecht (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 8. Juli 1980 VII B 18/80, BFHE 131, 12, BStBl II 1980, 657), dass das erstinstanzliche Gericht diese Prüfung unter Auswertung der strafgerichtlichen Feststellungen und Würdigung des ergänzenden Vorbringens des Antragstellers nachholt.
Ende der Entscheidung
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