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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 02.05.2006
Aktenzeichen: VII B 283/05
Rechtsgebiete: FGO, GG, ZPO


Vorschriften:

FGO § 100 Abs. 1 Satz 4
FGO § 96 Abs. 2
FGO § 155
GG Art. 103 Abs. 1
ZPO § 227 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Mit seiner Klage vor dem Finanzgericht (FG) wandte sich der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) gegen die Aufforderung zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung wegen rückständiger Steuern und Nebenleistungen. Die entsprechenden Aufforderungen hatte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) im Verlaufe des finanzgerichtlichen Verfahrens aufgehoben, nachdem die Steuerschulden zwischenzeitlich vollständig beglichen worden waren. Da der Kläger die Hauptsache nicht für erledigt erklärte, beraumte das FG Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 23. September 2005, 9.50 Uhr an. Mit Schreiben vom 18. September 2005 bat der Kläger um Terminsverlegung und legte auf entsprechenden Fax-Hinweis des Gerichts per Fax am 23. September 2005 (8.40 Uhr) eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Krankenkasse vom 30. Mai 2005, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 5. Juli 2005 "bis auf weiteres" und eine ärztliche Mitteilung über ambulante Behandlung vom 16. August 2005 des Klinikums vor. Einen Nachweis der am 23. September 2005 notwendigen Behandlung werde er erforderlichenfalls nach Wahrnehmung des Termins vorlegen.

Das FG wies die als Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 100 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gewertete Klage nach Verhandlung in Abwesenheit des Klägers mangels Feststellungsinteresses ab.

Seine Nichtzulassungsbeschwerde stützt der Kläger darauf, dass das FG durch seine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung vom 23. September 2005 seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach § 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes verletzt habe.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Durch die Zurückweisung des Antrags auf Terminsverlegung hat das FG den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt. Zwar ist das FG nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) grundsätzlich verpflichtet, einen anberaumten Verhandlungstermin zu verlegen, wenn hierfür ein erheblicher Grund i.S. des § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO vorliegt, der auch in einer unerwarteten schweren Erkrankung liegen kann (vgl. BFH-Beschluss vom 23. November 2001 V B 224/00, BFH/NV 2002, 520, m.w.N.); jedoch bildet nicht jegliche Erkrankung einen ausreichenden Grund für eine Terminsverlegung. Eine solche ist vielmehr nur dann geboten, wenn die Erkrankung so schwer ist, dass die Wahrnehmung des Termins nicht erwartet werden kann (BFH-Beschlüsse vom 27. April 2005 X B 130/04, BFH/NV 2005, 1596, und vom 17. April 2002 IX B 151/00, BFH/NV 2002, 1047, jeweils m.w.N.). Ob im Einzelfall eine Terminsverlegung gerechtfertigt ist, hat das FG anhand sämtlicher ihm bekannter Umstände zu beurteilen. Die Gründe sind auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen (BFH-Beschluss vom 17. Mai 2000 IV B 86/99, BFH/NV 2000, 1353). Sofern ein Antrag auf Terminsverlegung am Tag der mündlichen Verhandlung "in letzter Minute" gestellt wird, ist entweder die Vorlage eines ärztlichen Attestes erforderlich, oder zumindest eine so genaue Schilderung der Erkrankung samt Glaubhaftmachung, dass das Gericht selbst beurteilen kann, ob die Erkrankung so schwer ist, dass ein Erscheinen zum Termin nicht erwartet werden kann (BFH-Beschlüsse vom 26. August 1999 X B 58/99, BFH/NV 2000, 441, und vom 9. Dezember 1998 IV B 90/97, BFH/NV 1999, 799).

Im Streitfall hat das FG den Antrag auf Terminsverlegung ohne Rechtsfehler zurückgewiesen. Es ist nicht zu beanstanden, dass es die krankheitsbedingte Verhinderung des Klägers als durch die vorgelegten Bescheinigungen nicht hinreichend glaubhaft gemacht ansah. Es hat zutreffend festgestellt, dass sich daraus eine Arbeitsunfähigkeit am Tag der mündlichen Verhandlung nicht ergibt.

Auch die dem FG 80 Minuten vor Beginn der mündlichen Verhandlung mitgeteilte Notwendigkeit, an diesem Tag einen Behandlungstermin wahrzunehmen, genügt den Anforderungen der Rechtsprechung an die Glaubhaftmachung der Verhinderung nicht. Abgesehen davon, dass das FG zutreffend auch eine bescheinigte Arbeitsunfähigkeit für sich allein nicht als ausreichend angesehen hätte, die Nichtteilnahme an der mündlichen Verhandlung zu entschuldigen, fehlt dem Hinweis auf den Behandlungstermin jegliche Konkretisierung, die es dem Gericht in der verbleibenden Zeit bis zur Terminsstunde ermöglicht hätte, zu beurteilen, ob eine schwere Erkrankung vorliegt, so dass der Zeitpunkt der Behandlung derart unabweisbar war, dass zur Vermeidung einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör die Terminsverlegung geboten war.



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