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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 10.11.2004
Aktenzeichen: VII B 3/04
Rechtsgebiete: BierStG 1993, FGO, MarkenG


Vorschriften:

BierStG 1993 § 2
BierStG 1993 § 2 Abs. 2
BierStG 1993 § 2 Abs. 2 Satz 6
BierStG 1993 § 2 Abs. 2 Satz 7
BierStG 1993 § 2 Abs. 3
BierStG 1993 § 2 Abs. 3 Satz 1
BierStG 1993 § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1
BierStG 1993 § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2
BierStG 1993 § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3
BierStG 1993 § 2 Abs. 4
BierStG 1993 § 2 Abs. 5
BierStG 1993 § 5
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
MarkenG § 30 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Zwischen der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) bestand ein mit der X-Brauerei geschlossener Lohnbrauvertrag. Danach hatte die Klägerin die Biersorten Pilsener und Spezial nach den Qualitäts- und Herstellungsvorschriften (Rezeptur) der X-Brauerei herzustellen und die hierfür erforderlichen Rohstoffe auf eigene Rechnung und Gefahr zu beschaffen. Die X-Brauerei, die sich verpflichtete, auf Dauer pro Jahr 10 000 hl Bier zu beziehen, war für die Gestaltung der Etiketten verantwortlich und hatte die Fässer, Flaschen, Kästen und Paletten zur Verfügung zu stellen. Mit einer nachträglich geschlossenen Vereinbarung wurde der Lohnbrauvertrag aufgelöst und vereinbart, dass es sich bei den Lieferungen der Klägerin künftig um normale Bierlieferungen unter dem Handelsnamen der X-Brauerei handeln solle.

Nach Aufhebung der ursprünglichen Vereinbarung stellte die Klägerin im Streitjahr für die X-Brauerei Pilsener mit einem Stammwürzegehalt von 11 Grad Plato und Export mit einem Stammwürzegehalt von 12 Grad Plato her. Hierbei wurde beim Sudverfahren keine Unterscheidung zwischen den von der Klägerin selbst vertriebenen Bieren und den für die X-Brauerei hergestellten Bieren gemacht. Eine Trennung der Biermarken erfolgte erst auf der Produktionsstufe der Gärung, bei der unterschiedliche Hefen zum Einsatz kamen. Im Gärkeller- und Gärtankbuch wurden die Biermarken getrennt voneinander erfasst. Die Lieferung des für die X-Brauerei hergestellten Bieres sowie die Rechnungsstellung erfolgten ausschließlich an eine von der X-Brauerei gegründete Getränke-Vertriebs GmbH. Direkte Lieferungen an die X-Brauerei erfolgten nicht. Dem für das Streitjahr maßgeblichen Biersteuerbescheid legte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) bei der Berechnung der Biersteuer und der Festlegung des ermäßigten Steuersatzes nach der Biersteuermengenstaffel (§ 2 Abs. 2 des Biersteuergesetzes --BierStG 1993--) die gesamte von der Klägerin erzeugte Biermenge zugrunde. Aufgrund des von der Klägerin eingelegten Einspruchs wurde der Bescheid unter Berücksichtigung von Fehlmengen geringfügig geändert. Der gegen den geänderten Biersteuerbescheid erhobene Einspruch sowie die Klage vor dem Finanzgericht (FG) hatten keinen Erfolg. Das FG urteilte, dass es sich bei dem für die X-Brauerei hergestellten Bier weder um Lizenzbier noch um Bier handele, das im Lohnbrauverfahren hergestellt worden sei. Ein Lizenzvertrag liege deshalb nicht vor, weil die Klägerin das für die X-Brauerei hergestellte Bier nicht selbst über ihr eigenes Vertriebsnetz vertrieben hätte. Auch liege kein Fall des Lohnbrauens vor. Tatsächlich handele es sich um einen Werkvertrag. Dafür spreche, dass die Klägerin die Rohstoffe auf eigene Gefahr und Rechnung zu beschaffen hatte. Der ursprüngliche Lohnbrauvertrag sei durch die Nachfolgevereinbarung aufgelöst worden und es sei neu vereinbart worden, dass es sich künftig um normale Bierlieferungen unter dem Namen der X-Brauerei handeln solle. Schließlich sei die Frage, ob unter Lizenz gebraut werde, lediglich für die Beurteilung der Unabhängigkeit einer Brauerei (§ 2 Abs. 3 BierStG 1993) von Bedeutung.

Gegen die Nichtzulassung der Revision im erstinstanzlichen Urteil richtet sich die Beschwerde der Klägerin, die sie auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt. Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage, ob Bier, das aufgrund eines unechten Lohnbrauvertrages hergestellt worden sei, als Eigenbier oder als Lizenzbier zu versteuern sei. Nach der vor der harmonisierungsbedingten Umgestaltung des Biersteuerrechts bestehenden Rechtslage sei zwischen einem echten und unechten Lohnbrauvertrag nicht unterschieden und in beiden Fällen der Auftraggeber als eigentlicher Hersteller des Bieres angesehen worden. Dies habe auch Auswirkungen auf die Kennzeichnungspflicht gehabt. Das unechte Lohnbrauen, bei dem der Auftragnehmer die Rohstoffe beschaffe und das Bier nach der Rezeptur des Auftraggebers braue, sei in der gesamten Brauwirtschaft gängige Praxis. Eine Behandlung des derart erzeugten Bieres als Eigenbier würde der Intention des Gesetzgebers zuwider laufen, nur kleine und unabhängige Brauereien steuerlich zu fördern. Denn Großbrauereien könnten sich durch Vergabe entsprechender Aufträge an kleinere Brauereien eine für sie nicht gedachte Mittelstandsförderung erschleichen, da das Bier zu dem der kleineren Brauerei zustehenden ermäßigten Steuersatz versteuert würde.

Das HZA tritt der Beschwerde entgegen. Es ist der Ansicht, dass der von der Klägerin aufgeworfenen Frage deshalb keine grundsätzliche Bedeutung zukomme, weil sich ihre eindeutige Beantwortung bereits aus dem Gesetz, insbesondere aus § 2 Abs. 2 bis 5 und § 5 BierStG 1993 ergebe. Darüber hinaus treffe es nicht zu, dass nach dem vor 1993 geltenden Biersteuerrecht der unechte Lohnbrauvertrag steuerrechtlich ebenso behandelt worden sei wie der echte Lohnbrauvertrag. Dies gehe deutlich aus dem Senatsurteil vom 12. Mai 1964 VII 122/62 U (BFHE 79, 596, BStBl III 1964, 451) hervor.

Es kann offen bleiben, ob die Beschwerdebegründung die Darlegungserfordernisse i.S. von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfüllt. Die Beschwerde der Klägerin hat jedenfalls keinen Erfolg. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage mangels Klärungsbedürftigkeit keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Eine Rechtsfrage ist dann nicht mehr klärungsbedürftig, wenn sich die Antwort auf die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder sie offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Oktober 2003 VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232; Entscheidung des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Januar 2002 III B 127/01, BFH/NV 2002, 645, m.w.N.).

Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass Bier, das eine Brauerei im Auftrag einer anderen Brauerei unter Verwendung von selbst beschafften Rohstoffen, aber nach einer von der anderen Brauerei vorgegebenen Rezeptur herstellt und nicht selbst vertreibt, nicht als Lizenzbier, sondern als Eigenbier zu versteuern ist.

1. Ob eine Brauerei einen durch die Anwendung der Biersteuermengenstaffel ermäßigten Steuersatz in Anspruch nehmen kann, richtet sich nach der Gesamtjahreserzeugung an Bier, die weniger als 200 000 hl betragen muss. Als Gesamtjahreserzeugung einer Brauerei gilt nach § 2 Abs. 2 Satz 6 BierStG 1993 das gesamte in ihr im Brauverfahren erzeugte Bier --einschließlich Lizenzbier--, für das innerhalb eines Kalenderjahres die Steuer entstanden ist, zuzüglich weiterer in der Vorschrift näher bezeichneter Biermengen. Für die Ermittlung des zur Anwendung kommenden Steuersatzes ist die jeweilige Jahreserzeugung maßgebend. Die Jahreserzeugung wird gemäß § 2 Abs. 2 Satz 7 BierStG 1993 aus der Gesamtjahreserzeugung unter Abzug der Biermengen, die in Lizenz gebraut oder zur Herstellung von Biermischgetränken verwendet werden, errechnet. Das in Lizenz gebraute Bier wird demnach bei der Frage, ob die für die Gewährung der Steuervergünstigung maßgebliche Erzeugungsgrenze überschritten ist, wie Eigenbier behandelt. Bei der Ermittlung des ermäßigten Steuersatzes wird es hingegen wieder in Abzug gebracht.

Das Brauen unter Lizenz führt nach § 2 Abs. 3 Satz 1 BierStG 1993 grundsätzlich zum Ausschluss der Steuervergünstigung, da die Subvention nur Brauereien zugute kommen soll, die als wirtschaftlich unabhängig anzusehen sind. Lediglich unter den in § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 3 BierStG 1993 genannten Voraussetzungen ist die Herstellung von Lizenzbier für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes unschädlich (die dem Regelsteuersatz unterliegende Menge an Lizenzbier darf nur weniger als die Hälfte der Gesamtjahreserzeugung betragen, die wiederum 200 000 hl nicht übersteigen darf).

Das Gesetz verwendet die Begriffe "Lizenzbier" und "Lizenz", ohne sie jedoch näher zu definieren. Nach allgemeiner Rechtsauffassung handelt es sich bei einer Lizenz um die vom eigentlichen Rechtsinhaber dem Lizenznehmer gewährte Erlaubnis, ein bestimmtes Recht (z.B. Marken- oder Patentrecht) in einem festgelegten Umfang auszuüben. So kann nach § 30 Abs. 1 des Markengesetzes das durch die Eintragung, die Benutzung oder die notorische Bekanntheit einer Marke begründete Recht für alle oder für einen Teil der Waren, für die die Marke Schutz genießt, Gegenstand von Lizenzen sein. Nach den Feststellungen des FG, gegen die Verfahrensrügen nicht erhoben worden sind, ist der Klägerin im Streitfall weder ein gewerbliches Markenrecht noch ein eigenes Vertriebsrecht überlassen worden. Daher handelt es sich bei dem im Auftrag für die X-Brauerei hergestellten Bier auch nicht um Bier, das in Erfüllung eines Lizenzvertrages hergestellt wurde (Lizenzbier) und das von der Jahreserzeugung nach § 2 Abs. 2 Satz 7 BierStG 1993 in Abzug zu bringen wäre.

2. Die Beantwortung der von der Klägerin aufgeworfenen Frage, ob das --ohne Lizenzerteilung-- aufgrund eines unechten Lohnbrauvertrages hergestellte Bier als Eigenbier oder Lizenzbier zu versteuern ist, ergibt sich somit aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes. Da es sich nicht um Lizenzbier handelt, ist das Bier als Eigenbier zu versteuern.

a) Die in der Literatur vertretene Ansicht, nach der der Fall des Lohnbrauens dem Lizenzbrauen steuerrechtlich gleichgestellt sei (vgl. Schröer-Schallenberg, Das neue Biersteuerrecht unter besonderer Berücksichtigung der neuen Biersteuer-Durchführungsverordnung, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ--, 1994, 290, 292, und in Peters/Bongartz/Schröer-Schallenberg, Verbrauchsteuern, H 248) findet keine Stütze im Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen. Vielmehr handelt es sich um zwei unterschiedliche vertragliche Gestaltungsformen, die biersteuerrechtlich getrennt zu würdigen sind (vgl. Benkwitz, Erläuterungen zum Biersteuergesetz 1993, in: Das Deutsche Bundesrecht, Lieferung März 2001, VII D 75, S. 20). Für eine Entscheidung darüber, ob in den Fällen des Lohnbrauens eine am Sinn und Zweck der Vorschrift ausgerichtete Auslegung entgegen dem Wortlaut von § 2 Abs. 2 BierStG 1993 geboten ist, gibt der Streitfall indes keinen Anlass, denn nach den Feststellungen des FG liegt ein Fall des Lohnbrauens nicht vor. Vielmehr handelt es sich nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des FG um einen Werkvertrag und um die in der Literatur beschriebene Form des sog. Kaufbieres (vgl. Schröer-Schallenberg, a.a.O., ZfZ 1994, 290, 292 Fn. 35). Diese Annahme findet ihre Bestätigung in der Auflösung des ursprünglich bestehenden Lohnbrauvertrages und in dem damit verbundenen Hinweis der Klägerin, dass künftig von normalen Bierlieferungen auszugehen sei.

b) Auch den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen, auf denen die biersteuerrechtlichen Regelungen des § 2 BierStG 1993 beruhen, sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die von der Klägerin gewählte Vertragsform dem Lizenzbrauen gleichzusetzen wäre. Nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 92/83/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke --Alkoholstrukturrichtlinie-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 316/21) gilt zum Zwecke der Anwendung der ermäßigten Steuersätze als "kleine unabhängige Brauerei" eine Brauerei, die rechtlich und wirtschaftlich von einer anderen Brauerei unabhängig ist, Betriebsräume benutzt, die räumlich von denen anderer Brauereien getrennt sind, und kein Lizenznehmer ist. Mit dieser Einschränkung wollte der Gemeinschaftsgesetzgeber bestimmte Brauereien von der Förderung ausnehmen, deren wirtschaftliche Existenz von der Nutzung einer fremden Biermarke und dem Bestand eines entsprechenden Lizenzvertrages abhängt. Für die gemeinschaftsrechtliche Anerkennung von unechten Lohnbrauverträgen oder anderen Vertragsformen (z.B. Werkvertrag) lässt sich dieser Vorschrift indes nichts entnehmen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 4 Abs. 1 der Alkoholstrukturrichtlinie, nach dem die Mitgliedstaaten auf das von kleinen unabhängigen Brauereien gebraute Bier ermäßigte Steuersätze anwenden können. Danach obliegt es den Mitgliedstaaten, die Voraussetzungen für eine steuerliche Förderung von Kleinbrauereien und den Subventionsumfang selbst festzulegen. Der Wortlaut dieser Bestimmung spricht eher dafür, das nicht in Lizenz, aber im Rahmen eines Werkvertrages für eine andere Brauerei hergestellte Bier wie Eigenbier zu behandeln, da es vom Auftragnehmer und nicht vom Auftraggeber gebraut worden ist.

Ende der Entscheidung

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