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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 23.02.2004
Aktenzeichen: VII B 303/03
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 118 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) meldete am 15. Juli 1997 Textilwaren und Lederbekleidung aus China zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Hinsichtlich der Textilwaren legte die Klägerin eine Rechnung der G/Hongkong vom 16. Mai 1997 über 7 037,64 US-$ vor und meldete einen Kaufpreis von 5 333,20 US-$ an. Bezüglich der Lederbekleidung legte die Klägerin eine Proformarechnung der S vom 3. Juni 1997 über 87 275,10 US-$ vor und meldete einen Kaufpreis von 82 500 US-$ an. Die Klägerin hatte die G und die S als Einkaufskommissionärinnen behandelt und sich hierzu auf ein Ursprungszeugnis, das auf die G ausgestellt worden war, sowie auf die Proformarechnung der S mit dem Vermerk "Die Preise beinhalten 6 % Einkaufsprovision" bezogen.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) erkannte die Abzüge von den Rechnungsbeträgen nicht an und forderte mit Bescheiden vom ... August 1997 Zoll nach.

Das Finanzgericht (FG) wies die von der Klägerin nach erfolglosen Einsprüchen erhobene Klage ab. Zur Begründung führte das FG aus, das HZA habe der Ermittlung des Zollwerts zutreffend die Beträge aus den Rechnungen der G und der S zugrunde gelegt. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die G für die Klägerin als Einkaufskommissionärin tätig geworden sei. Dem vorgelegten Ursprungszeugnis könne dies nicht entnommen werden. Die ungewöhnliche Höhe der Differenz zwischen dem in diesem Ursprungszeugnis angegebenen Preis und dem Rechnungsbetrag von 32 % spreche gegen das Vorliegen einer Einkaufskommission. Die Abweichungen der Mengen- und Gewichtsangaben in der Rechnung der G und dem Ursprungszeugnis ließen nicht den Schluss zu, dass sich beide Unterlagen auf dieselben Waren bezögen. Im Übrigen sei die von der Klägerin geltend gemachte Einkaufsprovision weder in der Rechnung noch sonst getrennt ausgewiesen worden.

Die Klägerin habe auch nicht nachgewiesen, dass die S für sie als Einkaufskommissionärin tätig geworden sei. Sie habe trotz ihrer langjährigen Geschäftsbeziehung mit der S keinen schriftlichen Einkaufskommissionsvertrag abgeschlossen. Sie habe auch vor dem in Rede stehenden Zeitraum keine Einkaufsprovisionen der G oder der S geltend gemacht, sondern die von diesen berechneten Beträge ungekürzt als Transaktionswerte angemeldet. Die Klägerin habe dem HZA zudem mit Schreiben vom ... April 1997 mitgeteilt, bei den Warenbezügen von der S handele es sich um Reihengeschäfte und beantragt, die Vorerwerberpreise der S der Ermittlung des Zollwerts zugrunde zu legen. Sowohl in diesem Schreiben als auch in vorangegangenen Besprechungen habe die Klägerin die Provision von 6 % nicht als Einkaufsprovision, sondern als einen Betrag bezeichnet, der für Tätigkeiten zu entrichten sei, die über eine Einkaufskommission hinausgingen. Deshalb könne die Proformarechnung der S nicht das Vorliegen einer Einkaufsprovision belegen. Die Klägerin habe daher die der Zollwertanmeldung zugrunde liegende Rechnung des chinesischen Herstellers vorzulegen. Dieser Nachweispflicht sei sie bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht nachgekommen. Im Übrigen sei auch die geltend gemachte Einkaufsprovision der S nicht getrennt ausgewiesen worden. Es genüge nicht, dass eine Provision auf Grund einer Proformarechnung durch Rückrechnung ermittelt werden müsse.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin. Sie macht geltend, die Revision sei zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordere. Es sei die Frage zu klären, ob eine Zollstelle bei der Anmeldung eines Zollwerts, der sich als Vorerwerberpreis darstellen solle, von sich aus einen anderen Zollwert ansetzen und dabei unterstellen dürfe, dass diesem Zollwert Art. 29 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex --ZK--) des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 302/1) zugrunde zu legen sei.

Das HZA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) oder Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) kommt nur wegen einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage in Betracht (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Mai 2002 VIII B 150/01, BFH/NV 2002, 1463; Senatsbeschluss vom 27. Februar 2003 VII B 263/02, BFH/NV 2003, 835, 836). Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, weil sie sich ohne weiteres auf der Grundlage des einschlägigen Gemeinschaftsrechts beantworten lässt.

a) Geht man mit der Klägerin davon aus, dass die von ihr angemeldeten Kaufpreise von 7 037,64 US-$ und 82 500 US-$ Vorerwerberpreise sein sollen, hatte sie nach Art. 147 Abs. 1 Unterabs. 3 i.V.m. Art. 181 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 (Zollkodex-Durchführungsverordnung --ZKDVO--) der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABlEG Nr. L 253/1) i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 1762/95 der Kommission vom 19. Juli 1995 (ABlEG Nr. L 171/8) jeweils eine Ausfertigung der diesen Kaufpreisen zugrunde liegenden Rechnungen vorzulegen (vgl. Müller-Eiselt, EG-Zollrecht, Fach 4229 Rz. 341; Witte/Reiche, Zollkodex, 3. Aufl., Art. 29 Rz. 35). Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) ist dies bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht geschehen. Kann der Zollwertanmelder die für die Anerkennung eines Vorerwerberpreises erforderlichen Unterlagen nicht vorlegen, erfolgt die Bewertung nicht auf der Stufe des angemeldeten Käufers unter Heranziehung der Folgemethoden (Art. 30 ZK), sondern auf der Stufe des nächsten Käufers in der Gemeinschaft, also in der Regel unter Heranziehung der eigentlichen grenzüberschreitenden Transaktion. Denn ein Zollwertanmelder, der den Vorerwerber als Käufer bestimmt hat, ohne die erforderlichen Unterlagen vorlegen zu können, hat das ihm durch Art. 147 ZKDVO eingeräumte Wahlrecht nicht wirksam ausgeübt (vgl. Müller-Eiselt, a.a.O., Fach 4229 Rz. 348). Das HZA durfte daher der Ermittlung des Zollwerts nach Art. 29 Abs. 3 Buchst. a Satz 1 ZK die vollständigen Zahlungen zugrunde legen, welche die Klägerin an die G und die S entrichtet oder zu entrichten hatte. Ausweislich der vorgelegten Rechungen der G und der S handelte es sich jeweils um Verkäufe zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft (Art. 29 Abs. 1 ZK).

b) Anders als die Klägerin meint, kann nicht davon ausgegangen werden, dass im Hinblick auf die von ihr geltend gemachte Stellung der G und der S als Einkaufskommissionärinnen die zollwertrechtlich maßgeblichen Kaufgeschäfte unmittelbar zwischen ihr und den Herstellern der Waren in China zustande gekommen sind (vgl. Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften --EuGH--, Urteil vom 25. Juli 1991 Rs. C-299/90 --Hepp--, EuGHE 1991, I-4301 Rdnr. 13). Denn nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG hat die Klägerin nicht den ihr obliegenden Nachweis erbracht, dass es sich bei den von ihr in Abzug gebrachten Beträgen tatsächlich um Einkaufsprovisionen handelte (vgl. hierzu Senatsurteil vom 4. November 1999 VII R 43/98, BFHE 190, 514, 520).

c) Im Übrigen ergibt sich die Befugnis der Zollbehörde zur Überprüfung der Zollanmeldung einschließlich der Zollwertanmeldung (Art. 178 Abs. 1 Satz 1 ZKDVO) und der vorzulegenden Ausfertigung der dieser zugrunde liegenden Rechnung (Art. 181 Abs. 1 Satz 1 ZKDVO) nach der Überlassung der Waren aus Art. 78 Abs. 1 ZK. Ergibt diese nachträgliche Prüfung der Anmeldung, dass bei der Anwendung einer Vorschrift über das betreffende Zollverfahren von unrichtigen oder unvollständigen Grundlagen ausgegangen worden ist, so trifft die Zollbehörde die erforderlichen Maßnahmen, um den Fall unter Berücksichtigung der ihr bekannten neuen Umstände zu regeln (Art. 78 Abs. 3 ZK). Dies umfasst auch die Befugnis der Zollbehörde, eine Zollanmeldung zu berichtigen (vgl. EuGH-Urteil vom 5. Dezember 2002 Rs. C-379/00 --Overland Footwear--, EuGHE 2002, I-11133 Rdnr. 21 ff.).

Da die Beschwerdebegründung demnach keine entscheidungserhebliche klärungsbedürftige Rechtsfrage aufwirft, kommt auch im Hinblick auf die von der Klägerin angeregte Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH eine Zulassung der Revision nicht in Betracht (vgl. Senatsbeschluss vom 24. Oktober 2002 VII B 17/02, BFH/NV 2003, 216, 218).

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